Rom/Schaerer/Eberle: At The Age Of Six I Wanted To Be A Cook
R
Jazzwerkstatt Wien, UTR/JWR 4567-WR13
Gegründet im Jahre 2009 im Umfeld der JazzWerkstätten in Wien und Bern hat das Ensemble Rom/Schaerer/Eberle eine beeindruckende Reise durch die Jazzszene in Europa begonnen. Die CD Produktionen „Please Don´t Feed The Model“ (2011) und „At The Age Of Six I Wanted To Be A Cook“ (2013) wurden von den Kritikern und vom Publikum begeistert aufgenommen.
Das Trio besteht aus dem E-Gitarristen und Mitbegründer der Jazzwerkstatt Wien Peter Rom, dem Vokalisten Andreas Schaerer, der als Stimmentausendsassa zu bezeichnen ist und seit 2009 als Professor für Jazzgesang, Ensemble und Improvisation an der Hochschule der Künste in Bern doziert, und schließlich auch Martin Eberle an der Trompete und am Flügelhorn.
Also kommen Sie mit in die schwebende Stadt, die auf dem Cover der CD zu sehen ist. Begegnen Sie einem Mondangler und einem Posaunisten, der ebenso in den Gassen unterwegs ist wie ein Gitarrist. Ähnlichkeiten mit handelnden Personen der CD sind wohl beabsichtigt, oder?
A Trois und Royal Family
Nur gut, dass niemand aus dem Trio den Wunsch danach umgesetzt hat, Koch zu werden, wie der Titel der CD nahelegt. Stattdessen entführen uns die drei Musiker in ihre eigenwillig gestaltete Musikwelt zwischen „Royal Family“ und „Laster“. Nicht auf eins oder zwei geht es auf die musikalische Reise, sondern mit „A Trois“, und man fragt sich, warum es denn einen französischen Titel geben muss. Los geht die Fahrt, aber wohin? Von den Hörfarben her sind wir direkt nach Afrika unterwegs, lauschen wir dem Duett von Peter Rom und Andreas Schaerer. Die Gitarre von Peter Rom scheint dabei mehr mit einer Kora und einer Daumenharfe gemein zu haben, als mit dem klassischen spanischen Klangkörper. Plötzlich sorgt Martin Eberle mit seinem Blasinstrument für eine gewisse Verwirrung und Aufregung. Sind wir auf den Kapverden oder in Angola? Jedenfalls klingt das, was Schaerer singt, nach einem Text in Portugiesisch. Oder singt er in einer lautmalerischen Fantasiesprache, auch jenseits von seinem besonderen Scat Vocal und Gurugurruibabadada sowie Klingklongklingklong? Die Gitarre verharrt derweil im Ostinato, und die Trompete zeigt, was hohe Töne ausmachen. Zugleich entlockt Schaerer seinem Mund und Schlund Beatbox-Laute. Huahuahua – so klingt die Trompeter, die sich auf die Human Beatbox einstimmt.
Wie wohl das Kochen von Büchern – der zweite eingespielte Song heißt „Cooking the Books“ – vonstattengehen mag? Gedämpft meldet sich die Trompete zu Wort, als wolle sie nicht die Rolle des Chefkochs übernehmen. Die Gitarre vibriert derweil und Schaerers „Instrumentalstimme“ wird mit Hall untermauert. Hören wir eine Beatbox oder sind es Effekte, die Rom seiner Gitarre entlockt? Wir sind nicht sicher und zugleich auch wegen des Klangwirrwarrs ein wenig ratlos. Irgendwie taucht auch Jimmy Hendrix in unseren Gedanken auf, wenn wir dem Trio lauschen. Hat er nicht auf ganz unnachahmliche Weise die us-amerikanische Nationalhymne in feurige Klangfarben aufgelöst so, wie auch Rom-Schaerer-Eberle ihre fantasievollen Klangwelten herbeizaubern und uns ins Erstaunen versetzen? Ein Stimmschwall mit Dädabobabidjappjap dringt an unsere Ohren. Schaerer singt losgelassen, und die Gitarre ist mit Bass-Gezupfe zu vernehmen, ehe dann plötzlich auch das Anrichten des Büchermahls beendet ist.
Der sogenannte Fjordsound – ein Ausdruck für die beinahe unendliche Weite, die mit einer Trompete oder Flügelhorn evoziert wird – ist auf der vorliegenden CD auch vorhanden, hört man „Royal Family“. Irgendwie klingt dieser Song außerdem ein wenig nach „Roots of Africa“, und zwar spätestens dann, wenn Schaerer ins Rampenlicht tritt.
Koch oder lieber Napoleon
Der Berufswunsch Koch, der im zarten Alter von sechs Jahren brandaktuell war, ist ad acta gelegt worden. Aber Napoleon zu sein, ist eine Idee mit sieben Jahren und der geht das Trio im gleichnamigen Song auch nach. Hören wir da aus dem Mund von Schaerer den kleinen Korsen schwadronieren? Man meint wirklich, hier gebe der Kaiser der Franzosen seine Befehle, die in die Welt hinausgehen. Nach 2:46 ist jedoch der französische Größenwahn beendet. Irgendwie scheint sich das Trio uneins über die Form der „Headline“, die als nächste Komposition folgt. Sehr melodisch zeigt sich die Gitarre bei dem Song „Ever Since“. Zuvor haben wir sie eher als Rhythmusinstrument und als „Bassersatz“ wahrgenommen. Nachdem „Lou“ verklungen ist, bleibt noch die Frage, wer von den drei Musikern denn mit sechs Jahren eigentlich Koch werden wollte.
Fazit: ein unerwarteter Hörgenuss zwischen Human Beatbox und African Roots im Alpengewand. Bitte mehr davon!
© ferdinand dupuis-panther
Informationen
Label
Jazzwerkstatt Records
www.jazzwerkstatt-records.com
Unit Records
www.unitrecords.com