Robert Castelli and Boom! - Party at One World Plaza
R
Self produced
In einem Interview mit Debbie Burke äußert sich der aus den USA stammende und nach Jahren in Wien nunmehr in Barcelona lebende Drummer über sein jüngstes Album, das zurzeit nebst Bonustracks nur digital über Bandcamp zu erwerben ist: „All of these are original tracks. Three have been in my live repertoire for years,two were written last year and one this year. I had an unsuccessful crowdfunding campaign last year for this project or it would’ve been here sooner,minus “Vamos” which came this year. As a jazz musician, I was poor before COVID so without finance for recording, promo,etc. it’s hard for an independent artist. Sometimes things come to fruition later than hoped. The key is to keep going.“
Zum Quartett rund um den Drummer Robert Castelli – er ist bereits die dritte Generation einer New Yorker Schlagzeugerfamilie (sic!) - gehören der Gitarrist Dani Perez, der Keyboarder Gilles Estoppey und der Bassist Emilio Martin, die gemeinsam sechs Stücke im Studio aufgenommen haben, so „Vamos“, „Your Lucky Number“, „Floatin'“, „For the Fallen“, „Party at One World Plaza“ und „Samba Wamba Bamba“. Wer alle sechs Stücke käuflich bei Bandcamp erwirbt, bekommt sieben Live-Aufnahmen als Bonus oben drauf.
Schon bei den ersten Takten fühlt man sich bei „Vamos“ in die Welt afrokubanischer Musik von Samba bis Son entführt. Fusion als Genre kommt wohl dem einen oder anderen Hörer spontan in den Sinn, wenn er der durchaus auch von westafrikanischer Rhythmik geprägten Musik folgt. Übrigens, wer die Musik von Carlos Santana schätzt, wird auch „Vamos“ mögen. Die Annahme, der Bandleader würde durch ausuferndes Drumming auffallen, der sei beruhigt. Castelli ist kein Egomane, sondern bietet seinen Mitspielern genügend Raum der Entfaltung. Erst gegen Ende macht er sich zu einem kurzen Wirbelintermezzo an den Trommeln auf.
Bis dahin werden die melodischen Linien vom Gitarristen und vom Keyboarder bestimmt, der sich nicht in perlenden Sequenzen verliert, sondern energetisch geladene Akzente setzt. Oye, oye – it is Salsa – so möchte man in einigen Hörpassagen einwerfen. Und dass dabei auch eine Gitarre herrlich wimmert, ist Teil der musikalischen Inszenierung. Keyboard oder Hammond – das ist zu Beginn von „Your Lucky Number“ die Frage. Dabei nimmt uns das Quartett um Castelli auch in die Welt von Jazz Rock der 70er und 80er Jahre mit, in eine Zeit, in der – man denke an Brian Auger oder Booker T – auch wabernde Orgelklänge zum Konzept gehörten. Beim Solo von Gilles Estoppey kann man fürwahr ins Schwärmen kommen. Groovy, groovy, groovy! Und Castelli sorgt im Hintergrund für das richtige Timing. Nein, klassische Jazzgitarre spielt Dani Perez nicht, vielmehr ist er im R&B unterwegs, lässt sein Saiteninstrument jaulen, wimmern, heulen – welch ein Genuss.
„Party at One World Plaza“ überzeugt durch die stark an westafrikanische Musik erinnernde Rhythmik, angelehnt an den Klangkosmos von Osibisa, Manu Dibango oder Ali Farka Touré, oder? Und die Frage darf aufgeworfen werden, ob das nun Jazz oder doch Weltmusik ist. Eigentlich ist diese Diskussion nicht zielführend, denn diese „Schubladen“ tragen ja nichts zum Verstehen der Musik bei. Wie in anderen Stücken des Albums auch ist die besondere Rhythmik das Markenzeichen schlechthin, mit und ohne Wah-wah und Synth-Klanganmutungen. Wer bei einer derartig rhythmischen Ausgestaltung nicht in Bewegung kommt, der ist selber schuld. Schließlich sagt schon der Titel des Stücks, dass es um Party geht.
Bei „Floatin'“ ist es an Castelli mit Blechwirbeln das Stück zu eröffnen, ehe die jaulende Gitarre mit Riffs die Klangfärbung des Stücks bestimmt. In ihrer Begleitung groovt der Keyboarder im Hintergrund. Erinnerungen an Santanas Gitarrenspiel bei „Black Magic Woman“ oder „Samba Pa ti“ mögen beim Hören auch wach werden. Eingestreut ist ein sehr fein ziseliertes Basssolo, ehe der Gitarrist erneut auf seinen Saiten einen weichgezeichneten melodischen Bogen spannt. Dazu hört man Beckenrauschen und harte Beats auf den Fellen der Trommeln, an denen Robert Castelli agiert.
Beinahe lyrisch kommt „For the Fallen“ daher. Auf ausuferndes jaulendes Gitarrenspiel wird verzichtet. Eher an eine akustische Gitarre erinnert die Art und Weise, wie der Gitarrist die Saiten seiner E-Gitarre anspielt. Das hat etwas Liedhaftes, etwas von Singer/Songwriter. Balladenhaft ist vielleicht eine passende Kennzeichnung des Stücks, in dem der Drummer Castelli seine Sticks schweigen lässt. Stattdessen kann der Hörer einen weichen, hochflorigen Klangteppich genießen, den Gitarrist, Keyboarder und Bassist ausrollen. Bisweilen hat man auch den Eindruck des Sphärischen, das sich im Verlauf des Stücks herausschält. Schließlich heißt es dann: „Samba Wamba Bamba“.
Beim Hören des Schlussstücks reisen wir musikalisch in südamerikanische Gefilde, ohne allerdings auf reinen Bossa und Tango zu treffen. Das ist auch nicht von Bedeutung. Latin Swing liegt jedenfalls in der Luft – und das ist gut so. Dabei schließt sich der musikalische Kreislauf zu dem Eröffnungsstück „Vamos“.
© ferdinand dupuis-panther
Infos:
https://www.facebook.com/robert.castelli.54
https://robertcastelliboom.bandcamp.com/album/party-at-one-world-plaza