Rob Bruynen - One Day
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Mons Records MR 874 598
„One Day“ ist das aktuelle Album des Jazztrompeters und Komponisten Rob Bruynen – nach Space For All (MonsRecords MR 874 480) liegt endlich wieder eine Produktion in Quintett-Besetzung vor. In dieser Veröffentlichung spiegelt sich Bruynens multikulturelles Interesse und seine musikalische Neugier virtuos wider. So lesen wir es auf dem „Waschzettel“ der Plattenfirma.
Ein paar Worte zu dem niederländischen Jazzer Rob Bruynen, bevor wir uns dem Album widmen: Im Süden der Niederlande geboren, begann Rob Bruynen bereits im Alter von 14 Jahren zu improvisieren und spielte als Jazztrompeter in lokalen Big Bands. Nach einem Studium am Conservatorium Hilversum (sowohl Klassik als auch Jazz) startete er seine Karriere als Lead- und Solotrompeter und spielte mit bekannten Bands wie z. B. The Dutch Jazzorchestra und dem Metropole Orkestra. Seit 1986 ist er Lead- und Solotrompeter in der WDR Big Band. Kurz noch ein Hinweis auf die Musiker, mit denen Bruynen schon gemeinsam auf der Bühne stand: The Brecker Brothers, Maceo Parker, Joe Lovano, Phil Collins, Ray Brown und Joe Zawinul. Für das vorliegende Album vertraute der Flügelhornist und Trompeter Bruynen auf Jens Neufang (bass clarinet, baritone saxophone), Gero Koerner (piano), Jos Machtel (acoustic bass) und Matthias De Waele (drums).
Mit „You Catch My Breath“ beginnt der musikalische Reigen, in den sich auch „Tango del Giorno“ bestens einfügt, ganz abgesehen von dem Titel „One Day“, so heißt ja auch das Album. Es geht mit dem Quintett in die Berge – „Sur le Montagnes“ – und auf ein Abenteuer in Lissabon – „Lisboa Adventures“. Mit „Eric in the House“ wird das Album abgeschlossen.
Die Allgewalt der Bläser – u. a. Trompete und Bassklarinette – bestimmt über weite Strecken die Klangwürze von „You Catch My Breath“. Sehr gelungen ist das teilweise „gegenläufig“ und teilweise „gleichlaufend“ gesetzte Spiel von Rob Bruynen und Jens Neufang. Glockenhell jubilierend setzt sich dann Rob Bruynen mit einem Solo gegenüber seinen Bandkollegen ab. Er schwingt sich in tonale Höhen auf und bringt uns ein jazziges Hohelied nahe. Dieses geht dann in die Hände von Gero Koerner über, dem Mann am schwarz-weißen Tastenmöbel. Er vermittelt uns ein bewegtes Hier und Dort.
Ob sich hinter dem „Tango del Giorno“ wirklich ein Tango verbirgt, werden wir beim Zuhören erleben. Ja, es gibt rhythmische Anlehnungen an einen Tango dank sei vor allem dem Pianisten Gero Koerner. Doch die Verspieltheit von Bruynen und Neufang lässt dieses Element, das zugleich die typische Schrittfolge des Tango wiedergibt, beinahe vergessen. Rob Bruynen bringt über weite Strecken den Wohlklang der Trompete in klanliche Cumuluswölkchen ein, die über all die anderen Instrumentalisten hinwegziehen. Nachfolgend lauschen wir dem Song „One Day“, der durch eine sehr akzentuierte Eröffnung charakterisiert wird. Die wenigen Tastensetzungen von Gero Koerner tauchen anschließend unter dem Klang der Trompete ab, die sich einem jazzigen „Minnesang“ hingibt. Mit diesem ist dann eine sehr lyrische Wendung des Songs gegeben, die auch während des weiteren Tastenspiels anhält. Besen streichen hintergründig und dezent über Felle und Messing, derweil sich ein perlender Klangfluss im Diskant über uns ergießt. Dann greift Rob Bruynen mit Verve ins Geschehen ein und lässt mit seinem Spiel gleichsam die „Mauern von Jericho“ erzittern, so stimmgewaltig ist das Horn, das Bruynen bläst.
In „Pure und Blue“ übernimmt Gero Koerner teilweise den rhythmischen Part, derweil Rob Bruynen und auch Jens Neufang sich ganz überschwänglich zeigen und richtig ins „Jammen“ zu kommen scheinen. Dabei spielt Neufang sein Baritonsaxofon und nicht die Bassklarinette. Für mich klingt es so, als ob Bruynen bei diesem Song dem Flügelhorn gegenüber der Trompete den Vorzug gegeben hat, aber ich mag mich irren. Zudem bekommt dieser Song nach und nach eine gewisse Blues-Note, oder?
Wie wohl „Abenteuer in Lissabon“ klingen, fragte sich der Rezensent bei Durchsicht der Playlist. Schlägt da eine Glocke zu Beginn des Songs? Getragen ist der Duktus des Spiels. Dabei scheint Bruynen sein Flügelhorn an die Lippen gesetzt zu haben. Wechselt er gar zwischen Flügelhorn und Trompete hin und her?Bisweilen ist es je nach Ansatz eines Hornisten schwierig, den Unterschied herauszuhören. Mit der Bassklarinette mischt sich Jens Neufang in den Sing-Sang des Horns ein. Bei dem Wort Abenteuer erwartet man wohl ein wenig Aufruhr, Rabatz, Krawall, Dissonanz, Widerstreit und mehr. Doch von all dem ist nichts zu hören. Alles scheint einen geordneten Gang zu gehen. Unerwartetes ist nicht vernehmbar.
Text © ferdinand dupuis-panther
Informationen
Label
Mons Records
http://www.monsrecords.de
Musiker
Rob Bruynen
http://www.robbruynen.nl/
https://www.facebook.com/public/Rob-Bruynen
Jos Machtel
http://josmachtel.com/
Matthias De Waele
http://matthiasdewaele.com/
Jens Neufang
http://www1.wdr.de/orchester-und chor/bigband/portraet/bandmitglieder/saxofone/neufang-100.html
Gero Koerner
https://www.gerokoerner.com/english/about/