RGR Görris Roßmüller Rothammel - Octopetala
R
Boomslang Records
Zitat aus dem vorliegenden Pressetext: „Ein explodierendes Mikroversum: Das frei improvisierende Trio RGR erschafft intensive Momente zerbrechlicher Schönheit. Keine Kompositionen, keine Absprachen - Ausgangspunkt ist ein gemeinsam gewachsenes musikalisches Verständnis. Spielerisch verbinden die drei MusikerInnen verschiedene Einflüsse und Klangwelten: Raschelnd, streichend, zupfend, flüsternd fauchend oder singend. Aus stillen Klängen und kaputten Beats entwickelt das Trio filigrane Melodien, die ihre unbändige Kraft aus der spontanen Entstehung ziehen.“ Und wem ist das zu verdanken? Der Saxofonistin Inga Rothammel, dem Pianisten Jan Lukas Roßmüller und dem Schlagzeuger Jakob Görris legen nunmehr ihr Debütalbum vor. Möglich gemacht hat das auch eine Auszeichnung im Rahmen des Recording Project durch das Loft Köln.
Atemgebläse und ein ferner Klang, ein Rauschen und ein Knarren, Beckenwirbel, Flirren, Knarren, ein Ein- und ein Ausatmen, ein Klang wie ein Nebelhorn im Nebeldunst, ein Knistern, Klang eines geriebenen Bleches oder Saiten eines Flügels, Nebelhorn, metallisches Industriegeräusch wie das Raspeln und Schaben von Metall – all das vereint sich auf dem vorliegenden Album zu „Halo“. Meint der Titel „Augenringe“ oder „Galaxie“? Ach ja, selten, aber vorkommend ein Tastenklang neben dem scharfen metallischen Zrrr und weitere Tastentöne. Diese Tastentöne sind es, die an das Tropfen von Wasser in eine Pfütze denken lassen. Mit „Lautruhiglaut“ geht es weiter, mit verzerrten Radiofrequenzen, so denkt man, mit kristallin anmutenden Pianoklängen, mit metallischem Zrrr und Klick, mit einem Saxofon-Schnalzen, mit einem brummenden hintergründigen Klang, mit kaskadierenden Kristallformen, mit Zischen und Klangsprüngen, die der Pianist des Trios verantwortet. Eine lineare Saxofonsequenz ist auch zu erleben, neben einer gewissen Bass-Lastigkeit des Pianisten. Das Stück „Grund“ lebt von wiederkehrendem Tastenklang und „Zweiersprüngen“ des Saxofons. Wie bei den anderen Stücken fragt man sich, was eigentlich die Titel zum Ausdruck bringen sollen. Wäre für rein improvisierte Musik eine Zahlenserie nicht angemessener, um die Stücke zu bezeichnen? Doch zurück zum Stück: Da finden sich dann auch Dialoge zwischen Saxofonistin und Pianist. Das klingt dann nach einem Nein-Nein zu einem Ja-Ja, und man erinnert sich an ein entsprechendes Werk von Beuys, jedenfalls derjenige, der diesen Künstler und das Enfant terrible der Kunstszene noch erleben durfte. Kleine Melodiefragmente dringen ans Ohr der Hörer und sehr viel Blechgestäube. „Melodieführend“ ist die Saxofonistin, derweil der Pianist „kontrapunktisch“ arbeitet.
Achtblütenblättriges in Klangformen, nämlich der Track „Octopetala“, ist auch auf dem Debütalbum verewigt worden. Geknirsche und Geknister, Klangtropfen im Diskant, Missgestimmtes eines Glockenspiels, so könnte man formulieren, sonore Fragmente, die die Saxofonistin dem Ganzen beifügt und stets auch ein diskanter Akzent, der wie ein Weckruf anmutet – ja das kann man aus der Klangmelange filtrieren. Sanfte Saxofonlinien treffen im Weiteren auf „gesprungenen“ Tastenklang. Gegen Ende nimmt man sogar rein Melodisches auf!
Bei „Nebel“ meint man, den Schlag einer Turmuhr zu hören, dank an den Pianisten, der das Piano wohl auch in den Tasten des Diskants ausreizt und zugleich die Basshand walten lässt. Gewische und Formen des Geschiebes ist wahrzunehmen. Zieht der Drummer dabei einen Besen oder einen Stick über das Fell einer Trommel? „Stolpernde“ Basspassagen nehmen den Raum ein. Eine Art verhaltenes Gewisper dringt ans Ohr, dank an die Saxofonistin. Wie fallende metallische oder kristallene Dominosteine klingen weitere Passagen. Was hat das nun mit „Nebel“ zu tun? Und den Schlusspunkt setzt das Trio auf dem Erstlingswerk mit dem Track „Aper“.
© ferdinand dupuis-panther