Raphael Käfers Constellation Project – Retrospection
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ATS Records
Vorgelegt wird aktuell das Debütalbum des jungen österreichischen Gitarristen Raphael Käfer, der sechs Eigenkompositionen eingespielt hat. Dabei sind diese auch eine musikalische Rückschau und Besinnung auf vergangene Dekaden als Ausgangspunkt für zukünftige Projekte. Mit „Delusion“ scheinen wir auch in die Welt von Nat und Cannonball Adderley einzutauchen, oder? Nachhaltig haften bleibt der Eindruck eines Zwiegespräches zwischen dem Gitarristen Raphael Käfer und dem Saxofonisten Tobias Pustelnik. Aus diesem destilliert dann der Gitarrist sein Solo. Dabei scheint der Ansatz von Käfer eher „in den Jazzgitarristen alter Schule“ zu suchen zu sein, also bei Pass, Zoller und Hall, weniger bei McLaughlin oder di Meola. Konzipiert man beim Hören vor dem geistigen Auge ein Bild zum Gitarrensolo, so sieht man eine Frottage in einer Variation von Grautönen. Eher verhalten und bedeckt agiert der Bassist Philipp Zarfl in seinem Solo. Hier und da mit kehligen Passagen tritt der Saxofonist anschließend in Erscheinung. Zumeist aber versteht sich Pustelnik darauf, seinen Holzbläser rauchig-rau und hell-kristallen klingen zu lassen, im Wechsel. Auch der Pianist erhält den Raum, um sich mit seinen Klangfarben zu behaupten. Mäandrierend erscheint das, was wir von ihm hören.
Mit seinem bedachtsamen Saitenspiel nimmt uns Raphael Käfer auf eine „Insane Journey“ mit. Dabei haben wir den Eindruck, dass wir anfänglich dem Sonnenuntergang entgegen reisen. Zarte Farbflecken von Ocker bis Siena setzt danach der Bassist über wenige Akzente, die dem Pianisten zu verdanken sind, gleichsam als Landmarken zu verstehen, die hier und da während der Reise Orientierung sind. Doch was jedoch besonders hervorzuheben ist, ist das fast seidene Gitarrenspiel von Käfer. Entspannung pur erleben wir. Zugleich suggerieren die Sequenzen, die der Gitarrist vorträgt, Weite und einen ungehinderten Blick. Und was verheißt uns der Saxofonist? Sonnenaufgang? Frische Brise und einen Sprung in die Fluten, oder?
Mit tiefer Stimme äußert sich der Bassist am Anfang von „Locked Out“. Danach hört man die Rhythmusgruppe für einen Moment, ehe dann der Saxofonist tonangebend ist. Sehr beschwingt ist er zu vernehmen. Vom Bass bis in den Diskant bewegt der Pianist in seinem nachfolgenden Solo seine flinken Finger. Hier und da vernimmt man das Sprudeln von Quellen und kleine Klangfontänen. Ansonsten rauschen die Tonsilben dahin. Dezentes Drumming begleitet den Pianisten bei seinem Spiel. Sonor und säuselnd gib sich im Anschluss der Saxofonist. „Explosives“ ist selten zu vernehmen. Eher gleiten wir als Zuhörer mit dem melodischen Spiel dahin. Das setzt sich beim Solo des Gitarristen fort. Tatsächlich gegen Ende gibt’s als „Dreingabe“ sogar ein Schlagwerksolo zu erleben. Einfach wunderbar, oder?
Nach dem Standard „How Deep Is the Ocean“ steht der namensgebende Track“ Retrospection“ auf dem Programm. Sehr lyrisch ausgeformt ist der Beginn des Stücks, das dabei durch den Pianisten seine Form erhält. Teilweise meint man gar ein Couplet herauszuhören. Und dann ist es an Raphael Käfer uns mit „atmosphärischem Wohlklang“ einzuspinnen. Einen trockenen Fallwind des Klanges erleben wir, sobald der Saxofonist das musikalische Zepter in der Hand hält. Irgendwie scheinen aber auch die Sirenen beim Gebläse mitzuwirken, oder? Mit der „Odyssey To Mars“ verabschiedet sich das Quintett von seinen Hörern.
© ferdinand dupuis-panther
Info
www.ats-records.com
www.raphaelkaefer.com
Line-up
Raphael Käfer - Guitars
Tobias Pustelnik - Saxophon
Urs Hager - Piano
Philipp Zarfl - Bass
Matheus Jardim – Drums
Tracklisting
01. Delusion (8:24)
02. Insane Journey (8:36)
03. Locked Out (8:29)
04. How Deep Is the Ocean (8:56)
05. Retrospection (10:58)
06. Odyssey To Mars (11:15)