Randy Weinstein – HarmoniMonk
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Random Chance Records
In den Liner Notes des Albums – geschrieben von Kim Field - finden sich folgende Zeilen, dabei immer mitdenkend, dass die Entstehung des Albums auf die Zeit der Covid-Pandemie datiert: „In the early days of his quarantine, Weinstein used his newly found free time to take deep dives into what were for him new musical genres - Brazilian choro and Jamaican dub. He took remote classes in choro, for which he had to produce his own multitrack recordings. He then decided to use his new recording skills to lay down his own version of Thelonious Monk’s “Blue Monk” by overdubbing various harmonicas. For Weinstein it was an epiphany: he had his Covid quarantine project.“ Und weiter lesen wir: “I set a goal for myself,” says Weinstein, who is 65. “Before I die, I want to record my versions of all 70 Monk compositions. That will be my legacy.” Zitiert wird auch eine weitere Äußerung des Mundharmonikaspielers Randy Weinstein: „“I think of this project as more of a harmonica project than a jazz project,” says Weinstein. “It’s more about Monk and all the other kinds of music that I’m interested in than it is about jazz.”
Um es vorwegzunehmen: Auf diesem Album erhält Monk nicht allein ein Facelift, sondern Randy Weinstein und seine Mitmusiker drehen Monk auf links und zurück. Bisweilen ist Monk in seinem Kern erhalten und doch so durch Tuba und Harmonika verändert, dass man sich kneifen muss, um Monk herauszufiltern. Ja, bei „Bye ya“ ist Monk deutlich präsent, wenn auch Randy Weinstein uns in die Klangwelten der Mundharmonika entführt. Doch die melodischen Linien behält er bei, sodass auch Puristen, die Monk schätzen, in diesem Arrangement Monk erkennen können, trotz eines Drumming Samples, das so gar nicht ins „Monk-Schema“ passt.
Bei dem Arrangement von „Bright Missippi“, mit dem das Album aufmacht, denkt man als Zuhörer eher an Blues, Blue Grass, Cajun und auch Country, aber weniger an Monk. Vor dem geistigen Auge sieht der Zuhörer ein Ballroom Dance in einer Kleinstadt im Süden der USA. Zu hören ist dabei eben das so einprägsame Plink-Plonk des Pianisten Thelonious Monk eher nicht. Wenn Weinstein zu „Ruby my Dear“ anhebt, dann wird die Erinnerung an einen der Granden des Jazz, den Gitarristen und Mundharmonikaspieler Toots Thielemans, wach. Zum durchdringenden Klang der Harmonika gesellen sich die weichgezeichneten Linien, die Pete Smith an der Gitarre beiträgt. Getragen ist die Musik. Man mag sich vorstellen, dass dieser Song bei gedämpftem Licht in einer Hotelbar gespielt wird. Hotelgäste nippen an Cocktails oder tanzen auf dem Parkett. Die Linien von Mundharmonika und Gitarre verschmelzen und scheinen im Wind dahinzusegeln. Es dringt ein steter Fluss des Klangs ans Ohr des Hörers. Welch eine Klangschönheit, die da zu erleben ist!
Auf dem Album findet sich auch „Straight No Chaser“, eine der bekannteren Monk-Kompositionen. Weinstein fügt seinem Arrangement die Stimme einer Tuba bei, gespielt von George Rush. Im Grunde handelt es sich um zwölftaktigen Jazzblues, der mit drei Harmonien auskommt. Gespielt wurde das Stück auch von Cannonball Adderley und Gary Mulligan, also mit unterschiedlichen Reeds. Klangliche Veränderungen und Farbnuancen waren also seit Beginn der Veröffentlichung in den 1950er Jahren gegeben. Und nun fügt Weinstein eine weitere Farbe hinzu. Als Antipode zur Harmonika erweist sich der geblasene Tieftöner, die Tuba, die den Kontrabass ersetzt und uns mit durchdringenden und schleppend anmutenden Klängen umfängt. Sehr gelungen ist im Übrigen das Solo, das George Rush spielt. Dabei zelebriert er alles, was die Tuba ausmacht, das mächtige Gebläse, das zurückgenommene Gebläse und die feinen Tonlinien. Und dazu setzt dann Weinstein seine Akzente, sehr rhythmisch und teilweise auch sehr exaltiert. Anzumerken sei an dieser Stelle, dass die Doppel-LP mit dem gleichnamigen Titel von Monk mit Charlie Rouse am Tenor, Ben Riley am Schlagzeug und Larry Gales am Bass eingespielt wurde, aber eben nicht mit einem Tubisten!
Weinstein verzichtet auf dem aktuellen Album nicht auf die Monksche Hommage für Bud Powell namens „In walked Bud“. Weinstein gab dem Stück eine Prise Rockabilly mit, oder?
Hm, ist da nicht bei „Off Minor“ ein Anflug von Ska-Rhythmus zu erleben? Und darüber liegen die feinen Harmonika-Linien, gleichsam wie ein fliegender Teppich sich bewegend. Eine gewisse Leichtigkeit drückt sich im Spiel von Randy Weinstein aus, zumal ein „elektronischer Klangteppich“ von Weinstein ausgerollt wird. „Green Chimneys“ bildet den Abschluss eines Albums, das einen ganz eigenen Zugang zu Monks Kompositionen erlaubt, zumal hier auch rhythmische Anmutungen von Rock `n Roll auszumachen sind. Man höre zudem auf ein sehr ausgereiftes Bass-Solo zu elektronischen Effekten im Hintergrund. Und wie auch in all den anderen Arrangements lauschen wir den wilden Sequenzen des Mundharmonikaspielers, der sich mit dem Bassisten in einem Zwiegespräch befindet. Wie gesagt, Jazz-Puristen dürften sich umstellen müssen, denn wir erleben ja Monk 2.0.
© ferdinand dupuis-panther
Info
Random Chance Records
MUSICIANS
Randy Weinstein - Chromatic and diatonic harmonicas, Lekholm DM 48,
MIDI Controller (fake bass flutes, fake fretless bass), keyboard, percussionarrangements
Michaela Gomez & Pete Smith – Guitars
Clyde Stubblefield - Drum Samples from “Clyde Stubblefield - The Original Funky Drummer” sample collection
George Rush - Bass & Tuba
Richard Huntley - Drums, percussion
Track Listing
1-Bright Mississippi 5:31
Guitars - Michaela Gomez
Chromatic and diatonic harmonicas, percussion arrangement - Randy Weinstein
2-Straight No Chaser. 5:22
Tuba -- George Rush
Chromatic and diatonic harmonicas, percussion arrangement, keyboard -- Randy Weinstein
3-In Walked Bud 4:05
Guitars -- Michaela Gomez
Chromatic Harmonicas -- Randy Weinstein
4-By Ya 4:41
Drum samples -- Clyde Stubblefield from “Clyde Stubblefield - The Original Funky Drummer” sample collection. Chromatic harmonicas, drum arrangement -- Randy Weinstein
5-Ruby My Dear 6:26
Guitars -- Pete Smith
Chromatic harmonicas, keyboards, percussion arrangement -- Randy Weinstein
6-Off Minor 5:30
Drums, percussion -- Richard Huntley
Chromatic Harmonica -- Randy Weinstein
Chromatic harmonica, Lekholm DM 48 Chromatic Harmonica MIDI Controller (fake bass flutes, fake fretless bass), keyboard -- Randy Weinstein
7-Green Chimneys 5:53
Basses -- George Rush
Chromatic Harmonicas -- Randy Weinstein