Rafał Sarnecki - Climbing Trees

Rafał Sarnecki - Climbing Trees

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Outside In Music

Über den in Warschau geborenen und nun in New York beheimateten Gitarristen lesen wir unter anderem folgende Kritik: „“Sarnecki ventures far beyond the bebop and post-bop idioms of the past and into a freer - though still chordal - musical language [that] already shows originality and daring.“ ( Howard Reich, Chicago Tribune). Nun ist die jüngst vorgelegte Veröffentlichung kein Solowerk, sondern das Ergebnis einer Zusammenarbeit mit anderem Musikern, mit denen Rafal Sarnecki ein Sextett formt. Zu diesem Sextett gehören: Saxophonist Lucas Pino, Vocalistin Bogna Kicinska, Pianist Glenn Zaleski, Bassist Rick Rosato und der Drummer Colin Stranahan.

Mit dem jüngsten Album Sarneckis wird zugleich ein Statement abgegeben, dass sich auf die Überwindung des scheinbar Unüberwindbaren bezieht. Als Kind hatte Sarnecki Angst, auf Bäume zu klettern, ehe es ihm dann schließlich gelang, seine Höhenangst zu besiegen. In seinen eigenen Worten klingt dieser „Sieg“ so: „“Once I challenged myself to climb to the top of one tree I felt an urge to climb a higher tree,” Und in einem weiteren O-Ton: “The satisfaction from fighting the fear was very strong and addictive. This memory from childhood resembles many situations in my adult life.”

Mit “Solar Eclipse” wird das Album eröffnet, das auch eine Suite mit dem Title „Little Dolphin“ umfasst. “Little Dolphin” ist im Übrigen die Übersetzung des chinesischen Spitznamens für Sarnecki, “Xiǎo hǎitún”. Zu hören ist außerdem „Zhongguo,” ein Song, der die Reisen Sarneckis nach China reflektiert. Seit 2012 reist der New Yorker Gitarrist regelmäßig ins Reich der Mitte: “I just fell in love with the culture,” Und weiter:  “Jazz was banned in China for about 30 years and in smaller towns people have no idea how to react to this music. But in bigger cities like Beijing or Shanghai there's a huge jazz audience and wherever you go, you feel more appreciated.”

Mit „Hydrodynamics“ und „Homo Sapiens“ wird das Album abgerundet, bei dem die Sängerin nicht lyrisch, sondern als Instrumentalistin agiert, die Stimme also eine weitere Klangfarbe zum Saxofon und zur Gitarre hinzufügt, mit denen ein Zwiegespräch gesucht wird.  

Langsam, aber stetig ist eine Sonnenfinsternis am Himmel zu sehen, wenn „Solar Eclipse“ erklingt. Geprägt wird der Track nicht nur durch die Stimme von Bogna Kicinska , die durch die Klangwege der Instrumentalisten mäandert, sondern auch durch die distinkten Gitarrenläufe, die Zug um Zug das Ereignis der Verschattung der Sonne einfangen. Losgelöst zeigt sich das Saxofon im Nachgang zum Gitarrensolo, gefolgt von einem Pianosolo, Beinahe verpaart erscheinen dann Saxofon und Piano. Man denke sich bei „Dadaismus“ und der Eröffnung durch Sarnacki auf seinem Saiteninstrument mal die Worte „Da-da“, „Da-da-da“ und „Da-da-da-ismus“, auch wenn Bogna Kicinska nur zeitweilig darauf abhebt. Statt dessen vereint sie sich mehr und mehr in einem Duett mit dem Saxofon und „schwärmt in den allerhöchsten Tönen“. Den „Tonus“ von „Da-da-da“ nimmt auch der Pianist des Sextetts auf, lässt aber neben harten Akzentuierungen auch perlende Passagen zu. Von Aktion und Aktionismus sowie Bürgerschreck – all das machte Teil der Dada-Bewegung eigentlich aus – ist in diesem sehr episch angelegten Stück nur etwas am Rande zu spüren. Fein gearbeitet sind die im zweiten Teil des Tracks folgenden Gitarrensequenzen. Sie gleichen Federwolken, um ein Bild zu bemühen, aufgefächert und fein gegliedert.

Arpeggio dringt an unser Ohr, wenn der erste von drei Teilen der Suite vom kleinen Delfin zu hören ist. Überdies prägt die Lautmalerei von Bogna Kicinska den Charakter des Stücks. Im zweiten Teil der Suite glaubt man, die Melodielinie gleicht den schnellen Bewegung eines Delfins unter Wasser, dem stellenweisen Auftauchen und den Überschlägen, die der Delfin vor unseren Augen vollführt. Wohlklang ist das Solo, das Rafal Sarnecki uns beschert. Und wieder sehen wir vor unserem geistigen Auge die pfeilflinken Bewegungen des Meeressäugers, der durch jede Welle spielend hindurchtaucht und es in seiner Schwimmgeschwindigkeit mit jedem Segler aufnehmen kann. Der letzte Teil der Suite beginnt ein wenig getragen. Das Saxofon ist im Fortgang des Tracks  ganz wesentlich für die Farbauswahl verantwortlich und zeigt auch einen Anflug von Melancholie. Diese löst sich aber nach und nach auf. Überschwang ist das, was der Holzbläser schließlich zum Ausdruck bringt.

Zum Schluss des Albums wird der „Homo sapiens“ besungen: Zu Beginn überkommt den Zuhörer eher der Eindruck, er lausche einem Abgesang, einem Lamento. Doch sobald das Saxofon dem Pianisten ins Wort fällt, wird dieser Eindruck durchbrochen. Die klangliche Umsetzung von Neugierde und Forschergeist, ein Hin und ein Her, ein Suchen scheint sich in den Klangfolgen wiederzufinden. Oh, da erhebt sich auch sanftmütig eine Klarinette. Oder ist es gar eine Bassklarinette? Zu ihr gesellen sich Pianophrasen und gesungene Lautmalereien als klangliche Ergänzungen. Schwere und auch ein wenig Schwermut machen sich breit – bis zum Ende des Tracks!

Text © f. dupuis-panther – Der Text ist nicht public commons.



Informationen

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