Rachel Caswell - We’re All in the Dance
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Turtle Ridge Records TRR-003
Neben der Sängerin Rachel Caswell sind auf dem Album nachstehend genannte Musiker zu hören: die Violonistin Sara Caswell (tracks 1, 3, 5), der Gitarrist und Arrangeur Dave Stryker, am Flügel und Fender Rhodes Fabian Almazan, die Bassistin Linda May Han Oh und der Drummer Jonathan Blake.
Ob die Zuhörer mehrheitlich das Motto des Albums “We’re All in The Dance” in die Tat umsetzen werden, ist eher ungewiss. Jedenfalls ist der Titeltrack eine sehr schöner Walzer, in dem sich die Stimme Caswells und der Streicherklang – an der Geige agiert die jüngere Schwester von Rachel Caswell – auf sehr harmonische Weise miteinander verbinden. Aufgemacht wird das Album im Übrigen mit einem Song von Sting, „Fragile“. Den Abschluss bildet Thelonious Monks “Reflections”.
Tiefsinnigen Blues präsentiert Caswell mit dem Klassiker von Ray Charles namens “Drown in My Own Tears”. Ob die Vokalistin tatsächlich Ella Fitzgerald und Sarah Vaughan in sich aufnimmt, wenn sie den balladenlastigen Song “A Lovely Way to Spend an Evening” singt, muss jeder Zuhörer für sich entscheiden. Mit einer Prise Latin Jazz versieht Caswell Henry Mancinis “Two for The Road”.
Schaut man auf die weitere Trackliste, so fällt auf, dass keine Eigenkomposition zu finden ist. Statt dessen versucht sich Caswell an Herbie Hancocks “Tell Me A Bedtime Story.” Hier wechselt der Pianist Fabian Almazan ans Fender Rhodes und bestimmt die Klangfarbe mit, wenn auch der Fokus wie in allen anderen Tracks auf der Stimme von Caswell liegt. Beinahe fragil klingt das Solo von Fabian Almazan. Man meint, man höre Eis brechen. Im Gegensatz zur Hammond B3 gibt es beim Fender Rhodes eher Verbindungen zum Vibrafon. Ein wenig metallisch klingt das, was wir vernehmen. Im Vergleich mit der Gitarrenintervention, die folgt, wird der gespreizte und ein wenig spröde Klang vom Fender Rhodes noch offensichtlicher. Deutlich wird im Arrangement, dass mit diesem Song Schritte in Richtung Fusion unternommen werden. Gegenüber dem Original von 1969 weist das vorliegende Arrangement keine Hornsetzungen auf. Zudem gibt es in der Hancock-Fassung von 1969 ein sehr feine Flötensequenz; auch ein Rhodes ist zu hören. An der gehaucht vorgetragenen Lyrik auf der ein bisschen im Disco-Pop-Stil gehaltenen Aufnahme von1979 mit Kimiko Kasai, Herbie Hancock, Alphonse Mouzon, Paul Jackson, Benny Maupin, Webster Lewis und Ray Obiedo orientiert sich Caswell nicht und sucht statt dessen eigene Interpretationsansätze. Das ist auch gut so!
Dave Strykers Arrangement des bekannten American-Songbook-Klassikers “I Didn’t Know What Time It Was” ist ohne einen sehr feinen Fingerpicking-Swing nicht denkbar. Begleitet von der Rhythmusgruppe nimmt uns Caswell mit, um einen beschwingten Klangreigen zu erleben. Dabei fügt sie auch Passagen mit dahingleitendem Scat ein. Sie liegen über den akzentuierten Tastenfolgen, die sehr rhythmisch angelegt sind. Ein Hochgenuss ist dann das Saitenzupfen von David Stryker. Dabei kann man sich gänzlich fallen lassen, tiefenentspannt im Hier und Jetzt. Gefolgt wird Strykers Intermezzo von den harmonisch ähnlich gelagerten Klängen, die Fabian Almazan verantwortet.
Keine Frage, die Sängerin verfügt über das klassische Jazz-Rüstzeug, einschließlich Scat Vocals. Ihre Stimme ruht in sich, zeigt sich tragend und bricht generell nicht aus oder verfranst sich hohen Lagen. Hier und da kann man durchaus auch ein Blues-Timbre wahrnehmen, so auch in „Drown in My Own Tears“ (H. Glover). Dabei zeigt sich David Stryker als versierter Bluesgitarrist, ganz in der Tradition von B. B. King und anderer Bluesikonen.
Zu den Granden des Jazz, denen sich Caswell zugewendet hat, gehört Charlie Parker. Ausgewählt haben Caswell und Stryker den Song “Dexterity”. Zu Beginn folgen wir Scat Vocals, Lautmalereien, die in schneller Folge an unserem Ohr vorbeiziehen. Schmeichlerisch und flauschig sind die Gitarrensequenzen, die nachfolgend zu hören sind. Angesichts des anderen instrumentalen Settings setzt sich das vorliegende Arrangement nicht dem Vergleich mit Parkers Einspielung aus. Für einige Momente kann auch die Bassistin Linda May Han Oh zeigen, wie fingerfertig sie ist. Abgelöst wird sie in ihrem Spiel von Rachel Caswell und deren erneuten Scat Vocals. Die Mischung aus instrumentalen Passagen und stimmlichen Sequenzen ist durchaus reizvoll. Das gilt auch für die Teile des Tracks, die dem Pianisten vorbehalten sind.
Text © ferdinand dupuis-panther – Der Text ist nicht Public Commons.
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