Philippe Doyen & The Extensions: la valse de l'Héliport

Philippe Doyen & The Extensions: la valse de l'Héliport

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Der Gitarrist Philippe Doyen, der auch alle Tracks auf dem Album komponiert und arrangiert hat, hat nachstehend genannte Musiker um sich geschart, um einen Walzer auf dem Hubschrauberlandeplatz – so lautet das Album und auch der veröffentlichte Titelsong! - zu tanzen: Alain Rochette (piano), Werner Lauscher (contrebasse), Martin Lauwers (violon), Stefan Kremer (batterie (nur Track 4)), Mimi Verderame (batterie), Michel Paré (trompette), Phil Abraham (trombonne), Daniel Stokart (saxophone et flûte) und Marine Horbaczewski (violoncelle).

Ursprünglich hat Philippe Doyen Psychologie studiert und dieses Studium auch abgeschlossen. 2002 jedoch auch einen Master in Arts et Sciences de la Musique erworben. Seit 2015 ist er Hochschullehrer für Harmonielehre am Conservatoire Royale de Musique de Liège.

Mit Latin-Jazz-Rhythmen macht das Album auf, wenn „Automne brésilien“, also brasilianischer Herbst,.zu hören ist. Zu hören sind zudem „Between us“, „Blues as Sco“ - ist da etwa beim Komponieren John Scofield Pate gewesen? - „Folk song“, „Un tango pour Jeanne“ - wer ist nur Jeanne“ und zum Schluss nochmals ein Volkslied, diesmal jedoch in einer Duo-Präsentation.

Liest man das Line-up, dann fragt man sich, in welchem Maße die Gitarre noch die Chance bekommt, sich in den Fokus zu rücken, zumal ja die Bläser  mit gleich drei klangewaltigen Instrumenten im Tentett vertreten sind. Also dann zunächst einmal Vorhang auf und Bühne frei für den brasilianischen Herbst: Ja, die Bläser sind anfänglich sehr präsent, auch dank eines Saxofonsolos, aber dann greift Philippe Doyen mit seinem Saiteninstrument  ins Geschehen ein, wenn auch nur kurz. Das geschieht anschließend im Wechsel mit den Bläsern – und dazu stelle man sich Tänzer vor, die es verstehen, die Musik in Bewegungen mit Hüftschwung umzusetzen. Das Fingerspiel von Philippe Doyen ist sehr ausgereift und bestimmt mit den wohlig-rhythmischen Bläserpassagen über weite Strecken die herbstlichen Klanglinien, die eher frühlingshaft beschwingt daherkommen. Konzertant und mit einem Hauch von Flamenco versehen ist der Song „Winner“. Hier ist Doyen zunächst solistisch zu hören, ehe dann die Streicher eine durchaus tragende Rolle erhalten. Doch dominierend bleibt Philipp Doyen mit seinem Saiteninstrument weiterhin. Nein, er tritt dabei nicht in die Fußstapfen von Paco de Lucia, und eine abgeänderte Version von „Friday Night in San Franscisco“ steht auch nicht auf dem Programm. Der „Gewinner“ scheint aber kein Triumphator, sondern ein stiller Gewinner. Neben Doyen ist es Phil Abraham, der mit einem Posaunensolo besticht und sich von den übrigen Bläsern absetzt. Auch er klingt nicht nach Sieger, zu schleppend sind die Sequenzen, die wir hören. Vielleicht ist der Sieger nur müde. Eher keck ist dann Daniel Stokart am Saxofon zu hören, das über einem flauschigen Klangbett der Streicher seine Stimme erhebt.

Kommen wir zum „Walzer auf dem Hubschrauberlandeplatz“: Hört man zu, dann denkt man ein wenig an Django Reinhardt, an Swing und an Ballroom Dancing zu sehr später Stunde. Auch die Stimmung in einem Grand Café während des Tanztees oder eine Vorstellung mit Salonmusik mag dem Hörer in den Sinn kommen. Links herum und rechts herum geht es gewiss; ja der Walzerschwung ist nicht zu überhören. Das gilt auch dann, wenn Doyen seine solistischen Qualitäten unter Beweis stellt oder die Streicher sich gemeinsam in den Vordergrund spielen. Aber warum heißt der Song nur so, wie er heißt?

Zwischen Rock, Blues, Funk und Boogaloo changiert „Blues as Sco“. „Shake your bones“ hört man unmissverständlich. Nur die Bläser, ob nun Michael Paré oder Daniel Stockart, scheinen das Schema solistisch und frei improvisiert kurz zu durchbrechen, ehe dann wieder Funk angesagt ist. Beim Solo von Doyen auf der elektrischen Gitarre ist dann auch der Blues sehr nahe, ohne dass die Gitarre übertrieben „heult“. Klassischen Tango tragen Doyen und seine Mitmusiker auch vor: „Un tango pour Jeanne“. Streicher, auch mit Pizzicato, und Gitarre spielen dabei die Hauptrolle. Das klassische Instrument des Tangos, das Bandoneon, vermisst man überhaupt nicht, zumal man dann auch die ein wenig nach einem Handzuginstrument klingende Melodica hört, dazu die teilweise klagenden, teilweise melancholisch gestimmten Streicher. Auch Paré ist mit seiner gedämpften Trompete ganz auf Tango eingestellt, von Mundstück bis zum Trichter.

Zum Abschluss des Albums hören wir „Folk Song“, vom Pianisten Alain Rochette und vom Gitarristen Philippe Doyen vorgetragen. Die Musik ist sehr intim, und beide Musiker sind in ihrem Duett fein aufeinander abgestimmt. Der Pianist übernimmt dabei auch den Rhythmuspart; solistisch ist er dann allerdings ganz auf die Melodieführung eingestellt, während es dann an Doyen ist für die rhythmischen Akzentuierungen zu sorgen. Wer Jazz mit starken und eingängigen Melodien mag, für den ist dieses Album gewiss als Glücksfall anzusehen, mag der eine oder andere es auch als Mainstream Jazz abtun. Es muss Jazz ja nicht stets in Rabatz und diffizile Improvisationen ausarten, oder?

Text © ferdinand dupuis-panther

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