Phil Abraham Quartet - Beauty First

Phil Abraham Quartet - Beauty First

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Self produced

Phil Abraham ist ein belgischer Jazzposaunist und Sänger, der zunächst Unterricht in klassischem Klavierspiel sowie in Harmonielehre und Gitarrenspiel erhielt. Autodidaktisch lernte er das Posaunenspiel. Im Laufe seiner Karriere teilte er die Bühne unter anderem mit Michel Petrucciani, Claude Nougaro, Clark Terry, Hal Singer, Art Farmer, Michel Herr, Andy Emler, Paolo Fresu, Claudio Roditi, Didier Lockwood und Toots Thielemans, außerdem war er sechs Jahre lang Mitglied im französischen Orchestre National de Jazz. Zahlreich sind seine Beteiligungen an mehr als 60 Jazzalben u. a. mit Robert Cordier, David Linx, Charles Aznavour, Félix Simtaine, Dusko Goykovich und Guy Cabay. Aktuell ist Abraham Hochschullehrer und unterrichtet Jazzposaune am Konservatorium in Brussel und am Konservatorium im französischen Douai. Abraham erhielt nicht nur den ersten Preis des Internationalen Jazzwettbewerbs in Sorgues (FR), sondern auch den zweiten Preis beim Wettbewerb der Jazzsolisten in Monaco im Jahr 2000.

Mit „I'll Remember April“ macht das Album auf, gefolgt von „Charlie Et Le Pam“ und dem Hancock-Stück „Watermelon Man“. Zu hören sind aber auch „New Orleans Compilation“, „Esquisse“ und „Faut Voir“. Brummen, Wabern, Krächzen, Gurren, Schnurren – und dann wird durch den Posaunisten das Thema von „I'll Remember April“ angestimmt, dabei auf Kehllaute setzend. Dazu setzt der Bassist ab und an dunkle Klangschleifen, lässt der Gitarrist kurze Klangpassagen aufblitzen, auf die der Posaunist direkt Bezug nimmt. So entsteht ein dichtes Dialoggeflecht. Und im Hintergrund rascheln die vielfältigen Becken des Schlagwerks. 1941 wurde diese Komposition von Gene de Paul erstmals vorgestellt. Es ist eine Komposition, die Teil des Repertoires von Cannonball Adderley, Miles Davis, Chet Baker/Stan Getz, Eric Dolphy, Keith Jarrett (Tokyo ’96), Lee Konitz, Charlie Parker und Sonny Rollins war, die wie Phil Abraham diesen Standard mit jeweils eigenen Aromen angereichert haben. Dabei gewinnt man die Vorstellung, dass Abraham auf seinem Album mit seiner vibrierenden, dunkeltönigen Posaune eine ganz eigene Note gefunden hat, um uns an den April zu erinnern. Auch ohne die Lyrik wie „This lovely day will lengthen into evening/We'll sigh goodbye to all we ever had ...“ hinterlässt das Stück nachhaltigen Eindruck, auch wenn der Text eher auf einen süsslichen Schlager zu verweisen scheint. 

Als Nächstes widmen wir uns „Charlie Et Le Pam“: So vollmundig wie ein Waldhorn oder eine Tuba klingt das, was wir hören. Zudem erleben wir Abraham auch bei Scat Vocals mit Didodelididoli. Danach nimmt Abraham mit der Posaune die welligen Melodiestränge auf, die er als Vokalist vorgestellt hat. Für die richtigen Besenschläge sorgt derweil Thomas Grimmonprez. Dieser begleitet zudem das anschließende Solo von Fabien Degryse. Dieser zeichnet geschweifte Klänge, bevor er an den Bassisten Sal La Rocca abgibt. So treten neben die hellen Färbungen die eher sandfarbenen und erdigen.

Lionel Loueke hat auf seinem jüngstem Album „HH“ eine ganz eigenwillige, rockige Version von Herbie Hancocks „Watermelon Man“ verewigt. Und nun widmet sich das Quartett um Abraham diesem Stück aus der Feder eines Musikers, der unter anderem mit Fusion in Verbindung gebracht werden kann. Es heißt also, die Ohren zu spitzen. Welch Überraschung, denn das Arrangement und die Interpretation sind sehr blueslastig, Das Thema ist, man hätte es erwarten können, zunächst in die Hände des Posaunisten gelegt worden. Anschließend vernehmen wir eine freie Variation durch Fabien Degryse, der anmutige Saitensprünge unternimmt und seine Gitarre auch ein wenig wimmern und jaulen lässt, sodass sich eine Nähe zu R&B einstellt. Stimmlich hält die Posaune dagegen und zeigt ihre Kehllastigkeit und ihre tiefen Brusttöne.

„New Orleans Compilation“ klingt vom Titel her nach Mardi Gras und Bayou. Und tatsächlich das Quartett lässt die legendären Street Marching Bands in der Wiege des Jazz auferstehen. Wer dabei in seinem Sessel sitzen bleibt, dem ist nicht zu helfen, denn die Musik fordert zum Tanz auf. Es muss ja nicht gleich Lindy Hop sein! Auch wenn nicht eine Band mit einem vollständigen Bläsersatz zu hören ist, macht das Abraham mit seinem Horn überaus wett. Statt Banjo ist halt eine Gitarre zu hören, die Anklänge an Country Music aufscheinen lässt. Dieses Stück ist gewiss eines mit einer nostalgischen Note, entführt es uns doch in eine Welt des Jazz, die heute immer weniger gepflegt oder als Oldtime Jazz in eine bestimmte Schublade gepackt wird. „Esquisse“ (dt. Skizze) überzeugt durch schwebende Melodielinien, begleitet von sensiblem Schlagwerkspiel. Beim Zuhören sieht man das flirrende Licht des Südens und die Gemälde der sogenannten Luministen, die Bildpunkt für Bildpunkt das Mediterrane und das geheimnisvoll Atmosphärische einfingen. Dem Flügelschlag von Prachtlibellen und Schmetterlingen gleicht das, was der Gitarrist zu Gehör bringt. Selbst der Bassist scheint seine Bodenhaftung ein wenig aufzugeben, skizziert sommerliches Orange und Gelb sowie Grünschattierungen wie in Cézannes Gemälden. Schließlich fängt uns Abraham in unseren melodischen Träumereien wieder ein und erdet uns.

© fdp


Informationen


Line-up

Phil Abraham (trombone/vocals)
Fabien Degryse (guitar);
Sal La Rocca (double bass)
Thomas Grimmonprez (drs)

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