Peter Weniger feat. Don Grusin - Point Of Departure

Peter Weniger feat. Don Grusin - Point Of Departure

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SKIP Records

Peter Weniger, Saxofonist und künstlerischer Leiter des Jazz Instituts Berlin hat nach acht Jahren wieder ein Album unter eigenem Namen herausgebracht, und zugleich ein Longplayer sprich eine Doppel-CD.  Zu seinen Mitmusikern zählt die US-Ikone Don Grusin an den Keyboards, der Gitarrist Hanno Busch (u.a. Heavytones, Michael Wollny), Claus Fischer (Heavytones, Larry Carlton) am Bass und David Haynes am Schlagzeug (von der Till Brönner Tour 2015 in bester Erinnerung). Eine Woche lang verbrachten die Musiker mitten im rauen Irland, um die Tracks einzuspielen.  O-Ton von Don Grusin: „We found we could all play together with our eyes closed … except for those hilarious moments when we'd break up and look ..."

Und was liegt nun vor? Eine Collage aus Weather Report, Herbie Hancocks Headhunters oder des späten Miles Davis, als dieser seine Nähe zum Rock entdeckte und gar mit Jimi Hendrix Musik machen wollte. So lesen wir es jedenfalls im „Waschzettel“ des Labels. Gewiss ist jedoch, dass wir mit „Point Of Departure“ unter anderem Fusion Jazz in seinen feinsten Differenzierungen zu Gehör bekommen. Doch auch das getragen Balladenhafte wie in „ Can See You From Here“ ist Teil des Albums. Dabei werden wir dann ins Ambiente von „Round Midnight“ versetzt -  man denke vor allem dabei an die herausragende Verfilmung von 1986, in deren Mittelpunkt die Geschichte vom alkoholabhängigen Saxofonisten Dale Turner (Dexter Gordon) steht. Oder etwa nicht? Wie bei dem zentralen, über 17 Minuten dauernden Track „Jack In The Back“ hat der Hörer stets den Eindruck, an einem improvisierten Schaffensprozess teilzuhaben, dessen Ausgang offen ist.

Doch beginnen wir mit dem Eröffnungstrack, der auch für das Album namensgebend ist: „Point of Departure“. Dabei ist der erste Höreindruck der, man werde in eine elektronische Galaxie entführt, die mit klangvollem Kometenregen daherkommt. Über diesen und einen Funk-Rhythmus legt sich der teilweise sanfte Klang eines (Sopran?)saxofons, gelegentlich mit „Wauwauwau-Verzerrungen“. Nachfolgend lässt Don Grusin seine Finger über die Tasten des Keyboards huschen. Fusion scheint angesagt und Jazz Rock ebenso. An dieser Stelle erinnert sich der eine oder andere auch an legendäre Einspielungen von Joe Zawinul, oder? Klarinette oder Saxofon - das fragt man sich im Weiteren. Teilweise kommt Weniger mit einem Klarinettenansatz daher. Das mag auch durch die elektronische Verfremdung bedingtsein. Im klangvollen Wellengang bewegen wir uns zum Ausgangspunkt des Tracks hin. Soulig angehaucht ist „Kinch“. Auch ein wenig Boogaloo Music scheint hier und da durch, oder?

Für die Klangfärbung ist gewiss die Stimme des Saxofons ganz wesentlich, auch wenn man die rhythmische Unterfütterung durch Bass und Schlagwerk nicht außer Acht lassen darf. Weich gezeichnete Saxofonpassagen erleben wir obendrein und fühlen uns in die Zeit versetzt, als Jazz noch Popmusik war und nicht ein Nischengenre wie heute oder gar Background-Musik wie in dem Film „The Fabulous Baker Boys“. Übrigens, Ohren auf bei diesem Stück für das Solo von Hanno Busch, der sein Saitenspiel nie überdreht oder gar versucht, in die Fußspuren von Hendrix oder anderen zu treten. Nein, der Gitarrist sucht und findet seine eigene (Blues-)Stimme. Ein Hörgenuss ist zudem das eingestreute Basssolo, das Claus Fischer geschuldet ist. Nachfolgend schwingt sich dann der Bandleader Peter Weniger zu grandiosen Saxofonhöhen auf – und das bis zum letzten Takt.

Sicherlich ein Höhepunkt des vorliegenden Albums ist „Jack in the Back“, denn wann findet man schon eine Album-Aufzeichnung eines Stücks von 17-minütiger Länge. Bei diesem Stück hat man den Eindruck, es breiten sich dahin schwebende Klangnebel aus, als würde der Reif des Morgens musikalisch ebenso eingefangen wie das spiegelglatte Wasser eines Binnensees bei Sonnenaufgang. Gestaltet scheint der Track mit Sinn für das Sphärische, ohne gänzlich in das elektronisch initiierte Sphärische zu versinken. Fragil klingt hier und da das, was Peter Weniger uns zu Gehör bringt, dabei von Klangrauschen begleitet. Man könnte außerdem davon sprechen, wir erlebten Klangpoesie . Nein, das Stück hat nichts Meditatives, sondern eröffnet immer neue Klangerfahrungen, die so schnell, wie sie auftauchen, auch wieder vergehen. Insoweit kann man durchaus auch von Klangcollagen sprechen, an der unter anderem Hanno Busch mit einem veritablen Gitarrensolo beteiligt ist. Dabei verzichtet er auf überdrehtes Wimmer oder gar auf Fingerschnelligkeit eines Alvin Lee – und das ist auch gut so. Busch greift dabei hier und da auf, was Weniger in seinen Saxofon-Sequenzen phrasiert hat. Und so setzen wir die Klangreise, gleichsam auf einem fliegenden Teppich unterwegs, fort. Vergleiche hinken, aber: Was in der Rockmusik „In-A-Gadda-Da-Vida“, ist im Jazz nun wohl „Jack in the Back“, oder?

Von den 13 eingespielten Tracks können wir uns nur einem Teil widmen, so auch „Rainbows End“, zumal „Jack in the Back“ das Highlight des Albums ist und einen Klangraum skizziert, der für ein Album durchaus ungewöhnlich ist. Das hat nun nichts mit Songhaftigkeit zu tun, sondern da lebt sich ein Ensemble extensiv musikalisch aus. Nun aber zum „Ende des Regenbogens“: Zwischen Bop und Modern Jazz könnte man das Stück einordnen. Dabei scheinen sich durchaus Verbindungslinien zu den Adderley Brothers aufzutun. Hinzuweisen ist auf ein sehr bewegtes Bass-Solo im ersten Teil des Stücks. Auf dieses antwortet der Keyboarder mit seinen Phrasierungen, die wie klangliche Stromschnellen anmuten. Und auch Hanno Busch modelliert im Weiteren an den Klangkaskaden des Stücks. Peter Weniger stimmt in den Chorus mit ein, ohne allerdings in diesem wie auch anderen Tracks allzu dominant aufzutreten. Er ist Gleicher unter Gleichen! Zu betonen ist, das sein Saxofonspiel weit entfernt von Marktschreierei ist, nicht auftrumpfend und triumphierend, sondern eher säuselnd-sonor und mit viel feuriger Dynamik daherkommend. Zwischen den Zeilen des Stücks meint man gar ein wenig Rock’n Roll herausfiltern zu können, oder?

Zum Schluss noch ein Wort zu „House on the Hill“: Was wir erleben ist eine sehr stimmungsvolle, ein wenig melancholisch ausgeformte Ballade. Auch dies ein akustischer Wohlgenuss wie auch das gesamte Album! Hinzuweisen ist schließlich auf einige Bonus-Tracks, darunter „Folk“. Dabei ist der Name Programm, meint man doch, man lausche einer mittelalterlichen Weise mit Krummhorngebläse. Nein, ein Krummhorn spielt Peter Weniger nicht, sondern wohl ein Sopransaxofon.

Wichtig: Neben dem regulären Album „Point Of Departure“ gibt es von den Sessions auch noch das Tondokument einer fast einstündigen Kollektivimprovisation, die unter dem Titel „Now!“  das Atmosphärische  der Aufnahmen festhält. Dieser Titel ist als Download und als Extra-CD in Konzerten für die Fans verfügbar.

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