Peter Rom – Wanting Machine
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Jazzwerkstatt Records
"Wanting Machine" ist das erste Album, das Peter Roms Namen solo trägt. Solo bedeutet in diesem Fall die Zusammenarbeit des Gitarristen, Komponisten und Mitbegründers der JazzWerkstatt Wien mit 14 Musiker/innen, vier Co-Komponisten und sieben Recording Engineers. Entstanden ist ein beinahe psychodelisch zu nennendes Album, in dem er eine akustische Verbindungslinie zwischen dem Elektroniker Dorian Concept und dem Drehleier-Spieler Matthias Loibner zieht. Auf „Wanting Machine" weiß man oft nicht, wer welche Töne erzeugt, wenn die Klangkollage in einem musikalischen Bilderrahmen platziert wird. Dank diverser Verfremdungseffekte verhalten sich die Instrumente so, als wären sie andere, geben vor, was sie nicht sind, pflegen die Verwandlungen. Das Album gleicht einem exotischen Trip in fremde Klangwelten, die es nur aufgrund der Konstellation der beteiligten Musiker und des „Kapellmeisters“ Peter Rom gibt. Zu vergleichen ist das, was wir als Hörerlebnis erfahren, mit dem Gestischen und dem bedingt Spontanen des Informel in der Malerei. Da gibt es kühne Quastenstriche, reliefierte Farbcumuli, zerfließende Farbpartikel und -gestaltungen.
Frequenzverschiebungen, nervöses Drumming, ein mit dem Daumen geschlagener E-Bass, Saitenschnarren, Gluckslaute elektronisch, Techno und Acid – das ist bei „Wanting Machine“ zu erleben. Neben nachhaltigen Basssetzungen hören wir auch eine feine Gitarrenlinie. Da gibt es auch ein Jaulen und ein Wimmern wie im besten R&B. Und im Hintergrund sorgen Bläser für einen weichen Klangflor. Zart tropfende Klangmelange ist bei „Bloom“ auszumachen. Man kann sich des Eindrucks nicht entziehen, dass Zerbrechliches den Klangraum füllt. Bisweilen agiert Peter Rom auch wirklich solistisch. Dabei meint man dann, der Gitarrist würde sprudelndes Wasser in eine musikalische Form gießen.
Ein elektronisches „Wowmmm“ verbindet sich mit Klicklauten zu Beginn von „A Shifty Bunch“. Irgendwie scheint auch von Wahwah die Rede. Im Wind tanzende Klangstäbe meint man ausmachen zu können. Eine gedämpfte Trompete gibt Kommentare ab, oder? Saitenätzungen sind Teil des Klangkörpers. Piano oder Keyboards ist nachfolgend die Frage. Und erneut vernimmt man das bisweilen schrille und temporeiche Gitarrenspiel, das sich in einem Klangknäuel verliert. Synth oder Theremin fragt man sich bei den sirenenhaften schwingenden Sequenzen in „Gentle Sweeps“. Oder wurde die Trompete elektronisch verändert, sodass sie wie ein Synth klingt? Verfremdungen scheinen gewollt, die Rhythmisierung des Stücks durch „rollendes Ostinato“ auch. Wie Klangnebel erscheint das, was wir wahrnehmen, wie wabernder Nebel, der sich nach und nach lichtet.
Ohne Frage zu Beginn dringt der Klang des Theremin bei „Siren Call“ an die Gehörknöchelchen. Das Gehörte ist akustische Provokation und für manchen Zuhörer Auslöser für einen Tinnitus, oder? An ein lautes „Eselgewieher“ muss man bei den nachfolgenden Passagen denken, die auch von sanften Klarinettenklängen durchzogen sind. Vincent Pongracz lässt sich in seinem Spiel in kein Schema pressen, zumal das Samtene der Klarinette mit schrillen und spitzen Klängen eine Verbindung eingeht. Bei letzteren fragt man sich, ob Theremin oder Keyboards dafür eine Rolle spielen. Als Stimmakrobat erweist sich Andreas Schaerer in „Million Billion“, einem Stück mit Anmutungen von Soul und Jazz Rock sowie einem sehr stark ausgeformten Bläsersatz. Im Gegensatz zu anderen Stücken des Albums ist für dieses Stück ein durchgehender melodischer Fluss charakteristisch. Das schließt auch das Gitarrensolo von Peter Rom ein. Und dann, ja dann ist Andreas Schaerer mit seiner brillanten Kopfstimme nochmals lautmalerisch zu hören. Da schimmert dann Blues und Soul durch. Das Ende des Stücks gehört allerdings dem Trompeter Martin Eberle! Mit dem Stück „Zeitlupe“ verabschieden sich Peter Rom und seine Mitstreiter von den Hörern. Das musikalische Kaleidoskop hat ein farbiges Ende gefunden.
© ferdinand dupuis-panther
Infos
jazzwerkstatt-records
Peter Rom – guitar, e-bow
www.peterrom.com
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Martin Eberle – trumpet
Manu Mayr – bass
Andreas Lettner – drums
Klemens Lendl – violin
Clemens Wenger – piano
Julian Sartorius – drums
Pamelia Stickney – theremin
Dorian Concept – keyboards
Lukas König – drums
Vincent Pongracz – clarinet
Andreas Schaerer – voice
Matthias Loibner – hurdy gurdy
Christof Dienz – zither
Tracks
1. Wanting Machine (Rom/Mayr)
2. Bloom (Rom/Mayr)
3. A Shifty Bunch (Rom/Sartorius)
4. Gently Sweeps (Rom/Mayr)
5. Trigger Happy (Rom)
6. Siren Call (Rom/Mayr)
7. Doppelgaenger (Rom)
8. Million Billion (Rom/Eberle)
9. Zeitlupe (Rom)