Peter Autschbach – TA2

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Self produced
In den Liner Notes von Jörg Konrad lesen wir über den Gitarristen Peter Autschbach: „Die Stärken Peter Autschbachs sind seine glanzvollen und ausdrucksstarken Melodien, die in einer energiegeladenen Lebendigkeit zum Ausdruck kommen. Was der Gitarrist komponiert, hat sowohl einen poetischen, als auch bodenständigen Aspekt. Sein Spiel bewegt sich im Wechselbereich von Rock und Jazz. Dabei drängt sich kein stilistisches Klischee in den Vordergrund. Was er anpackt und musikalisch umsetzt, ist keinem Diktat unterworfen, sondern atmet den Geist freier Selbstbeschränkung.“
Und was muss man noch über den Musiker wissen? 1986 bis1990 studierte er Jazzgitarre an der Musikhochschule Köln; 1989/90 war er Privatschüler von Joe Pass. 2020 arbeitete Autschbach mit dem Gitarristen Joscho Stephan zusammen. Er spielt als Solist ebenso wie im Duo und in der Quartett-Formation wie auf dem vorliegenden Album. Er ist Gewinner des Deutschen Rock und Pop Preises 2021 und 2023.
Für TA2 hat der Gitarrist Peter Autschbach – auch wenn im Line-up gleich zwei (!) Schlagzeuger aufgeführt werden - ein Quartett versammelt, das aufgrund der Instrumentierung eher ungewöhnlich ist. Eine Violine ist im Jazz selten, sieht man von Jean-Luc Ponty oder Didier Lockwood sowie Michał Urbaniak einmal ab. Marta Danilkovich (Violine) ist neben dem Gitarristen sowie Nico Deppisch (Bass) und Jan Melnik / Mario Brüninghaus (Schlagzeug) Teil des Ensembles.
Mit „Welcome Marta“ wird das Album aufgemacht und mit der Live-Aufnahme „November“ beschlossen. Elektrisch verstärkt kann die Violine neben den anderen Instrumenten bestehen, klingt nicht zart und zerbrechlich. Der Bogenstrich wird dynamisch geführt. Die Klanghöhen scheinen mit denen der Gitarre zu konkurrieren. Und ja, da ist auch ein flottes Fingerspiel auf den Gitarren-Saiten wahrzunehmen, so wie man es auch im Rhythm’n Blues kennt. Über weite Strecken „taumeln“ Saitenklänge dahin, scheinen sich auf- und abzuschwingen. Jaulend gibt sich die Gitarre, die ganz fern von traditionellen Jazzgitarrenklängen „agiert“ – und das trotz des Unterrichts von Autschbach bei einem der Granden der Jazzgitarre. Im Spiel der Violinistin liegt Dynamik, sind reizvolle Spannungsbögen auszumachen. Und dazu vernehmen wir obendrein ein treibendes Schlagwerk im Hintergrund. Und am Ende hält dann Peter Autschbach mit seiner Themenphrasierung die musikalischen Fäden in den Händen.
„Movin'“, also Bewegung ist im zweiten Stück angesagt. Und danach folgt „Chasing The Beat“. Wie ein Papierdrachen in der Thermik so lässt Peter Autschbach seine Klangfolgen dahinfliegen. Dazu gibt es ein kurzes Zupfen auf den Violinen-Saiten, oder? Stillstand gibt es nicht. Hört man zwischendrin etwa ein Keyboard? Es hat den Eindruck, wenn erneut Autschbach solistisch unterwegs ist und dazu „Pianosetzungen“ auszumachen sind. Sampling oder was? Akustische Flic-Flacs dringen zugleich an unser Ohr. Und immer wieder nehmen wir Pizzicato wahr. Hin und wieder gleiten wir auch in ruhigen „Klangwassern“ dahin und dann ist von der Klangmächtigkeit des Gitarristen weniger zu erleben. Dafür nimmt uns dann mal im übertragenen Sinne der Bassist an die Hand. Erst gegen Ende ist es dann an dem Gitarristen und der Violinistin für einen „unbändigen Klangrausch“ zu sorgen.
Irgendwie klingt die elektrische Violine gelegentlich seufzend und zerbrechlich, so auch zu Beginn von „Eclipse“. Erst im weiteren Verlauf dreht die Violinistin auf, paraphrasiert das Thema im Wechsel mit den anderen Musikern. Unverzerrt dringt der Klang des Basses und der Gitarre im Nachgang an unser Ohr. Dabei hat man bisweilen die Vorstellung, man lausche einer akustischen Gitarre wie sie auch Al Di Meola zu spielen pflegt. Jazz Rock oder Rock Jazz kann ja auch mal ohne Verstärker auskommen.
Und noch etwas fällt auf: Peter Autschbach bewegt sich in einer eigenen Umlaufbahn. Der Jazz Rock vergangener Jahrzehnte spielt dabei keine Rolle, weder Chicago, die Brecker Brothers, Spyra Gyra oder das United Jazz&Rock Ensemble. Und so genießen wir Zuhörer in „Eclipse“ ruhige Gitarrenpassagen ohne Wimmern, Jaulen und Aufschrei. Gleichsam als Klanggegenstück erweist sich die Geige in den Händen der Violinistin, die doch irgendwie unterschwellig nach Kammerkonzertantem klingt. Mit „Cool“ geht es weiter und bisweilen klingen die Passagen, die wir anfänglich hören so, als würde jemand Rhodes spielen. Doch es ist wohl Peter Autschbach an einer „modulierten Gitarre“, die da einen „Tastenschwall“ erzeugt. Bei diesem Stück fragt man sich durchaus: „Ist das Jazz …?“ Teilweise hat man auch Ten Years After im Ohr, oder? Und ehrlich, kaum einer kennt The Flock, aber ist diese Band nicht im Geiste auch zugegen, wenn das Violinen-Solo folgt? Marta Danilkovich spielt, so meine ich, ähnlich verwegen wie die norwegische Violinistin Susanne Lundeng, die sich aber dem Folk verschrieben hat. Nun ja, manche wählen für deren Musik den Begriff Folk Jazz. Doch mit den Etiketten ist das so eine Sache!
Nach „Little Wing“ (inkl. Gesang) und „Spring“ folgen wir dann den musikalischen Spuren von „Godzilla“, wie sie von Peter Autschbach inszeniert werden. Zwischen Synth- und Rhodes-Klang changieren die eröffnenden Passagen. Ja, das lässt sich alles augenscheinlich aus einer E-Gitarre „herausfiltern“. Und dann, ja dann hören wir zum Klick-Klick des Schlagzeugers die grob verwebten Klänge der Gitarre. Das ist allemal mitreißend. Wie gesagt, bisweilen meint man, eine Melange aus Deep Purple, Colosseum und anderen Rock-Bands vergangener Jahrzehnte kredenzt zu bekommen. Und immer wieder ist es die Violinistin, die ganz eigene „Aquarellierungen des Klangs“ in die Musik einführt.
Nachdem wir „Twilight“ und „Love Games“ – stellenweise aufgrund des Gesangs an Chicago erinnernd - gehört haben, folgt dann mit „November“ der Abschluss des fulminanten und klanglich breit gefächerten Albums. Angesichts dessen, was wir zuvor gehört haben, ist dieses Stück eher lyrisch konnotiert. Das, was Peter Autschbach vorträgt, ist zudem von Leichtigkeit bestimmt, atmet einen Frühlingshauch, signalisiert mit klanglicher Tänzelei Losgelöstheit im Hier und Heute. Ein wunderbarer Abschluss des mit Sinn fürs Expressive gestalteten Albums!
© fdp2025
https://www.autschbach.de/de/
https://www.autschbach.de/de/TA2
Line-up
Peter Autschbach (Gitarre)
Marta Danilkovich (Violine)
Nico Deppisch (Bass)
Jan Melnik / Jordan Proffer (Schlagzeug)
Tracks
Welcome Marta
Movin'
Chasing The Beat
Eclipse, Cool
Little Wing
Spring
Godzilla
Twilight
Love Games
November (Live)