Paolo Fresu / Richard Galliano / Jan Lundgren: Mare Nostrum II
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ACT
Paolo Fresu (Trompete, Italien), Richard Galliano (Akkordeon, Frankreich) und Jan Lundgren (Piano, Schweden) veröffentlichten im Jahr 2007 das Album „Mare Nostrum“. Nunmehr liegt ein weiteres Album vor, das sich mit dem Mittelmeer beschäftigt. Die Römer nannten es „Unser Meer“. In den Fokus geraten ist das Meer zwischen Europa, der Levante und Nordafrika ganz aktuell durch die Ströme von Menschen, die auf hochseeuntüchtigen und überladenen Booten und Schiffen dem Elend ihrer Heimatländer zu entfliehen suchen. Sie stranden, wenn sie nicht vorher in den Fluten des Mittelmeers umgekommen sind, auf Malta und Lampedusa oder auf einer griechischen Insel.
All das thematisieren die drei europäischen Musiker von Weltrang allerdings nicht. Unter den zwölf eingespielten Titeln des Albums befinden sich vorrangig Eigenkomposition, deren Klangfärbungen uns an Sehnsucht und Wehmut denken lassen. Darüber hinaus hören wir Interpretationen von Claudio Monteverdis „Si dolce è il tormento“ und „Gnossienne No. 1“ von Erik Satie.
Das Album macht mit „Apnea“ auf, besingt die Morgenröte und einen traurigen Abschied („Farväl“) und endet schließlich mit dem oben erwähnten Werk von Monteverdi.
Über weite Passagen erinnern die ausgebreiteten Klangteppiche von „Mare Nostrum II“ an die musikalischen Welten von Lars Danielsson – man denke an „Liberetto II“. Beim Zuhören muss man eher an die Weite der Hochebenen Norwegens und Lapplands denken als an das Mittelmeer. In seinem feinen Spiel auf der Trompete gleicht Fresu streckenweise Mathias Eick. Irgendwie hat man stets den Eindruck, der wolkige Himmel küsse das Meer. Es ist kein Tosen zu vernehmen, kein Wellenrauschen und keine gefährliche Reise zwischen Scylla und Charybdis. Keiner der typischen Winde des Mittelmeers wie Mistrale und Sirocco weht über unsere Köpfe. Die traditionellen Klänge des Magreb, der Levante und Andalusiens oder gar Anlehnungen an Rembetiko sind nicht Gegenstand der Kompositionen von Fresu und Galliano sowie Lundgren. Auch den Wechsel der Jahreszeiten kann man in der Musik von Fresu und Co. nicht ausmachen. Nirgendwo hat man den Eindruck, es strahle die Sonne über dem Mittelmeer. Eher das Tragische und das Elegische überwiegen. Und das muss man halt mögen.
Text © ferdinand upuis-panther
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