out of print: dancing in the brain

out of print: dancing in the brain

O

Unit Records, UTR 4598

Ein Schelm, der beim Titel des Albums an den Film „Dancing in the rain“ denkt. Vergriffen ist wahrscheinlich die richtige Übersetzung für den Namen des Berliner Trios, das aus Volker Kottenhahn (piano), Dirk Strakhof (bass) und Johannes Bockholt (drums, perc) besteht.

Neun Titel hat das Trio für das aktuelle Album eingespielt, das uns zu einem Gehirntänzchen verhelfen soll. In Bewegung geraten wir bereits beim ersten Stück des Albums namens „Traveling East“. Weiter geht es dann mit dem „Tanz Auf Dem Balkon / Four Steps into the Dark“. Wir genießen ein bisschen den „Indian Summer“, ehe dann der für das Album namensgebende Titel „Dancing in the Brain“ zu hören ist. Mit einem Titel, der sich sehr nach Broadway Musical anhört, nämlich „A Kiss Is Just a Kiss“ beschließt das Trio ihre musikalische Tanzbewegungen – im Kopf. Zu verdanken ist das Tänzchen dem Pianisten Volker Kottenhahn und dem Bassist Dirk Strakhof, aus deren Feder die Kompositionen stammen.

Akzentuiert ist der Duktus bei der Reise nach Osten, auf die uns „out of print“ mitnehmen. Orientalische Anmutungen als Charakteristikum für Kottenhahns Komposition „Travelling East“ wäre allerdings zu viel des Guten. Eher hat man den Eindruck, das Berliner Trio fange musikalisch die Tour zum Balkan ein, aber ohne in Balkanova zu verfallen. In der Mitte des Stücks überfällt den Zuhörer die Vorstellung einer zügigen Fahrt über alpine Serpentinenstraße.

Der „Indian Summer“ klingt nicht gerade überwältigend. Eher bedächtig gleiten die Finger des Pianisten über die schwarzen und weißen Tasten des Klaviers. Doch nach und nach kommt auch der Mann am Klavier in Schwung. Dann spielt er eine recht lieblich anmutende Weise. An dem akzentuierten Spiel ändert sich gegenüber dem Eingangsstück wenig. Auch der Perkussionist tut ein Übriges, damit die Komposition nicht verwaschen und dahinplätschernd klingt. Der gestrichene Bass verleiht dem Stück einen Hauch von Folklore und wir können uns vorstellen, einen Altweibersommer auf einer griechischen Insel zu verleben. Beginnt das Klaviersolo, so drängt sich das Bild verfärbter fallender Blätter auf. Sitzt man am Meer, dann wärmt die Sonne ein wenig und die Wellen laufen sacht am Sandstrand aus. Irgendwie hat man den Eindruck, der Sommer solle noch nicht zu Ende sein. Wie „Kopfkino“ klingt, unterstreichen die drei Musiker mit „dancing in the brain“. Unsere Gedanken tanzen teilweise ausgelassen. Danach ebbt die erste Zappeligkeit ab und ruhiges Fahrwasser wird angesteuert. Perlende Passagen dringen an unser Ohr. Dazu brummelt der Bass im steten Rhythmus. Wer sehr gespannt auf das lauscht, was das Trio zum Besten gibt, der kann es eigentlich nicht bei Gedankenspielen lassen, sondern muss aus sich herausgehen, körperlich agieren und dann verwandelt sich die Komposition doch eher in die Ausgelassenheit in „Dancing in the rain“.

Neben „Indian Summer“ haben die drei Berliner Jazzer auch den „April“ vertont. Da müsste man ja das Getröpfel von Regen hören, oder? Doch Regenschauer im klassischen Sinne hat das Trio wohl nicht eingefangen, wenn es das ruhige Stück vorträgt, auch wenn man das Gezupfe des Basses vielleicht so interpretieren könnte. Eher meint man, den Aufbruch zu vernehmen. Der Winter ist passé, die ersten Sonnenstrahlen zeigen sich und auch eine gewisse Wärme ist zu verspüren – so jedenfalls Bilder, die man sich beim Melodiefluss vorstellen kann. Auch „Joy“ verbreitet keine Ausgelassenheit. Die Freude scheint eher ein wenig getrübt.

Fazit: Man muss klassische Jazztrios mögen, vor allem wenn sie, wie im vorliegenden Fall, einen eher narrativen Vortragsstil bevorzugen. Geschichten zu erzählen, scheint mir aktuell eine sehr bevorzugte Form des modernen Jazz. Das Lyrische und das Melodische haben Vorrang vor dem verwegenen Improvisieren. Sehr rasch ist man dann allerdings im Fahrwasser des Smooth Jazz. Doch glücklicherweise ist dies bei „out of print“ nicht der Fall. Warum sich die Band allerdings einen solchen Namen gegeben hat, wenn sie durchaus frischen modernen Jazz gut verpackt serviert, ist mir ein wenig rätselhaft.

Text: © ferdinand dupuis-panther


Press Release by Unit Records in English
For over 20 years, the Berlin Piano Trio has worked together and has produced 3 CDs in their original lineup. The Trios’ music forms a delicate sound cosmos, constantly looking for new forms of expression. This sound is refined with a consistency that isn’t guided by temporary trends, but relies on individuality and maturity. Out of print’s current release sets foot on a new path again - this time pure piano trio music. On the new CD dancing in the brain, released in March 2015 by the Swiss label Unit Records, a mosaic turns into a synthesis of the arts. Each one of the nine tracks, all written by pianist Volker Kottenhahn and bassist Dirk Strakhof, has its own character. Together they exhibit a fascinating range of moods and styles. Their music shows candor, liveliness, and love of experimentation.

Informationen

Label

Unit Records
www.unitrecords.com

Musiker

www.strakhof.de
info@strakhof.de

Videos:
https://www.youtube.com/watch?v=thB2r3UQkL8
https://www.youtube.com/watch?v=Gx79-_VR_lk
https://www.youtube.com/watch?v=URu-m7pZdmU


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