Otto Kintet - Gloed
O
ZenneZ Records
Ob man das neue Album von Otto Kintet mit den Begriffen Jazz, World Music, klassische Musik und Funk begrifflich treffend beschreiben kann, sollte jeder für sich entscheiden. Augenscheinlich schöpft Otto Kint aus diesen Quellen, um sie dann zu einer Brüsseler Melange von „Untergrundmusik“ zu verarbeiten. Ohne passende musikalische Chemie wäre das nicht möglich, sodass nachdrücklich auf die Mitglieder der Band hingewiesen werden muss. „The next generation in jazz“ besteht aus Otto Kint (bass & double bass), Jeroen Capens (Tenor sax), Martin Salemi (keyboard, rhodes, synthesizer), Lukas Somers (guitar) und Daniel Jonkers (drums) sowie als Gast Ciska Thomas (voice).
Die Aquarelle, die für das Albumcover Verwendung fanden, stammen von Ottos Großmutter Magda Kint.
„Amaïka“ ist der Aufmacher, gefolgt von „Jenny“ und „Gloed“ („Glut“). Zudem sind Songs wie „Fête des Cricris“ („Fest der Grillen“) und „Melodia della nonna“ („Song für eine Oma“) sowie „„Can't Help Falling In Love With You“ aufgenommen worden.
Also dann lassen wir uns mal von der „Glut“, so der Albumtitel, erwärmen: Mit einem zeitweilig redundanten Gitarrenspiel und zackigem Schlagwerk eröffnet „Amaïka“. Dazu gesellt sich ein hintergründiger Bass, ehe dann Jeroen Capens seinen Holzbläser keck klingen lässt. Tempo- und Stimmungswechsel sind Teil des Arrangements, das nie vorlaut und aufdringlich wirkt. Die Komposition scheint zwischen Vorwärtsdrang und Innehalten angesiedelt zu sein. Dank des kurz mal aufblitzenden Rhodes gepaart mit einem dann marktschreierisch, aufgewühlten Tenorsaxofon gibt es Momente, die an Jazz Rock denken lassen. Da dringt außerdem ein Kreischen des Holzbläsers ans Ohr des Hörers, wird der Rhythmus von rockigen Elementen bestimmt.
„Jenny“ hat einen eher balladenhaften Charakter und ist dank der Lyrik, die Ciska Thomas vorträgt, nicht mit den anderen Kompositionen zu vergleichen. Singer/Songwriter, ein bisschen Marianne Faithful und Patti Smith sowie Jazz mit zeitweilig tosenden Rockbeigaben verschmelzen. Das muss man mögen und ist nichts für Jazz-Puristen.
„Gloed“ kommt mit sanfter Strahlkraft daher. Es ist musikalisch ein feines Lodern und Knistern, ein kuscheliges Kaminfeuer an kalten Wintertagen, wenn man mal ein Bild zur Musik bemühen will. Sehr lyrisch mutet „Melodia della nonna“ an, auch bestimmt durch das überaus samtene Gitarrenspiel von Lukas Somers. Dass ein Saxofon auch sanft und samten daherkommen kann, unterstreicht in diesem Stück Jeroen Capens. Der Bassist Otto Kint lässt die Saiten seines Tieftöner so schwingen, als ob schwere Ähren im Kornfeld eine Wind-Melodie anstimmen würden. Es bleibt zuletzt die Frage, ob die Komposition für die Oma von Otto Kint geschrieben wurde, gleichsam als Dankeschön für das aquarellierte Albumcover.
Mit einem Hauch von elektronischer Musik wartet „Hosti Nation“ auf, ohne nun in die Fußstapfen von Can oder Kraftwerk zu treten. Die Verwurzelung im Jazz ist auch in diesem Stück präsent. Doch der Begriff Jazz ist eben nicht eindimensional, sondern im vorliegenden Fall muss man ihn um Fusion ergänzen, insbesondere wenn man Martin Salemi an den Keyboards (Rhodes?) erlebt. Am Rande des Tanzbaren bewegt sich gelegentlich der Saxofonist Jeroen Capens, der im Wechselspiel mit Salemi zu hören ist. Dass auch eine „Gewürzmischung“ aus Funk der Musik von Otto Kint beigegeben ist, wird beim Hören von „Fête de Cricris“ deutlich. Zugleich gibt es auch Anleihen bei „Blood, Sweat &Tears“ zu vernehmen, insbesondere beim Tutti.
„Can't Help Falling In Love With You“ rundet das vorliegende Album gekonnt ab. Man darf es nicht mit “Falling in Love with Love“ verwechseln, da die Band sich zum Schluss eher unerwartet musikalisch vor Elvis, the King verneigt, und das mit einem sehr schönen, „schmalzigen“ Tenorsaxofonpart. Wow …!
Text © ferdinand dupuis-panther – Der Text ist nicht public commons.
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