Ottla - Ottla (fdp)

Ottla - Ottla (fdp)

O

Unday Records / W.E.R.F. Records

Der Gitarrist Sänger und Songschreiber Bert Dockx (Flying Horseman, Dans Dans, Strand) hat mit Ottla ein Ensemble mit sehr eigenwilliger Ausrichtung aus der Taufe gehoben. Benannt ist die Band nach dem Familiennamen der Schwester des Schriftstellers Franz Kafka. Dabei hat Dockx für das vorliegende eine „Mendelsche Kreuzung“ von Stilen und Stimmungen ausgewählt, dank auch seines Sextetts. Dieses besteht aus folgender Besetzung: Außer Dockx hören wir nicht nur bei „Huisje Tuinjes“ Frans Van Isacker (alto sax), Thomas Jillings (tenor sax), Nicolas Rombouts (bass), Louis Evrard (drums, percussion) und Yannick Dupont (drums, percussion, electronics).

Acht Songs finden sich auf dem aktuellen Album, darunter auch zwei Adaptationen von Kompositionen von  Sun Ra („Lights On A Satellite“) und  Thelonious Monk („Epistrophy“). Beim Hören hat man den Eindruck,  Post-Surf-Sound mischt sich mit Jazz Rock, hier ein wenig The Ventures und Alan Parson Project, dort ein bisschen Pink Floyd, Dire Straits und Deep Purple revisited. Und auch Psychodelic Rock scheint in einigen dramatischen Linien einzelner Songs vorhanden zu sein.

Bisweilen ist die Musik kantig, angesäuert, würzig, rotzig, aufmüpfig und zornig, zugleich aber auch immer wieder mit durchaus lyrischen Konturen umgeben. Auf alle Fälle lässt die Musik aufhorchen, ohne Hörer mit tosendem Free Jazz oder infernalischem Rock zu überfordern. Gebundene Formen sind vorherrschend, wenn auch immer wieder das Hinübergleiten in offene Strukturen wahrzunehmen ist.

Zugleich wird ein grobmaschiges Klangnetz gesponnen, das auch diejenigen anspricht, die keine eingefleischten Jazzliebhaber sind. Einen Sinn für Fusion muss man allerdings schon mitbringen und beispielsweise die Zusammenarbeit von Prince und Miles Davis schätzen, um auch Ottla in Gänze würdigen zu können.

Aufgemacht wird das Album mit „Huisje Tuintje“ mit sehr fein gesponnener Gitarrenmelange. Zugleich vernehmen wir sehr sanfte Linien des einen der beiden zum Ensemble gehörenden Holzbläser mit leicht-orientalischem bis rocklastigem Einschlag. Da sind dann die oben genannten Rockbands durchaus sehr nahe, oder?

Gefolgt wird das Eröffnungsstück von den Kompositionen „Spinrag“ und „Stofwolk“. Daran schließt sich der eigene Zugang zu Monks „Epistrophy“ mit ausgeprägten Klang-Galoppaden an.

Beinahe lyrisch scheint „Je Ne Sens Presque Plus Rien“. Dabei treten Bilder von unverstellter Weite auf. Musikalisch gleitet man über Schäfchenwolken, lässt sich in Aufwinde fallen, betrachtet die Landschaft mit Almen und Hochebenen aus der Vogelperspektive. Sinuskurven durchziehen das musikalische Thema. Effekte durchdringen die Musik. Untergründiges Rauschen, Glucksen und Grollen ist zu vernehmen, aber auch eingestreute „Tinitusreize“. Es existiert aber auch ein durchaus melodischer, auf- und niedergehenden Klangstrom, den Bert Dockx verantwortet.
    
Zu den Schlussakkorden gehören Kompositionen wie „Lights On A Satellite“, „Etrange Poursuite“ und „Vroeger Beter“. Wenn man liest, dass sich Ottla vor Sun Ra verneigt, ist die Versuchung nahe, sich erst mit dem Original und dann mit dem Arrangement und der Interpretation von Ottla zu befassen. Doch damit wird man Ottla nicht gerecht.

Es geht ja nicht um Covern, sondern das Wie und die eigenen Sichtweisen. Während in anderen Stücken des Albums die Färbung der Gitarre die Songs durchaus dominiert, tritt hier das Saxofon in den Vordergrund, ohne vorlaut aufzufallen. In Begleitung des Saxofons erleben wir den erdigen Bass, der auch beim Schnurren des Saxofons unablässig seine Saiten gründelnd schwingen lässt. Hier und da entgleiten dann beide Saxofone in ihren Äußerungen und gleichen reinen Windmaschinen, entäußern sich, stacheln sich wechselseitig zu offenen Formen an, scheinen aufgeregt und aufgebracht und mit viel Fantasie meint man gar, sie würden Walgesänge imitieren. Dann jedoch wird die Färbung der Holzbläser durch Dockx‘ Gitarrensequenzen ein wenig in den Hintergrund geschoben. Kurzrhythmisches ist zu vernehmen, ehe sich das Sextett im Schlussakt des Stücks vereint.

Zum Schluss heißt es „Vroeger Beter“: Folgt man den Bläserpassagen und der Melange von Bläsern und Saitenspielern, so drängt sich der Eindruck auf, Post-Modern- und Post-Cool-Jazz seien prägend. Doch eine wimmernde und glucksende Gitarre sowie unterschiedliche Effekt-Eskapaden entführen uns obendrein in die Welt von Psychodelic Rock. Docks holt uns dann aber auch gegen Ende in die Welt melodischer Klangwellen zurück.

Text: © ferdinand dupuis-panther




Informationen:

https://www.bestov.be/content/ottla

Referenzen:

Thelonious Monk



Sun Ra & His Arkestra


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