Oliver Schroer / Matthias Bergmann - Insight

Oliver Schroer / Matthias Bergmann - Insight

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self production

Kirchenorgel trifft auf Trompete und Flügelhorn – das ist kurzgefasst das, was das vorliegende Album ausmacht. Das Cover zieren nicht etwa Trompetenventile oder Orgelpfeifen, sondern Scharniere, die zu einem Stern miteinander verbunden sind; dieser wiederum gleicht, der Mikrostruktur einer Schneeflocke.

Sicherlich ist der Höreindruck des Albums abgespielt auf dem heimischen CD-Player gänzlich anders als der, den man in einem gotischen Kirchenschiff erleben könnte. Und das muss ja nicht immer bedeuten, dass man diese Musik nur im Freiburger oder Ulmer Münster oder gar im Dom zu Köln genießen kann. Aber die Atmosphäre einer dreischiffigen Kathedrale oder einer norddeutschen Hallenkirche mit entsprechender Akustik, vor allem mit einem satten Nachhall, ist eben etwas Besonderes.

„Naima“ von John Coltrane ist das Eröffnungsstück des Albums. Kenny Wheelers „Unti“ findet man auch auf dem Album. Gleiches gilt für „The Glide“ vom Jazzgitarristen und Gründer des Ensembles Oregon Ralph Towner sowie „Ave Maria“ von Franz Schubert. So spannt sich ein weiter Bogen vom Modern Jazz bis hin zur romantischen Klassik. Doch Matthias Bergmann hat zum Gelingen des Albums nicht nur sein meisterliches Hornspiel beigesteuert, sondern auch eigene Kompositionen wie „Folk Song“ und „Lost“. „Remember“ und „9x8“ stammen hingegen aus der Feder des Organisten Oliver Schroer.

Kirchenorgel verbindet man hauptsächlich mit sakraler Musik, auch wenn Musiker wie Barbara Dennerlein oder Jasper van 't Hof gemeinsam mit Tony Lakatos – siehe das Album „Go with the wind“ –  zeigen, dass es auch jenseits der Klassik Musik gibt, die mit diesem Instrument umgesetzt werden kann. Ob man das nun in die Kategorie Jazz einordnet, ist eine zweite Frage.

Die ersten Takte von „Naima“ gehören dem Organisten mit redundanten Klangläufen, ehe dann Matthias Bergmann seine Trompeten-Schraffuren hinzusetzt. Nachfolgend bleibt es bei dem Konzept eines raumfüllenden Klangteppichs, der von dem Organisten geknüpft wird, und den darüber hinwegschwebenden Trompetenlinien.

Sind es Register für Bläser, für Oboen, für Fagott, die Oliver Schroer bei dem getragenen „Remember“ zieht? Im Wechselspiel mit dem Flügelhorn (?) von Matthias Bergmann ergibt sich ein Gesamtklang, der durchaus Trauer und Abschiedsschmerz zum Ausdruck bringt. Dazu gesellt sich auch der Eindruck, dass dieser Abschied mit einem lachenden und einem weinenden Auge gesehen wird. Das rhythmisierte Orgelspiel vereint sich dazu mit den Klangfluchten, für die Matthias Bergmann verantwortlich ist. Ein Orgelcrescendo wie in so manchem Choral ist schließlich Teil der Dramatisierung des Stücks.

Vogelstimmen imitierend, so hört sich der Beginn des Orgelspiels von „9x8“ an. Zarter Diskant füllt den Raum. Dann jedoch wird es furios, vernimmt man geballten Pfeifenklang. Gleichsam wie ein aufbrausendes Meer im Sturm hört sich das an, was Oliver Schoer mit Fußpedalen, Registern und Tasten erzeugt. Nachfolgend vermeint man, dann einer Etüde zu lauschen. Das Unwetter und die aufgewühlte See gehören als Bildvorstellungen zur Musik der Vergangenheit an.

Dem kanadischen Trompeter Kenny Wheeler, der 2014 in London verstarb und den viele vom United Jazz and Rock Ensemble noch kennen, ist „Unti“ zu verdanken. Matthias Bergmann spielt bei diesem Stück eine gedämpfte, sehr scharfzüngig klingende Trompete. Dazu vernimmt man eine Orgel, die bildlich gesprochen, einem sprudelnden Rinnsal entspricht. Zugleich aber versteht es Schroer auch, den Duktus abzuwandeln und sich eher in die Gefilde von Kirchenmusik zu begeben. Insgesamt hat man den Eindruck, der Klang komme aus dem Off, würde von der Orgelempore durch das Mittelschiff getragen werden und an Kraft verlieren.

Zwischen Volkslied und Kirchenpsalm ist „Folk Song“ anzusiedeln. Farbenfroh ist die Klangpalette, auch dank Matthias Bergmann, der wie losgelöst spielt. Flügelhorn wohl, oder? Auch „Lost“ entstammt der kompositorischen Intuition des Kölner Trompeters und Flügelhornisten. Dabei bleibt die Orgel ganz dezent im Hintergrund, versteigt sich auch mal ab und an in „Flötentönen“. Zugleich klingt die Orgel so, als höre man sie als jemand, der vor der Kirchenpforte steht und nicht im Schiff Platz genommen hat, also aus der Ferne. Mit weicher Klangzeichnung ist zudem Matthias Bergman mit gedämpfter Trompete zu vernehmen. Den Schlusspunkt setzt das Duo mit einem Klassiker: „Ave Maria“.

text: © fdp


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www.matthiasbergmann.koeln



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