Ochsenbauer meets Sokal – Secret Bass Hits

Ochsenbauer meets Sokal – Secret Bass Hits

O

alessa records, ALR 1033, veröff. 2014

Treffen sich zwei Männer; treffen sich zwei Vollblutmusiker; treffen sich Johannes Ochsenbauer, der Bassist, und Harry Sokal, der Saxofonist – und was passiert dann? Dann erhalten Charles Mingus, Oscar Pettiford und Donald Byrd eine alpine Frischzellenkur verpasst. Das Zweiergespann sucht dabei auch nach den unbekannten Bass-Hits, so der Untertitel der aktuellen CD „Ochsenbauer meets Sokal“. Über das Projekt „Ochsenbauer meets Sokal“ heißt es auf der entsprechenden Homepage der beiden Musiker: „Das Projekt „Ochsenbauer meets Sokal“ spricht für das Selbstbewusstsein des jungen Tieftonmeisters: Auf dem Programm stehen ausschließlich Kompositionen von oder für Bassisten, großflächig angelegt in der stilistischen Bandbreite. Gemeinsam mit herausragenden Musikern der europäischen Jazzszene, dem Meisterschlagzeuger Mario Gonzi, dem exzellenten Pianisten Tizian Jost und Saxofon-Star Harry Sokal frönt Johannes Ochsenbauer in maßgeschneiderten Arrangements der Straight-Ahead-Spielkultur.“ Das klingt sehr überschwänglich und erzeugt hohe Erwartungen. Ehe wir die Scheibe auflegen, sei noch der Hinweis auf den Gast erlaubt, der sich beim „verschworenen Bassbund“ eingefunden hat. Claus Reichstaller spielt die Trompete bei dem Titel „Omicron“, eine Nummer von Donald Byrd für Paul Chambers, und das Flügelhorn bei der Einspielung von „Mraz“ von George Mraz.

 

Beim Titel „Tanzender Sonnenstrahl“, Oscar Pettiford auf den Leib geschneidert, macht sich erst einmal Harry Sokal mit dem Tenorsaxofon breit. Ihm folgt auf Schritt und Tritt der Bass von Johannes Ochsenbauer. Schließlich lässt sich auch das Piano mit hellen Klangfarben vernehmen. So tanzen alle Musiker schließlich ausgelassen im Sonnenschein: „Dancing Sunbeam“ lässt grüßen. Es groovt und swingt wie nichts Gutes. Pralle Spielfreude legt das Quartett an den Tag. Abschied nehmen wir dann nachfolgend mit „Farewell Farwell“, einer Mingus-Komposition. Zugleich ist mit diesem Stück auch ein Stimmungswechsel verbunden. Waren wir gerade noch nahezu ausgelassen, so ist die Stimmung nun ein wenig gedrückt. Ja, es geht ums Abschiednehmen, und das ist kein freudiges Ereignis. Besonders der gestrichene Bass trägt dazu bei, dass man den Tränen näher ist als dem Lachen. Die Stimmung hellt sich erst auf, als sich das Vibrafon mit seinen metallisch gestimmten Hörfarben zu Wort meldet. Im Hintergrund wird das Fell der Trommeln gewischt. „Fanfarenstöße“ vernehmen wir ab und an vom Tenorsaxofon. Auch ein dezenter Tastenschlag trägt dazu bei, dass die Stimmung eher gedämpft bleibt. Noch eine weitere Interpretation eines Mingus-Werks haben Ochsenbauer und Sokal eingespielt. Es trägt den Titel „O. P“. Dabei handelt es sich um einen sehr flotten Song, der zunächst von akzentuierten und frei schwebenden Pianosequenzen bestimmt wird. Der Bass orientiert sich nachfolgend an den Vorgaben des Tasteninstruments. Bisweilen hat man den Eindruck, es gäbe da auch ein wenig Ragtime zu hören, kurz, aber zu identifizieren.

Wie in diesen, so auch in anderen eingespielten Stücken, die ja eigentlich für Bassisten gedacht sind, lässt Ochsenbauer seinen Jazzkumpanen viel Raum für die eigene Entfaltung. Das kann man gar nicht genug schätzen, vor allem in Zeiten, in denen einige auf dem Egotrip sind! Man lausche mal auf das, was Tizian Jost bei „O.P.“ aus dem Thema des Stücks macht.

Ochsenbauer begnügt sich nicht nur bei diesem Titel oftmals mit dem hintergründigen Spiel des Tieftöners. Recht selten und manchmal auch nur für einen Wimpernschlag drängt der Bassist Ochsenbauer ins Rampenlicht.

Genießen kann man bei dem Titel „Mraz“ das samten klingende Flügelhorn Claus Reitstallers. In seinem Schatten agiert Sokal auf seinem Saxofon. Hm, das klingt ja fast nach einem Duett von Sopransaxofon und Flügelhorn, oder? Man verspürt beim Zuhören ein Stück der nahezu unendlichen Weite, ein Dahingleiten und ein Schweben.

Lust auf ein Tänzchen, auf einen Hüftschwung und schnelle Schritte? Kein Problem, da Ochsenbauer und Co. auch Chuck Israels „Descapolypso“ im Programm haben. Copacabana und Rum Barcadi gefällig? Karibik-Feuerwerk und Sonnenschein gibt es obendrein – jedenfalls für die, die ihre Fantasie ein wenig ausufern lassen. Wem dieser Titel nicht ins Blut geht, dem ist einfach nicht zu helfen.

„Omicron“ erhält von Ochsenbauer und Co. eine Trompeten-Klangfarbe als Beigabe. Dabei klingt der Titel dann auch ein wenig nach kleiner Big Band mit dem entsprechenden Sound, insbesondere wenn sich Sokal und Reitschaller im Spiel vereinen. Auch ein Schlagzeugsolo ist bei diesem Titel integraler Bestandteil – eher eine Seltenheit bei derartigen Aufnahmen, die ja mit Zeitvorgaben entstehen.

Tief in der Kiste der Jazzgeschichte haben Ochsenbauer und Sokal gesucht und sind fündig geworden. Mit ihren Arrangements und Interpretationen sieht man dann auch Mingus und Konsorten mit ganz anderen Augen; nein, hört man sie mit ganz anderen Ohren.

© ferdinand dupuis-panther

Informationen

Laben

www.alessarecords.at

Musiker

www.ochsenbauermeetssokal.de

Audios

Farewell, Farwell by Charles Mingus
https://www.youtube.com/watch?v=IiMR8fZT2H8

Gentle Art Of Love by Oscar Pettiford
http://www.notreble.com/buzz/2014/05/22/oscar-pettiford-and-attila-zoller-the-gentle-art-of-love/

O.P. by Charles Mingus
https://www.youtube.com/watch?v=Nb6_M0Pe744


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