Nick Garbett Quintet - Lontano
N
ABC Jazz
Der australische Trompeter und Flügelhornist Nick Garbett, Gewinner des renommierten australischen Musikpreises Freedman Fellowship 2018, hat alle Titel des vorliegenden Albums komponiert. Zu seinem Quintett gehören bekannte Jazzmusiker von Down Under wie Peter Farrar (C melody and alto saxophones), Daniel Pliner (piano), ARIA and AIR Award winner Jonathan Zwartz (double bass) und James Waples (drums). Mit diesen Musikern hat Garbett bereits in den letzten 15 Jahren zusammengearbeitet. Geschrieben wurden die Kompositionen des Albums im Winter 2018/19, während Garbett auf der italienischen Insel Lampedusa lebte. Das raue Winterklima und die zerklüftete Insellandschaft waren Inspirationen für eine der fünf Kompositionen des Albums: „Lontano“.
Übrigens Nick Garbett ist auch Mitglied der australischen Band The Vampires und zudem The Strides, die mehr in Richtung Reggae ausgerichtet ist.
Zu hören sind auf dem aktuellen Album nachstehend genannte Titel: „Lampedusa“, „Bendalong“, „Lontano“, „Rabbit Island“ und „Wal‘s Peace“.
Bei einem ersten Anhören des Albums drängt sich der Eindruck auf, dass Parker, Coltrane und Miles einen nicht unwesentlichen Einfluss auf Nick Garbett gehabt haben müssen. Es scheint so, als würden Bop, Cool Jazz und Modern Jazz in gewisser Weise zu einem sehr schmackhaften Cocktail gemixt zu werden. Trugbild oder Wirklichkeit?
Aufgemacht wird das Album durch ein Trompetensolo Garbetts, beinahe hymnisch klingend und die unverstellte Natur beschwörend. Der Saxofonist Peter Farrar gibt auf Garbett eine Antwort mit geschwungenen Linien. Dabei scheint es um Aufbruch und Grenzenlosigkeit zu gehen, auch wenn das Cover des Albums mit seiner hochalpinen Gebirgslandschaft eher Enge und Eingeschlossenheit suggeriert. Bisweilen gibt es auch elegische Momente zu erleben, insbesondere bei dem lyrischen Spiel des Pianisten Daniel Pliner. Dabei führt er uns auch durch gurgelndes und sprudelndes Klanggewässer. Nachhaltig bleiben jedoch die Solopartien Garbetts im Gedächtnis haften. Er spielt das sanfte Hohelied dieses Instruments.
Bei „Bendalong“ meint man, dass die Welt der oben genannten Ikonen sehr nahe ist, also durchaus Bop und Cool Jazz. Zugleich aber fühlt sich der eine oder andere Hörer auch an Cannonball Adderleys Jazzauffassungen erinnert. Vom Charakter her ist dieses Stück gänzlich der Schwere enthoben, die „Lampedusa“ ausstrahlt. Gäbe es einen riesigen Bläsersatz als Teil des Arrangement, so könnte man außerdem meinen, Fela Kuti würde im Geist mitspielen. Beeindruckend ist das tief getönte, vor Energie strotzende Spiel des Pianisten, der sich auch im perlenden Diskant wiederfindet. Weiche Konturen zeichnet der Saxofonist teilweise in den Klanghimmel. Dessen Spiel ist frei von der sonst üblichen überbordenden Rotzigkeit von Saxofonisten. Gewiss, leise ist das Saxofon nicht; es scheint in einem tänzerischen Kokon eingewirkt.
Durchdringend, gleichsam eine Nebelbank durchbrechend, so kommt Nick Garbett mit seinem Trompetenklang in „Lontano“ daher. Vorstellungen von Weiten der Ozeane drängen sich auf, von Sprühregen der sacht niedergeht. Zugleich stellen sich symbolistische Gemälde von menschenleeren Landschaften ein, von im Nebel versinkenden Städten, von Mooren, über die Nebelfetzen gleiten. Ist da nicht auch Glockengeläut zu vernehmen, wenn man genau auf das Spiel des Pianisten achtet? In den Passagen des Saxofonisten mag man ein Klagelied ausmachen und fragt sich, wer wohl zu beklagen ist.
Fragen treten auch bei dem Titel „Rabbit Island“ auf: Welche „Kaninchen-Insel“ hatte Nick Garbett im Sinn, die neuseeländische, die japanische oder die zu Hawaii gehörende? Abgesehen von dieser Frage ist festzuhalten, dass bei dieser Komposition auch eine Melange zwischen New Orleans Jazz und den Klangbildern der Adderley Brothers vorhanden ist. Mit „Wal‘s Peace“ findet das aktuelle Album dann seinen Abschluss. Stilistisch scheint sich Nick Garbett hier tief vor Miles Davis zu verneigen, oder?
Text © ferdinand dupuis-panther
Informationen
ABC Music
https://www.abcmusic.com.au
Nick Garbett
https://www.nickgarbettmusic.com
Besetzung
Peter Farrar, alto and C melody saxophones
https://www.facebook.com/freedmanfellowships/posts/freedman-jazz-finalist-peter-farrars-playing-encompasses-improvised-music-jazz-e/882924758411327/
Daniel Pliner, piano
https://www.facebook.com/daniel.pliner
Jonathan Zwartz, double bass
https://en.wikipedia.org/wiki/Jonathan_Zwartz
James Waples, drums
http://australianjazz.net/2011/10/qa-with-james-waples-nja-finalist-2011/