Nadje Noordhuis/James Shipp – Multitudes

Nadje Noordhuis/James Shipp – Multitudes

N

Little Mystery Records

Im O-Ton hören wir mehr über die Zusammenarbeit zwischen der australischen Trompeterin Nadje Noordhuis und dem us-amerikanischen Vibrafonisten James Shipp, die für das vorliegende Album nicht zum ersten Mal zusammenspielen: “We had made Indigo by taking the pure duo, where maybe there was a synth going or a little bit of percussion happening, but it was pretty much me playing vibes and Nadje playing trumpet and flugelhorn,” said Shipp. “After we made it, we said, ‘Oh it would be cool if this song had bass, and this song had a repeated pattern in the melody.’ I had it in my head that it would be great to write an album where we planned to make a large ensemble record that’s just made of layers of Nadje and me.”

Blechbläser trifft auf einen Vertreter der Schlagwerkinstrumente. Das ist überaus reizvoll, zumal damit ein breites Klangspektrum ausgereizt wird. Zu Beginn scheint es wohl so, dass Nadje Noordhuis ihre Stimme am Flügelhorn erhebt, derweil die eher kristallinen Klänge des Vibrafons darauf reagieren. Und im Hintergrund gibt es noch einen Klangteppich zu erleben, der Resultat von Samplings ist. „Snow Line“, so der Eröffnungstitel, wurde von James Shipp komponiert, der sich mit Noordhuis das Schreiben der Stücke für das aktuelle Album geteilt hat. Dabei vereint sich Samtenes mit Kristallinem, Fragilem.

Zu Beginn von „These Days“ (N. Noordhuis) vernimmt man ein Stakkato-Klick-Klack. Handelt es sich dabei um ein präpariertes Marimbafon oder um Synth-Effekte? Geklatsche wird auch noch im Verlauf des Stücks beigefügt. Und dazu vernehmen wir den scharfzüngigen Klang der Trompete. Und was ist das denn? Harfenklänge oder Klangstäbe, die erklingen? Beim weiteren Hören meint man, man erlebe eine Filmmusik zu ausgedehnten Landschaften von Flusssystemen und Gebirgsketten, oder? Ach ja, stimmliche Additive haben die beiden Musiker ihrem Stück auch hinzugefügt.

„Multitudes“ klingt so, als wäre Perkussives mithilfe von Plastikrohren gemeinsam mit dem weit hallenden Klang der Trompete zu vernehmen. Dabei wiederholt sich das Perkussive so, wie die Beats in Techno. Hingegen ist das Spiel von Noordhuis eher erzählerisch angelegt. Kontrastreich ist das richtige Beiwort für diesen Track.  Vermutlich sind die perkussiv anmutenden Klangläufe Ergebnis des Spiels auf dem Mellotron, der analogen Urform des Samplers.

„Lumino“ lebt von den rhythmischen Beigaben und den metallischen Klängen des Vibrafons. Hinzugefügt ist wohl der Klang einer gedämpften Trompete, oder? Dabei treffen die „Glockenklänge“ des Vibrafons auf einen samten klingenden Blechbläser. Ab und an hat man gar den Eindruck Shipp würde Steel Drums spielen und damit die Klangfärbung aufhellen. Doch dem ist nicht so.  Xylofon oder doch nicht – das ist Frage bei den ersten Takten von „Candlestick Carol“.  Nein, es ist wohl der feine diskante Klang des Vibrafons. Derweil spielt Noordhuis einen Blechbläser, der gelegentlich an eine Bassposaune erinnert. Dank des Spiels von Shipp vermeint man, vor seinem geistigen Auge tanzendes Kerzenlicht zu sehen. Die beiden letzten Stücke des Albums sind Kompositionen der Trompeterin, einerseits „Rainbow“ und dann zum Abschluss sehr treffend „To Say Goodbye“.

Wie auch zuvor scheint das Streben des Duos Shipp-Noordhuis darauf gerichtet, die Schönheit des Melodischen zu zelebrieren. Dabei scheinen sie ein Tuch aus Klangfäden zu weben, das den Hörer einhüllt.  „Rainbow“ hat durchaus Anmutungen eines Chorals, also scheint durchaus auch sakrale Musik aufzunehmen. Wird Noordhuis dabei etwa von Fagott-Klängen begleitet? Wahrscheinlich kann man solche Klänge auch auf einem Synth erzeugen. Der Charakter des Stücks als eher sakral löst sich aber durch das Solo des Vibrafonisten und des Orchestralen gegen Ende gänzlich auf. Da scheint dann auch ein wenig Hard Bop mit im Spiel, oder? Getragen ist ein Adjektiv, das sehr treffend den Charakter von „To Say Goodbye“ erfasst. Zugleich wird der eine oder andere Zuhörer an den Klang eines Posaunenkirchenchors denken müssen, bei dem der Solist seine Stimme zur Klavierbegleitung (?) erhebt.

© fdp2023


BANDCAMP

Line-up

Nadje Noordhuis - trumpet, flugelhorn, vocals, piano, mellotron, recorder
https://www.nadjenoordhuis.com

James Shipp - vibraphone, marimba, synthesizers, percussion, piano, mellotron
https://jamesshipp.com

Tracks
1. Snow Line (Shipp)
2. These Days (Noordhuis)
3. Multitudes (Shipp)
4. Lumino (Noordhuis)
5. Candlestick Carol (Shipp)
6. Encantamento (Noordhuis and Shipp)
7. Run Together (Noordhuis)
8. Flanked (Shipp)
9. Rainbow (Noordhuis)
10. To Say Goodbye (Noordhuis)


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