Stephan-Max Wirth Experience - max’s tracks
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M
Bos Records
Vom Saxofonisten Stephan-Max Wirth lesen wir auf der Innenklappe des Covers: „Komponist und Instrumentalist zu sein, die eigenen Werke selbst auf der Bühne zu interpretieren, kann Fluch und Segen zugleich sein, für mich ist es einfach nur fantastisch. Mit Jaap, Bub und Florian ist die Verwirklichung meiner Kompositionen das Schönste auf der Welt“.
Wie auf dem Album „Printemps Fatal“ sind auch bei den jüngst veröffentlichten Live-Aufnahmen nachstehend genannte Musiker dabei: der Gitarrist Jaap Berends, der Bassist Bub Boelens und der Drummer Florian Hoefnagels. Ja, aufgenommen wurde ein Konzert im Jazzclub Schlot (Berlin) . Dieses fand am 11. November 2023 statt und liegt nun zum Nachhören vor. Es ist ein Album, das Titel wie „Kamsin“, „TimTim“, „Mediterranean Lovesong“, „Blues Maschine“ und „Printemps Fatal“ enthält, die auch auf dem Album „Printemps Fatal“ zu finden sind. Einzig live neu eingespielt wurde als zweites Stück auf dem aktuellen Live-Album „Ellipse“.
Eröffnet wird das aktuelle Live-Album mit „Blues Maschine“. Zu steten Schlagwerkschritten erhebt sich gleichsam aus der tiefe eines Kathedralenbaus die Stimme des Saxofonisten. Blechrausch überzieht den Hörer, derweil der Saxofonist und der Gitarrist im „Duett“ feinste Klanglinien hören lassen. Im Verlauf des Songs engagiert sich Stephan-Max Wirth mehr und mehr, nehmen uns dichte Sopransaxofon-Klänge gefangen, ehe dann der Gitarrist ein Saiten-Feuerwerk entfacht, in allerlei Farben entfacht. Dabei bewegt sich Jaap Berends durchaus im Kanon von Blues und Rhythm’n Blues. So muss man bei diesen Passagen an Musik von Ten Years After, von Jeff Beck und anderen Vertretern des Genres Blues in den rockigen Varianten denken.
Raum für ein Solo des Drummers gibt es als wesentlichen Bestandteil der „Blues Maschine“ auch. Das schließt übrigens auch „Blechgestäube“ mit ein. Und am Ende ist es dann der Saxofonist, der das musikalische Thema zu einem Ende bringt. Beifall war dem Quartett gewiss.
Einer musikalischen Gouache gleicht „Ellipse“. Dabei hören wir die „Balladen-Stimme“ des Saxofonisten. Welche Geschichte erzählt er uns? Gewiss führt er uns nicht in die Gedankenwelt der Geometrie ein, auch wenn das der Titel des Stücks suggeriert. Eher müssen wir bei den Passagen, die Wirth ausbreitet, an sanfte hügelige Landschaften in der expressionistischen Malerei denken, auch an die blautönigen Landschaften Ferdinand Hodlers. Außerdem blitzt das Bild von naiv gestalteten Dschungellandschaften auf, die uns Henri Rosseau hinterlassen hat. In dem Gebläse von Wirth werden wir mehr und mehr eingefangen, scheinen wir mitgenommen auf eine Reise, klanglich wie auch bildlich. Als ob wir einen Fliegenden Teppich bestiegen haben, so werden wir in Windeseile zu den entlegensten Winkeln dieser Erde gebracht. Und wieder ist es der Schlagzeuger, der mit einem Solo für ein Intermezzo bzw. Interlude sorgt, das sich von der „Eröffnung“ des Stücks deutlich abhebt.
Nervöses Ticketicketocktock dringt an unser Ohr. Dann ist es am Gitarristen und am Bassisten uns als musikalische Reiseleiter an die Hand zu nehmen. Gemäßigt ist das Tempo, eher leise Töne werden angeschlagen. Es klingt nach Ruhepause und Abspannen von einer ereignisreichen Reise. Gegen Ende ist es der sonore Saxofonklang, mit dem die musikalische Reise ihren Abschluss findet. Ja, da ist auch wieder das Zentralthema des Stücks vom Anfang zu vernehmen. So schließt sich die musikalische Rahmung.
„Kamsin“ kommt orchestral daher, atmet Fusion und Tiefgang. Schrille Tongebungen verbreiten sich im Raum, dank an Stephan Max Wirth. Sein Spiel schwankt zwischen Entladung und Entspannung, scheint impulsiv und expressiv. Zugleich ist eine „orientalische Einfärbung“ nicht zu überhören. Man meint, auf dem Djemaa el Fnain Marrakesch unter Gauklern, Musikern und Schlangenbeschwörern zu sein. Auf diesem ist auch eine Jazz-Rock-Band aus Europa unter den Musizierenden, nämlich Stephan-Max Wirth Experience, so könnte man sich gut vorstellen. Ein besonderer Hinhörer sind die Wau-Wau-Passagen des Gitarristen, der eben auch Fusion und Jazz Rock bedient. Zugleich aber sind die Harmonien mit einem Hauch Orient versehen. Große Gelassenheit und ein Eintauchen in die innere Mitte strahlt „TimTim“ aus, ausgestattet mit einem sehr beeindruckenden Saxofonsolo. Dieses ist getragen, auch ein wenig wehmütig klingend. In Frühlingsfarben getaucht ist das Spiel des Gitarristen, der sich als führende Stimme des Stücks mit dem Saxofonisten ablöst. So entsteht ein feines Klanggewebe, in das wir uns fallen lassen können. In südliche Gefilde entführt uns das Quartett um Stephan-Max Wirth mit „Mediterranean Lovesong“, ehe der Live-Mitschnitt mit „Printemps Fatal“ abgerundet wird.
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Info
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