Myrddin - Rosa de Papel
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Zephyrus Rec., Zep 026
Myrddin, ursprünglich schon früh an der Klarinette und am Schlagzeug ausgebildet, entdeckte mit 14 Jahren den Flamenco, der ihn seither nicht mehr losgelassen hat. Auf dem vorliegenden Album ist er bei „Altai“ und auch bei „Secondo Amor“ im Duett mit dem belgischen Pianisten Jef Neve zu hören. Bei anderen Kompositionen wie „Rosa de Pale“ hört man am Saxofon Michael Campagna, am Bass Alain Pérez, der auch als Sänger von sich Reden macht, und Manu Masaedo gleichfalls Gesang, aber auch Percussion, schließlich noch Ana Llanes, die zu dem Titel tanzt. „Tiriti Tran Roxane“ spielte Myrrdin zusammen mit dem Gitarristen Niño de Pura ein. „Nu Naine“ demonstriert hingegen als Solostück den ausgeprägten Spielwitz von Myrddin.
Bei „Altai“ stößt die Flamencogitarre auf einen präparierten Flügel, dessen Saiten teilweise im Korpus angeschlagen und gezupft werden, ehe dann Jef Neve in einen dramatischen Tastenduktus verfällt. Sein Tastenspiel nähert sich dabei dem Flamencorhythmus an. Hintergründig agiert derweil Myrddin, stets auf Flamenco eingestellt. Jef Neve wechselt im weiteren Verlauf auch wieder zurück in das Anschlagen der gedämmten Saiten im Korpus seines Tasteninstruments – und dann herrscht Stille.
Aus der Feder Myrddins stammt „Alma de la niebla“, bei dem die Finger wieselflink die Bünde wechseln und die Schlaghand gekonnt agiert. Ist da eine Udu mit im Spiel, wenn der Perkussionist Manu Masaedo auch ins Spiel einsteigt? Verführerisch klingt die Flöte, die Michael Campagna spielt. Das erinnert uns dann auch ein wenig an höfische Musik. In Gedanken sehen wir beim Zuhören Tänzerinnen in weiten Rüschenröcken und Hochsteckfrisuren. Mal geht es rechts herum und mal links. Quicklebendig zeigt sich Myrddin an seiner Sechsaitigen, vorherrschend rhythmisch agierend. Danach hört man erneut eine frohlockende Flöte, die sich der „Seele des Nebels“ widmet, so die Übersetzung des Titels.
Poetisch mutet der Titel an, liest man „Mi corazon es como una flor“ - mein Herz gleicht einer Blume. Hört man Myrddin, so denkt man, er habe mal eine der Etüde von Sor rasch umgeschrieben und spiele sie zudem in einem Höllentempo. Nein, wer einen Herzschlag wie in der Frequenz hat, in der die Saiten angeschlagen werden, der dürfte kurz vor dem Kollaps stehen. Welche Überraschung dieses Stück für uns zudem bereithält, erhellt sich beim weiteren Zuhören, denn da singt Koen De Cauter nicht etwas auf Spanisch, sondern in Flämisch. Flämische Volksweise trifft somit Flamenco - so könnte man es verkürzt sagen.
Auch ein Chanson des bekannten französischen Chansonniers Georges Brassens hat Myrddin zusammen mit Jef Neve am Piano arrangiert: „Trompetas de la fama“.
Was aus einem Chanson entstehen kann, zeigen die beiden Musiker, die in unterschiedlichen musikalischen Genres Zuhause sind. Im Original begleitet sich Brassens in einem Schrammelduktus auf der Gitarre.
Also Vorhang auf für Myrddin/Neve: Flamencorhythmus ist das Erste, was wir wahrnehmen, und dann ein brillantes Fingerspiel. Brassens Gesangsduktus ist kaum wiederzuerkennen. Myrddin umgarnt die Melodie geschickt, ehe dann Jef Neve Brassens Melodie mit starker Akzentuierung der Basshand aufnimmt. Gefolgt wird dies von einer Improvisation, die die Ursprungsmelodie nur noch schemenhaft erscheinen lässt. Die Rolle des Schlagwerks übernimmt derweil der sehr rhythmisch aufgelegte Myrddin. An unser Ohr werden Klangwellen gespült, bei denen wir nicht mehr still sitzen können. Gegen Ende des „verwandelten Chansons“ ist es dann an Myrddin die Melodielinie auf seiner Gitarre anzuspielen.
Kommen wir nun, nachdem wir uns „Aire de nocturno“ und dessen leicht orientalischer Einfärbung hingegeben haben, zum Solostück „Mu Naine“: Ohne zu wissen, was sich eigentlich hinter dem Titel verbirgt, gab sich der Rezensent schlicht dem tonalen Wellenschlag hin, dachte an den sanften Wind, der das Wasser zum Kräuseln bringt, dachte an weiß getünchte Windmühlen, deren Segel den Wind einfangen, dachte an Andalucia, an Patios mit Palmen und Geranien und an mediterranen Lebensstil mit und ohne Flamenco.
Zum Abschluss des Albums präsentieren uns Myrddin und Jef Neve dann eine zweite Liebe. Jef Neve ganz in der Tradition des Pianojazz abseits von Oscar Peterson, Bill Evans und Thelonious Monk, eher klassisch orientiert und auch von seinem Mitspieler bezüglich des Duktus beeinflusst. Dabei spielt sich Neve frei, auch und gerade in ausgedehnten Improvisationen, bei denen sich die Gitarre in ein Rhythmusinstrument verwandelt.
Fazit: ein abwechslungsreiches Album, wenn auch nicht unbedingt etwas für Jazzpuristen, aber …
Text © ferdinand dupuis-panther
Press Infos by Zephyrus Rec.
Myrddin is a phenomenon in the Belgian music scene. Born in a musical family, he learned from a very young age to play the clarinet (mainly jazz and Gipsy style) and the drums. At age of fourteen he discovered the flamenco guitar and was bitten by the richness and originality of this musical culture. After learning the fundaments from his father and studying classical guitar in Belgium he went to Spain to take master-classes by some of the greatest names of flamenco: Manolo Sanlucar, Gerardo Nuñez, Rafaël Riqueni, Enrique De Melchor…
Through the years Myrddin mastered a phenomenal technical virtuosity but his first concern has always been the depth of his music. It is probably this variety of interests and influences that created his original and unique style of contemporary flamenco. After beginning as (mainly) a solo artist he released in 2000 his first CD 'Imre' (MAP Records) and became a household name in the flamenco world of Belgium. In 2006 his second album 'Novar' (Munich Records) was released. Since then he's also been arranging a lot and he's making name as a composer of contemporary classical music with some big projects under his name (Arriaga String Quartet). Since his second CD Novar Myrddin is without doubt one of the protagonists of the Belgian flamenco-scene.
In september 2009 Myrddin released his third album Lucía Nieve on Zephyrus Records. Myrddin continues on his quest to conquer the world with his unique interpretation of flamenco. Lucía Nieve further emphasizes his status as virtuoso musician and blessed compositor in bulerías, guarijas, siguiriyas, soleá por bulerias, rumba and farruca. You can also here the sound of the Slovenian fujara, the voice of Belgian-Puertorican popstar Gabriel Rios, the violin of Michael Bezverkhny and fragments from the 6à-minute piece Kundalini which he recorded during summer 2009 with more than ten world and jazz musicians in order to fulfill one of his dreams - to create music that doesn't stop.
Information
Label
Zephyrus Rec.
http://www.zephyrusvzw.be