Mimi Verderame – Wind
M
prova records, PR 1104-CD16
Mit dem Drummer Mimi Verderame, dem Pianisten Nicola Andrioli, dem Trompeter Carlo Nardozza und dem belgischen Saxofonisten Kurt Van Herck sowie dem jahrelangen musikalischen Wegbegleiter des belgischen Gitarristen Philip Catherine, dem Bassisten Philippe Aerts, segeln wir mit dem Wind nach Andalusien und geben uns schließlich auch dem Blues#4 hin.
Dem einstigen Hort des friedlichen und fruchtbaren Zusammenlebens dreier Weltreligionen widmet Verderame sein erstes Stück auf demaktuellen Album: „Andalucia“. Die Zeiten, da maurische Herrscher für Andalusiens Blütezeit sorgten, sind längst vorbei. Geblieben sind die Bauzeugnisse jener Zeit und bis heute ist Andalusien auch das Mekka des Flamenco. Doch weder Flamencorhythmen noch orientalische Klänge verbinden sich bei der Komposition von Verderame miteinander. Hören wir das Stück, so scheinen Nat und Cannonball Adderley im Geiste anwesend zu sein. Geprägt wird der Sound des Stücks von den beiden Bläsern der Combo, vom Tenorsaxofon (Kurt van Herck) und von der Trompete (Carlo Nardozza). Letzterem verdanken wir ein klangvolles Solo, das durchaus auch wie das Hufgetrappel stolzer Rösser anmutet. Stark im Duktus ist das Spiel des Pianisten Nicola Andrioli, der zeitweilig auch Fender Rhodes spielt. Derweil gibt Mimi Verderame mit kurzen Schlägen das Tempo vor. Im Laufe des Stück emanzipiert sich die Rhythmusgruppe mehr und mehr. Trompete und Tenorsaxofon haben zu schweigen, während der Pianist in Klangströme eintaucht. Schließlich heißt es dann aber tutti und dann geben die Bläser „Andalusien“ ein ganz eigenes Gesicht, fernab von Kastagnettenklang und Stierkampfarena. Nach der ersten Komposition, die Nikola Andrioli zu verdanken ist, hören wir mit „reconciliation“ eine Komposition aus der Feder Verderames. Das Duett von Gitarre und Saxofon verspricht dabei die erhoffte „Aussöhnung“. Bedächtig schwappt dabei eine sanfte Klangwelle an unser Ohr. „Küstenwind“, „Wellengang“ oder „Die Stadt erwacht“ wären angesichts der Melodie und der Harmonien gleichfalls denkbare Titel für Verderames Komposition. Bei „Aussöhnung“ denkt man an vorherigen Streit und an Widerspruch, aber diese fehlen musikalisch völlig. Man hört keinen Widerstreit von Saxofon und Trompete oder von Bass und Gitarre. Doch für Mimi Verderame bietet sein eigenes Stück die Chance eines ausufernden Solos, das vom Bass unterstützend begleitet wird. Es scheint, als würden wir dabei zu einer Reise auf einem fliegenden Klangteppich eingeladen.
Mit „wind“ bringt uns Verderame eine weitere Komposition aus seiner Feder zu Gehör. Obgleich man bei dem Titel eher wohl Windgeräusche der Bläser erwartet, eröffnen die Trommelwirbel das Stück. Erst im weiteren Verlauf ertönen Trompete und Saxofon, eher tosend, ehe dann der Bass galoppierendes Gezupfe hören lässt. Zwischentöne steuert dabei der Pianist bei, allerdings beinahe aus dem Off. Ob man den Titel „wind“ passend findet, liegt im Ohr des Zuhörers. Man könnte sich die Musik auch gut und gerne als Untermalung eines Radrennens in einem Velodrom vorstellen oder aber zu einem Parforceritt über Stock und Stein. Zum Schluss bekommen wir noch einen den Blues verpasst. Es ist der „Rausschmeißer“ des aktuellen Albums. Doch wer einen typischen Blues im Sinne von B. B. King oder John Lee Hooker erwartet, der wird nichts davon wahrnehmen, wenn Verderame und Co. den Blues spielen. Mit sprudelnder Wucht entladen sich die Klavierpassagen, auf die Philippe Aerts mit seinem Tieftöner reagiert. Im Hintergrund wirbelt Verderame derweil an Becken und Trommeln und unterstreicht dabei sein Können am Schlagwerk.
© ferdinand dupuis-panther
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