Mikkel Ploug Trio – Hope
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Songlines
“Ploug is part of a generation of guitarists who absorbed as much from Radiohead as they did from Bill Frisell, so while there is all the openness and adventure of an improviser with his own distinctive language, it is informed by a more rugged, indie-rock sensibility, driven forward by Carpio’s subtle, ever-changing grooves.” So schrieb Cormac Larkin in der Irish Times.
Lesen wir mal einige Ausführungen des Kopenhagener Gitarristen Mikkel Ploug zum Album: “Often I’m following a harmonic subject of interest, or maybe a small, curious bit of melody that I then gradually develop and let unfold. But a song like ‘Chant’ for example is actually a solo improvisation from a solo church gig that I happened to be able to remember afterwards and made it into a tune. I need some structure or alternative composing methods to get outside of my comfort zone, which is writing one-page tunes. ‘Daybreak’ is another piece that came together differently. It’s partly a study in extreme tension, with piercing melody notes outside the key. The whole B section is a transcription from another church solo improvisation that I happened to get on video. …“.
Der Tag beginnt, das Album beginnt, mit „Daybreak“: Nachhaltig ist die Rhythmik des Stücks, das mit wiederholenden Fragmenten daherkommt. Linien des Klangs werden angestimmt, abgebrochen und erneut aufgegriffen. Die Gitarre ist eine Gitarre jenseits von allerlei elektronischem Firlefanz, den es in neuesten Produktionen auch zu erleben gibt. Mikkel Ploug verzichtet auf all das. Er tritt dabei eher in die Fußstapfen der Granden des Gitarrenjazz. Das schließt Namen wie Frisell, Scofield, Di Meola und andere mit ein. Bereits das Eröffnungsstück des Album ist ein Wohlklang pur. Lebensfreude strahlt das aus, was wir hören. Flageolett oder nicht – das ist zu Beginn die Frage beim „Winter Lullaby“ mit seiner getragenen Ausformung. Irgendwie scheint das Trio aber auch die sich durch die Wolken drängende Wintersonne einzufangen bzw. einen kristallklaren Himmel bei frostigen Temperaturen. Die Melodie ist überaus einschmeichelnd und „umarmt“ uns als Zuhörer. Im Verlauf des Zuhörens „blitzen“ in unserem Kopf Gemälde mit Wintervergnügen, vor allem Schlittschuhlaufen auf zugefrorenen Kanälen und Seen auf, wie sie für einen Teil niederländischer Malerei typisch sind. Und wofür stehen die Bass-Sequenzen, die im zweiten Teil des Songs zu hören sind?
Der Titelsong „Hope“ ist außerdem zu hören, beschwingt, mit feinsten Melodieschraffuren. Und die Harmonien erinnern teilweise an eine bekannte Songmelodie? Nur welche, das ist die Frage. Irgendwie scheint dieser Song eine starke Nähe zu Singer/Songwriter zu haben. Übermächtig ist das Schlagwerkspiel, das sich wie eine große Welle über die „Klangtröpfchen“ der Gitarre ergießt. Vor Augen hat man das Bild, dass nach einem heftigen Sommerregen sich der Himmel wieder in Himmelblau zeigt. „Tunge Mørke Natteskyer“, ist komponiert von Carl Nielsen und mit „Schwere dunkle Nachtwolken“ ins Deutsche zu übersetzen. Das erwartete traditionelle Volksliedhafte ist nicht vorhanden. Stilistisch fügt sich diese Komposition aus fremder Feder gut in die übrigen Arrangements des Albums ein. Nein es gibt keinen Sing-Sang, sondern eine sehr hörenswerte Gitarrenmusik jenseits von Polka und anderen Volksliedtraditionen.
Wie hört sich wohl der Gesang eines Gitarrentrios an, so fragt man sich angesichts des Kompositionstitels „Chant“. Irgendwie hat dieses Stück auch Elemente von Singer/Songwriter. Die Melodie ist eingängig und kann durchaus mitgesummt werden. Da werden Melodielinien angesetzt und ausgestrichen, angesetzt und ausgestrichen, so als würde man mit einem breiten Pinsel auf einer Leinwand strichweise und informel Farbe an Farbe ausstreichen. Neben dem Begriff Singer/Songwriter scheint in diesem Stück auch die Musik der amerikanischen Folkbarden aus den späten 1960er Jahren durchaus nahe, oder? Und singt da Mikkel Ploug nicht zu seinen Saitenklängen mit? Bass und Drums sind eher zurückhaltend gesetzt, auch wenn der Drummer für viel „Beckenstäube“ sorgt.
„Before“ heißt es zudem auf dem Album, dabei mit leicht hallender Gitarre eingespielt. Da reiht sich Saiten-Lauf an Saiten-Lauf. Hier und da scheint es Anmutungen an eine Etüde zu geben, oder? Und noch etwas ist hervorzuheben: Mikkel Ploug ist solistisch zu erleben! Wer auch immer „Danilo“ ist. Ihm wurde auf dem Album auch ein Stück gewidmet. Aufgrund der starken „Berieselungen“ mit vibrierenden Blechen und dem Duktus des Gitarristen hat dieses Stück nicht nur lyrische Linien, sondern auch ein wenig „Soft Rock“. Feine Umspielungen, die kleinen Wasserstrudeln gleichen, gelangen an unsere Ohren. Darüber liegt das „Drumming-Gestäube“. Die Gitarrenpassagen, die Mikkel Ploug spielt, haben etwas von Transparenz, scheinen Lage um Lage gesetzt zu sein. Additionen von Klangbausteinen werden uns präsentiert. Und schließlich gleicht das Ende einem perlenden Fluss des Klangs. Der Ausklang des Albums lautet „Summer Song“ mit mitreißender, lyrischer Melodie. Welch ein Ausgang für ein Album!
© ferdinand dupuis-panther (2025)
Musicians:
Mikkel Ploug guitar
Jeppe Skovbakke bass
Sean Carpio drums
Tracks
Daybreak
Winter Lullaby
Hope
Tunge Mørke Natteskyer - Carl Nielsen
East West
Chant
Before
Tit er jeg glad - Carl Nielsen
The Star-Crossed Lovers - Billy Strayhorn/Duke Ellington
Danilo
Summer Song
All compositions by Mikkel Ploug except those with an indication of another composer
Interview
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