Mick Rossi – Drive (fdp)
M
Supertrain Records
Die Aufnahmen zu diesem Album entstanden im Museum of Modern Art in New York. Es ist ein Soloprojekt des Komponisten und Pianisten Mick Rossi, der auch im Philip Glass Ensemble und der Paul Simon Band spielt. Er ist in gewisser Weise ein Grenzgänger zwischen Klassik, Jazz und freier Improvisation. Dabei ist auf dem vorliegenden Album der sehr starke klassische Einfluss nicht von der Hand zu weisen.
Die eingespielten Kompositionen tragen Titel wie „Redshift“, „Clamor“, „Strobe“. „Whatever“ und „Drive“. Dabei lässt Rossi seine Stücke reifen, scheint durchaus dramatische Inszenierungen aufzuführen und auch ausgefeilte Erzählungen zu präsentieren. Auffällig ist eine ausgeprägte Basslastigkeit der Kompositionen. Zugleich aber versteht es Rossi ähnlich wie in der „Symphonie mit dem Paukenschlag“, energiegeladene Akzente zu setzen.
Klangliche Stromschnellen zeichnet er vor unseren Augen. Untiefen lässt er entstehen. Gefährliche Strudel tun sich auf, so wie in „Clamor“. Alles scheint im steten Fluss, schnell, Hindernisse mitnehmend. Teilweise scheint die Führung der einen Hand die der anderen zu „jagen“. Hohe Register sind eher eine Seltenheit. Das Tasteninstrument wird ähnlich wie bei Bojan Z auch zum Perkussionsinstrument bzw. Schlagwerk.
Gezupfte Saiten sind wahrnehmbar und dazu ein „nervöses Schlagwerk“. Hin und wieder werden wir an den Klang eines hochgestimmten Hackbretts erinnert. Mitreißende Dynamik ergreift den Zuhörer. Alles scheint zum Titel „Clamor“ zu passen, in der deutschen Übersetzung: Gezeter, Lärm, Aufschrei.
Getragen und im schwermütigen Bass ruhend beginnt „Strobe“ (dt. „Abtasten“). Die „dunkle Erdigkeit“ behält Rossi im weiteren Verlauf bei, setzt aber ab und an auch feine Gegengewichte. Wäre es unangebracht, einen Vergleich mit einem Requiem zu ziehen? Nun ja, man könnte die Klangfarben auch als Donner und Unwetter interpretieren. Auch der Begriff von Klangmuren wäre durchaus möglich. Würde man einen Film über Arnold Böcklins Schaffen inszenieren, man könnte „Strobe“ durchaus als Musik zur Untermalung des Gemäldes „Die Toteninsel“ wählen.
Nahezu heiter und mit romantischen Anmutungen kommt „Whatever“ daher. Es ist übrigens die Komposition mit der kürzesten Laufzeit auf dem vorliegenden Album. Zum Schluss hören wir „Drive“: Eine Klangwalze ergießt sich mit Macht. Man könnte auch bildhaft von einem Lavastrom reden, der sich ins Meer ergießt. Das Unaufhaltsame spielt sich vor unseren Augen ab. Energiefluss macht sich breit. „Vorwärts“ scheint das dominierende Motto. Höhere Register sind nicht oder nur sehr verhalten zu vernehmen; eher muss man an ein basslastiges Grollen denken, hört man Rossi zu. Steuert nicht alles in „Drive“ auch auf ein Unglück, eine Katastrophe zu? Als Zuhörer drängt sich dieser Eindruck zumindest auf.
Text © ferdinand dupuis-panther – The review is not public commons!
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