Michel Bisceglia/Werner Lauscher/Marc Lehan - 20 years recordings (f. dupuis-panther)
M
prova records
Was wir vor uns haben, ist ein „White Album“ mit Gold- und Silberprägeschrift für den Bandnamen und den Albumtitel. Edel schaut das Cover des Albums fürwahr aus, mit dem das Bestehen eines Trios über zwei Jahrzehnte gefeiert wird.
1997 beschloss Michel Bisceglia mit seinen Freunden Werner Lauscher und Marc Lehan, ihr erstes Studioalbum aufzunehmen. Zwei Jahrzehnte später spielt das Dreigespann immer noch zusammen. Stücke aus dem Debütalbum „About Stories“ – an den Aufnahmen waren auch Randy Brecker und Bob Mintzer beteiligt – sind ebenso zu hören wie aus „Inner You“, einem Album, das in Japan ein Renner war. Komponist und Arrangeur der überwiegenden Zahl der Songs ist Michel Bisecglia. Allerdings „Paisellu Miu“ stammt aus der Feder von Rocco Granata und an „Out On Sea“ hat auch Piet Goddaer mitgewirkt.
Remastered wurden nicht nur „All About Stories“, sondern auch „Children's Sphere“. Darüber hinaus wurden bereits bekannte Songs wie „Puccini“, „Jasmine“, „Floating“ und „At Night“ auf dem jüngsten Album des Michel Bisecglia Trio veröffentlicht.
„All About Jazz“ ist nicht nur geprägt durch eine energetische Basslinie, die Michel Bisceglia geschuldet ist, sondern auch durch die weichen Bläserlinien von Bob Mintzer und Randy Brecker. Dabei erweist sich der Wellenschlag des Saxofons dank Bob Mintzer als ein wenig frecher als die doch eher samtene Trompetenstimme von Randy Brecker. Ein gewisses marktschreierisches Auftreten scheint sich zu brechen, wenn nach Bob Mintzer dann Randy Brecker seinen Auftritt hat. Vereint setzen beide Akzente, die Michel Bisceglia mit seinen pointierten Tastensetzungen kommentiert. Begeben wir uns nachfolgend in die „Cydonia Regions“, dann sind wir überrascht, auf dem Mars musikalisch keine dramatischen Verwerfungen oder furiose Feuerstürme zu erleben. Neben nervösem Schlagwerkeinsatz mit viel Beckenverwirbelung hört man ein eher lyrisches Klavierspiel, so als würde man einen Quellbach in seinem Verlauf musikalisch verfolgen. Nur hier und da wird es lauter, scheint ein kurzer musikalischer Strudel wahrnehmbar.
Toots Tielemans, der leider verstorbene Großmeister des belgischen Jazz, nannte Rocco Granatas Komposition „Paisellu Miu“ italienischen Blues pur. Auf der Einspielung hört man Toots mit seinem unnachahmlichen Spiel auf der Mundharmonika. Vor allem Toots fügt dem Stück eine „schwarze Note“ bei, während Michel Bisceglia an seinem Tastenmöbel eher der mit Pianojazz vermischten italienischen Folklore frönt, dabei durchaus auch ein wenig Schwermut transportierend.
Ist der Song „Puccini“ Michel Bisceglias Hommage an den bekannten italienischen Opernkomponisten? Es ist zu vermuten. Operndramaturgie beinhaltet das jedoch nicht. Zwischen Lyrischem und Balladenhaften scheint der Titel zu changieren.
Mit einem Basssolo macht „Floating“ auf, ehe dann Michel Bisceglia sich auf die vorgegebenen fließenden Linien einlässt, die Werner Lauscher konstant beibehält. Über diesen scheinen die Töne zu schweben, die Michel Bisceglia seinem Tasteninstrument mit zehn Fingern entlockt. Dezentes Spiel auf den Trommeln und vor allem Blechen ist Sache von Marc Lehan. Im Verlauf des Stücks wird es im Übrigen auch ein wenig groovy und bedingt funky.
Begeben wir uns anschließend hinaus aufs Meer - „Out To Sea“ -, dann kann man sich zum Melodiefluss durchaus auch den Text eines Singer/Songwriters vorstellen. Die Hörfarben des Songs suggerieren eine See, die nicht aufbrausend und tobend ist, sondern kabbelige, niedrige Wellen aufweist, auf denen man mit einem Segler hin- und herschaukelt. Auch wenn Michel Bisceglia die Linienführung gehört, tragen auch die beiden anderen Musiker ganz wesentlich zur Abrundung des marinen Themas bei. So scheint der Bass als derjenige anzusehen zu sein, der eher die Gefahren des Meeres umreißt, während das Klavier die Lieblichkeit einer beinahe glatten See vermittelt.
Mit „Red Eye“ und einer Einführung von Bisceglia sowie sehr tieftönigen Interventionen von Werner Lauscher macht das letzte Stück des „White Albums“ auf. Eine redundante Basslinie wird im Verlauf von dramatischen Sprungfolgen überlagert. Klangkaskaden ergießen sich, so als ob ein breiter Strom sich mit aller Macht in die Tiefe stürzt. Überaus gelungen ist in diesem letzten Song auch das sehr ausgewogen erscheinende Basssolo.
Text: © ferdinand dupuis-panther
Informationen
Label
prova records
http://www.provarecords.com
Musiker
Michel Bisceglia
http://www.michelbiscegliatrio.com