Michael Aadal Group: Pomona

Michael Aadal Group: Pomona

M

Losen records LOS 158-2

Zu Beginn darf ich aus den Liner Notes, die von David Fishel stammen, zitieren: „Guitarist Michael Aadal is passionate about his instruments and on this musical delight his strings are succulent and his chords command.“ Pomona, der Albumtitel bezieht sich, wie wir aus den Liner Notes erfahren, nicht auf die römische Göttin der Baumfrüchte, sondern auf die Pomona Avenue, Fullerton, Los Angeles. Hier stand in den frühren 1950er Jahren die berühmte Fender Factory. Dass Aadal ein passionierter Fender-Freund ist, verraten nachstehende O-Töne: „I only use solid guitar body guitars on this album. An old Stratocaster and a Telecaster. No arch tops and hollow bodies, which are the guitars most usually associated with jazz music. I wanted a more ‘direct’ and ‘edgy’ sound this time.”

Wer das Album hört, kommt nicht umhin, an Dire Straits, vor allem an Mark Knopfler und sein Kompositionswerk für den Film „Local Hero“, zu denken. Das trifft vor allem auf Harmonien und die Melodieführung der Songs „Leaving“ und „The Border“ zu. Beide lassen sich gut als Untermalung von Filmaufnahmen des herbstlichen Hardangervidda und der Femundsmarka denken. Es ist eine ganz eigene Version des nordischen Klangs fernab von Gabareks „Fjord-Sound“! Über „The Border“ äußert sich der Bandleader mit folgenden Worten: „“This tune really represents what I wanted to say with this album. It’s all about the song and the melody and creating a good collective band sound.”

Um den Gitarristen Michael Aadal haben sich nachstehende Musiker geschart: Gunnar Sæter (Jahrgang 1983) erhielt seine Ausbildung als Schlagzeuger am Konservatorium der Musik, Universität von Agder. Ole-Bjørn Talstad (Jahrgang 1983) ist der Pianist und Organist des Sextetts und ebenfalls Absolvent der Universität von Agder. Er ist außerdem Mitglied des Quartetts The Xing. Den Studienort Agder teilten auch der Bassist Audun Ramo (Jahrgang 1984) und der Pedal Steel Gitarrist Anders Hofstad Sørås. Pedal Steel Gitarre ist ein elektrisches Zupfinstrument mit Kniehebeln und Pedalen, das vor allem in der Country Music seinen Platz hat. Diese besondere Form der Gitarre ist verwandt mit der Lap-Steel-Gitarre (Hawaiigitarre), die Anders Hofstad Sørås auch zu spielen weiß. Mit André Kassen (Jahrgang 1980), der das Tenorsaxofon spielt, schließt sich der Kreis der Musiker um Michael Aadal.

Bereits das Cover des Albums entführt uns nach Skandinavien, in den dortigen Herbst und Winter, auf die Hochflächen und die Berge von Jotunheimen und Rondane, aber auch aufs Hardangervidda. Menschenleere und Weite ist es, die wir erahnen können und bei der Musik der Michael Aadal Group akustisch erleben dürfen. Der Bandleader zeichnet für alle Kompositionen verantwortlich, ob die bereits oben genannten Stücke oder „Ponoma“, „Iceland“ und zum Schluss „Traces“.
Im Wesentlichen werden die Hörfarben von Aadal und Kassen bestimmt, die man in sehr melodiös-erzählerischen Duetten erleben kann. Doch nun zu einzelnen Tracks: „Pomona“ lässt wie der Eröffnungstitel an Mark Knopfler zu seinen besten Zeiten denken. Nein, Dire Straits wird nicht kopiert, aber es ist der musikalische Duktus und auch die musikalische Leinwand, die vor unserem Auge mit einer spezifischen Klangfarbe gefüllt wird. Dabei ist auch Western und Country Music sowie Musik der amerikanischen Westküste nicht fern. Der Hörer versinkt gleichsam in einem samtenen Flokati, der aus ohrschmeichlerischen Tonfäden gestrickt wurde. Man kann an Nordlicht und an knisterndes Feuer, an klirrende Kälte und auch an die Weiten von Arizona und Utah denken, also an zwei verschiedene Landschaften, die knisternde Winterlandschaft des Nordens und die glutheiße Felslandschaft des „Mittleren Westens“. Ob das nun Jazz oder Jazz Rock ist – man denke in diesem Kontext auch an die kontroverse Einordnung von Spyra Gyra –, möge jeder selbst für sich entscheiden. Es ist auf alle Fälle ein Hörerlebnis mit Klangfülle von Saxofon bis Pedal Steel Gitarre!

Mit der norwegischen Band können wir auch eine akustische Reise nach „Iceland“ unternehmen. Lauscht man dem sirrenden Saxofon, dem perlenden Piano und der säuselnden Gitarre so meint man, den Wind über die baumlose Landschaft fegen zu hören. Zugleich vernimmt man rauschendes Wasser. Man hört auch ein fernes Grollen der Geysire, sieht Wolkenbänke vorbeifliegen, wenn sich Saxofon und Gitarre in einem Klangreigen vereinen. Im Hintergrund jault die Pedal Steel Gitarre, so als jaule ein Sturm über dem Atlantik in der Ferne.

Vereint sind Bass und Piano zu Beginn von „Reflections“, ehe auf deren musikalische Einlassungen Michael Aadal und André Kassen antworten, jeder mit der eigenen Klangfärbung. Weiter geht es dramatisch vereint und getrieben vom Schlagwerk von Gunnar Sæter, immer der Reflexion verpflichtet. Es gibt leise und laute Töne zu vernehmen; die leisen Momente sind zum Beispiel wahrzunehmen, wenn sich Bass, Pedal Steel Gitarre und Gitarre im Dreiklang zeigen. Dann jedoch ist wieder Drama angesagt und geballte Klangwucht. Es scheint, als habe sich ein Spielmannszug aufgemacht und wolle alle Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Doch das letzte Wort gehört dem Pianisten Bjørn Talstad. Zum Schluss sind wir auf musikalischer Spurensuche: „Traces“ lautet der Track. Auch das ist ein Hörgenuss pur und eine musikalische Reise auf einem weichen Klangteppich!

Text © ferdinand dupuis-panther

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