Mica Bethea - Suite Theory
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http://www.micabethea.com
Im Jahr 2005 studierte Mica Bethea Musik an der University of Northern Florida in Jacksonville. Auf dem Weg zu seiner Familie erlitt er aufgrund eines schrecklichen Unfalls eine Querschnittlähmung. Unbändig war sein Wille trotz dieses Schicksalsschlages als Komponist und Musiker weiterhin künstlerisch zu wirken. Bethea war zwar nicht mehr in der Lage, ein Instrument zu spielen, aber er konnte sich musikalisch nach wie vor in Kompositionen, die er schrieb ausdrücken, insbesondere im Hinblick auf Big-Band-Klänge und -Arrangements.
„SUITE THEORY“ trägt als Projekt biographische Züge und spannt den Bogen von der Zeit des Unfalls bis heute. Das aktuelle Album enthält ausschließlich eigene Kompositionen, die geschrieben wurden, während Bethea an seinem Masterabschluss arbeitete. Dass überhaupt eine Suite zustande kam, ist auch dem Bassisten Dennis Marks zu verdanken, der Bethea dazu motivierte. Kaum zu glauben, aber das kompositorische Werk, das nun vorliegt, wurde innerhalb eines Monats zu Papier gebracht. Entstanden ist eine Symphonie in vier Sätzen, die jeweils einen Lebensabschnitt von Mica Bethea beleuchten.
Der Name des Albums ist eine Wortspielerei: Die Lieblingsbäckerei von Bethea heißt nämlich „Sweet Theory“ und daraus wurde dann der Albumtitel abgeleistet.
Der erste Satz widmet sich den ersten 21 Jahren seines Lebens. Benannt ist das Stück „Crystal Bay“. Anschließend ist “Destiny’s Boat,” eine Ballade, zu hören. Selbst Saxofonist kann Bethea nun nicht mehr spielen und engagierte Todd Guidice für diesen Part. Den Prozess, sich mit der Lähmung abzufinden, findet man musikalisch umgesetzt im dritten Satz namens „Meniscus“, kurz für “Ambu-Nebukah-Huba-Bubble-Gum-Meniscus.” Entstanden ist ein Songo, eine typisch kubanische Musik. Zum Schluss noch der Hinweis auf den nach einer Star-Trek-Episode benannten Satz namens “Guardian of Forever”.
Das Line-up des Orchesters: Greg Balut, Dave Champagne, Daniel Rollan, Ray Callender (trumpets), Michael Deese, Diego Herrada “de la Vega” Ventura, Lance Reed (trombones), Gina “Badeeduh” Benalcazar (bass trombone), Todd DelGiudice (alto/tenor/soprano sax/flute), Daniel Dickinson (alto/tenor/soprano sax/flute), Juan Carlos Rollan (tenor/alto sax/flute), Jose Rojas (tenor/alto sax/clarinet) , Seth Ebersole (bari sax/bass clarinet), Josh Bowlus (piano/Rhodes), James Hogan (guitar), Dennis Marks (bass), John Lumpkin Jr (drums) und
Terry “Doc” Handy (percussion).
Nun muss man sich ein solches Ensemble nicht als blockhaft vorstellen, sondern aufgelöst und aufgebrochen in Bläsersätzen und auch in Solos. Gewaltiges Tutti zu Beginn von „Crystal Clear“ empfängt uns, mal abgesehen von geballter Bläserkraft, die sich durch den gesamten Satz hindurchzieht, durchaus sehr rhythmisch akzentuiert. Auch ein kurzes Posaunenintermezzo nehmen wir wahr. Lauscht man dem Fortgang des Satzes, dann hat man den Eindruck, dass ein Vorwärts und ein Enteilen auf der Überholspur eingefangen wird. Eingebettet in den Satz ist zudem ein Trompetensolo, das sehr bewegt daherkommt und Aufbruch zu signalisieren
scheint. Darunter mischen sich dann hier und da die anderen Bläser mit aller Macht ins musikalische Geschehen ein. In all dem Blechreigen meldet sich dann der Basstöner, der allerdings nur ein Stimmchen ist unter all den vereinten Bläsern. Abgelöst wird er von einem nervösen Posaunenregen. Aufbrausend erlebt man die Saxofone unterschiedlicher Lagen, auch mal solistisch hervorgehoben. Sie stehen , so der Eindruck, für den Alltagslauf der Dinge und geben sich entspannt.
Mit „Destiny’s Boat“ – davon gibt es auf dem Album noch eine andere Fassung – geht es weiter. Kristalliner Klang dringt anfänglich an unser Ohr, ehe sich beinahe aus dem Off die gesamte Macht der vereinten Bläser entlädt, durchbrochen von feinsten Flötentönen, beinahe mit barocker Anmutung daherkommend.
Im Ansatz hat man bei dieser Komposition auch den Eindruck des Kammermusikalischen. Gewiss, Big-Band-Klang ist vorherrschend, aber auch durchbrochen. Weich gibt sich im Klang die Gitarre, die bildlich gesprochen auslaufende Wellen am Küstensaum einzufangen scheint. Doch auch dieses Instrument muss sich der Allgewalt der Bläser beugen. Ja, das ist wohl klassischer Big-Band-Sound!
Im Nachgang zu „Meniscus“ hören wir dann als „Schlussakkord“ den Titel „Guardian of Forever“: Dabei vereinen sich Bass und Bläser in einer gelungenen Anfangsmelange. Saxofone wetteifern u. a. mit den Posaunen. Und alles mündet in vielstimmigem Tutti, wie stets bei einer Big Band.
Ist nicht da das Altsaxofon alleine auf weiter Flur, das sich entzückt zeigt? Doch man muss nicht lange warten und der Bläserrausch erfasst den Hörer. Auch die E-Gitarre, die sich entäußert, kann nur in kleinen Dosen um Gehör ersuchen. Dann jault und wimmert sie aus vollem Halse. Das Crescendo gehört dann aber nicht ihr, sondern den Bläsern, so wie erwartet. Leise Passagen werden auch eingewebt, auch wenn die Bassposaune mal ihre tiefe Stimme ertönen lässt, für kurze Momente nur. Danach ist eher Broadway angesagt.
Nun, wer das mag, der kommt bei der „Suite Theory“ auf seine Kosten und kann die Musik genießen. Leider kommt die Rhythmusgruppe in all dem Bläsertutti zu kurz. Ähnliches gilt für Rhodes und Gitarre. Kein Wunder, Mica ist von Hause aus Saxofonist und somit wohl eher den Bläsern zugeneigt, was auch in seinen Kompositionen sehr deutlich zum Ausdruck kommt!
Text: © ferdinand dupuis-panther / Der Text ist nicht public commons.
Informationen
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