Matthieu Michel / JC Cholet + Guests - Extended Whispers

Matthieu Michel / JC Cholet + Guests - Extended Whispers

M

Neuklang

Guests: Didier Ithursarry, Accordeon / Heiri Känzig, Kontrabas / Ramon Lopez, Drums

Seit zwei Jahrzenten kennen sich JC Cholet und Matthieu Michel, die zeitweilig auch mit Mathias Rüegg (Vienna Art Orchestra) auf der Bühne standen. Unterdessen sind zwei Alben entstanden: „Benji“ (1998) im Duo und „Whispers (2016)“, gemeinsam mit Ramon Lopez (Drums) und Didier Ithursarry (Accordeon). Diese beiden Musiker sind nun auch auf dem aktuellen Album als Gäste zu hören. Zudem wurde noch der Kontrabassist Heiri Känzig zu „Extended Whispers“ geladen. Känzig war in den letzten Jahren integraler Bestandteil des Cholet Känzig Papaux Trios.

Über das Album ist zu lesen: „The complementarity of the duet illustrates the obvious fact of the collaboration, which enables to dress the space with few notes, without ever giving way to an impression of space. Invited to share this singular moment, Ramon Lopez and Didier Ithursarry complete the compositions of the duet without ever deforming them. The original breath for two takes a new dimension for three or four. An ease in the interaction between the musicians which proves to what extent this Whispers was conceived of the best of the manners: a search for perusal and for simplicity, opening the way to the fluid expression of singings profoundly lively and personal.“

Lassen wir uns mal mit einem erweiterten Geflüster und Getuschel – so die deutsche Übersetzung des Albumtitels überraschen. Bei „Tara“ meint man orientalische Atmosphäre wäre ebenso aufgesogen wie der Klang der Trompete im Nachgang von Miles Davis, dabei die unendliche Weite beschwörend, die Weite der Geröll- und Sandwüste. Eine Rahmentrommel wird sacht geschlagen und auch das Akkordeon sowie das Klavier steuern Klangharmonien bei. Doch die Trompete ist für die Klangfärbung, für Sandfarben und sommerliches Rot bestimmend. Ungezügelt gibt sie sich in den Händen von Matthieu Michel. Dazu dringt ein perkussiver Teil an unser Ohr, der in hochmittelalterlicher Musik verwurzelt zu sein scheint. Man muss bisweilen eben auch an Minnegesang und höfischen Tanz am elisabethanischen Hof denken. Und unablässig sprudeln die Tastenklänge, dank an Jean-Christophe Cholet.

„Mondstein“ aus der Feder von Cholet zeigt sich anfänglich in einem getragenen Gewande. Hört man die Eröffnung durch den Pianisten Cholet, so meint man, Grieg und Chopin hätten kompositorisch Pate gestanden. Sehr fein und zerbrechlich klingt das Hornspiel von Michel, der in diesem Stück wohl zum gleichsam mit Samt ausgeschlagenem Flügelhorn gegriffen hat. Der Charakter des Getragenen, der Schwermut, wird durch Michels Spiel ein wenig aufgehoben, obgleich man hier und da doch auch an sakrale Musik denken muss. Die melodischen Linien liegen bei „Tonal“ in den Händen des Pianisten, der dabei auf den Akkordeonisten Didier Ithursarry stößt. Ihr gemeinsames Spiel – zwischen Ballade und Chanson anzusiedeln – wird vom erdgefärbten Kontrabass in den Händen von Heiri Känzig angereichert. Zaghaftes Grün scheinen die Musiker, auf die musikalische Leinwand zu zaubern. Alles scheint zu knospen und langsam zu entstehen. Irgendwann bündelt sich alles in einem ansprechenden Kanon. Bei „Small Song“ ist man geneigt, von Singer/Songwriter zu reden. Es verschränken sich das perlende Tastenspiel und die dunklen Saitenlinien, ehe dann mit sanfter Stimme Matthieu Michel mit seinem einhüllenden Flügelhornspiel zu vernehmen ist. Oder hat Michel sich für die Trompete entschieden? Was wird eigentlich im „kleinen Lied“ erzählt? Man könnte an einen sonntäglichen Ausflug im Frühsommer denken, an ein ausgedehntes Picknick im Wald, an die Begegnung eines Liebespaares auf einer Café-Terrasse.

Turbulent und auch ein wenig bedrohlich, auf Krawall gebürstet und Alarm setzend – so erscheint der Song „Politics“. Politik als komplizierte Materie, mit Brüchen, mit Unwägbarkeiten, mit harten Konflikten, auch physischen Konflikten – das bündelt sich in der Musik, oder? Über allem spinnt der Trompeter und Flügelhornist unbeeindruckt von allem seine eigenen musikalischen Fäden, während es ansonsten Aufruhr und Chaos zu erleben gilt. Daran sind Drummer, Pianist und Akkordeonist in unterschiedlicher Weise beteiligt.

Dass ein Kontrabassist eine Komposition eröffnet, ist naheliegend, wenn er der Schöpfer des Stücks ist, in diesem Falle von „Relax and Easy“. Känzig sorgt für die leisen, entspannten Töne, während Michel die Aufmerksamkeit mit gesetzten Horn-Fanalen für sich beansprucht. Er artikuliert dann eher das Nervöse und Unruhe, oder? Doch am Ende entspannt sich auch der Hornist des Ensembles. Mit „Choral 2“ schließt das Album, dabei kontemplativ agierend, also an „Relax and Easy“ anknüpfend.

text © ferdinand dupuis-panther


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www.neuklangrecords.de
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