Maria Baptist - Resonance
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Maria Baptist Music
Erneut legt die in Berlin und zeitweilig auch in New York lebende Pianistin und Hochschullehrerin ein Soloalbum vor. „Resonanz“, so der Albumtitel und der Eröffnungssong, meint Schwingungen, Ausschläge, aber auch im übertragenen Sinne eine Subjekt-Objekt-Beziehung. Schauen wir also vor allem, ob mit Kompositionen aus der Feder der Pianistin, so „The High Line“, „After The Darkness“, „Urban Meditation“, „The Blossom“ und zum Schluss „Song Of The Soul“ verschieden differenzierte Schwingungen zum Ausdruck gebracht werden, ob man klangliche Bögen und Ausschläge, Höhen und Tiefen ausmachen kann.
Sehr verhalten beginnt „Resonance“. Leichte Sprunghaftigkeit trifft auf Lyrisches. Klangliche Wirbel vereinen sich mit linearen Konturen. Hier und da erwartet man eine furiose Basshand, die aber ausbleibt. Sie erscheint ebenso zurückhaltend gesetzt wie die, die sich im perlenden Spiel verliert. Musikalisch scheint ein dahinfließender Fluss umgesetzt worden zu sein. Mal fließt er langsam dahin, mal nimmt er Fließgeschwindigkeit auf, vor allem wenn er an Hindernisse stößt oder er sich einem Wehr nähert. Strömung trifft auf Gegenwasser, so meint man es aus dem musikalischen Tastenfluss entnehmen zu können. Obendrein begegnen wir einem kleinen Malstrom in einem Klangbild, das im Lento und Pianissimo ausklingt.
„Stillness Speaks“ - „Stille äußert sich“ - heißt die nächste Komposition auf dem vorliegenden Album. Still ist Maria Baptist nun ganz und gar nicht. In gewisser Weise an Chopins Nocturnes angelehnt, scheint das, was an unser Ohr dringt. Zerbrechliches ist zu hören, ohne kristallin zu sein. Die Melodiekonturen erinnern ein wenig an einen lauen Windzug, der uns umfängt. Lösen sich da nicht Sandkörner einer Düne und verwehen? Wie gesagt, die „Stille äußert sich“, in Meditativem, in Tiefenentspannung, in der ruhenden Mitte – so der Eindruck beim Zuhören.
Zu Beginn scheint noch die Dunkelheit vorzuherrschen, wenn „After The Darkness“ angestimmt wird. Schwere breitet sich aus, so wie dichte Nebelbänke, die sich über flache Höhen schieben und sich in Niederungen absetzen. Erst nach und nach erahnen wir das Licht, lockert sich das Tastenspiel auf, zeigt sich losgelöster und weniger in Erdigkeit zu versinken. Beim weiteren Zuhören können wir bildlich die ersten Sonnenstrahlen entdecken, die sich gegen die Dunkelheit durchsetzen – klanglich in einem verspielten Diskant auszumachen.
Wie mag wohl „Urban Meditation“ ausschauen? Lässt sich im urbanen Raum überhaupt ein Moment der Einkehr finden? Dieser Frage geht auch Maria Baptist musikalisch nach. Zu Beginn scheint man dem brechenden Eis nach am Ende des Winters zu lauschen, scheinen Klangstäbe im Wind zu tanzen, Kristalle das Sonnenlicht zu brechen. Nirgendwo ist ein Om zu vernehmen. Auch ein flauschiger Klangteppich mit nachhaltiger Musterung wird nicht ausgebreitet. Es scheint im Gegenteil so, dass Bass und Diskant im Widerstreit liegen, Erdigkeit sich gegen „Sonnenstreben“ wendet. Der urbane Dschungel mit seiner Unruhe scheint allgegenwärtig. Die Klangschraffuren verheißen ein Vorwärtsdrängen und kein Einhalten. Also, „urbane Meditation“ ein Wunschdenken? Erst im letzten Teil der Komposition scheint Ruhe einzukehren, scheint Entspannung auf Anspannung zu folgen.
Was blüht denn da, ist die Frage in Baptists Komposition „The Blossom“, oder? Dieses Stück hat durchaus frühlingshafte Strahlkraft, schafft Bogenlinien aus dem Bass in den Diskant. Aber auch in diesem Song scheint die Düsternis nicht ganz weggeschoben zu werden. Zum Schluss noch ein Wort zu „Song Of The Soul“, also übersetzt „Seelengesang“. Beim Hören drängt sich der Begriff „Seelenlast“ auf. Man scheint zwischen Sibelius und Grieg gefangen, zwischen den langen nordischen, dunklen Wintern und einer bitteren Kälte, die nur langsam vergeht. Insgesamt drängt sich der Eindruck auf, dass die Kompositionen des Albums in ihrer Schwere und teilweisen Melancholie Herbst und Winter in sich vereinen.
Text © ferdinand dupuis-panther – Der Text ist nicht public commons!
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