Marc Brenken - Christian Kappe Quartett - More Short Stories
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Marc Brenken Music, LC 15522
Die eingespielten Kurzgeschichten tragen Titel wie „Fünf Viertel für Neviges“, „N. N. N.“ und „Some Punk Monk Thing For Brother Monk“. Aufgemacht wird das Album mit „Dawn“ und beschlossen mit dem Stück „Ohne Worte“. Das ist nicht das einzige Stück ohne Worte, denn der eingespielte Tango kommt auch ohne aus: „Tango Sin Palabras“!
Zehn notierte Takte sind es, die Marc Brenken seiner Komposition „Dawn“ zugrunde gelegt hat. Darüber wurde dann improvisiert. Der Sonnenaufgang beginnt mit verhaltenem Glockenspiel. Irgendwie scheint es verstimmt an diesem Morgen. Der Bass tönt kurz und kräftig. Die Becken des Schlagwerks schwingen. Geklopfe wie in einer Maschinenhalle ist zu vernehmen. Schichtbeginn ist angesagt, ehe dann Christian Kappe ins Geschehen eingreift und sein Weckruf laut und vernehmlich zu hören ist. Der Tag kommt in Gang. Die Frühaufsteher sind unterwegs. Erstes Großstadtgetöse wird wahrnehmbar. Irgendwie fließt der Verkehr am Morgen, lauscht man auf das, was die Hände des Pianisten dem Tasteninstrument entlocken, durchaus mit Verve und hartem Duktus.
Es ist nicht ungewöhnlich, dass Titel bis zur letzten Minute fehlen, auch wenn die Kompositionen längst gereift sind. So war es auch bei „Fünf Viertel für Neviges“. Erst kurz vor einem dortigen Konzert war die Idee gereift. Christian Kappe prägt dabei über weite Strecken mit seinem abwechslungsriechen Spiel die Note des Stücks. Beschwingt ist das Stück für die Städtchen im Bergischen Land. Vom Kontrabassisten Alex Morsey (u. a. auch The Dorf, Rose Hip) stammt „Lovetheme for a Mafia Movie“. Wer dabei an Enrico Morricone denkt, liegt nicht ganz falsch. Auch Sizilien spielte für das Komponieren des Stücks eine gewisse Rolle, in dem sich Bass und Klavier nicht nur die Einführung teilen, sondern auch in weiten Teilen der Komposition dominant agieren. Es ist eine Komposition, die eher an den Trauerzug für einen Mafiaboss erinnert als an wilde Schießereien, aber die kennt man ja eh mehr aus Schwarz-Weiß-Filmen über New York in der Zeit der Prohibition. Auch das Flügelhorn, das Christian Kappe spielt, stimmt in den Trauergesang ein, den Morsey uns als „Liebessong für einen Mafiaboss“ präsentiert. Ebenfalls der Feder Morseys entsprungen ist „Neue Nichte Nele“. Gut eingefangen sind dabei die ersten Schritte des Kindes – dank an Marcus Rieck an den Drums und Marc Brenken am Piano.
Wenn schon Monk im Titel vorkommt, dann muss das Stück doch irgendwie „Plink, Plank, Plonk, Monk“ sein, oder? Im Duktus erinnert „Some Punk Monk Thing For Brother Monk“ schon an Monk. Vielleicht ist das Stück sogar eine Verneigung vor der Monk-Komposition „Pannonica“. Dass das Quartett um Kappe und Brenken auch noch pfeift und nicht nur ein akzentuiert gespieltes Tasteninstrument zu hören ist – getreu von „Plink, Plank, Plonk, Monk“ – ist eher ungewöhnlich. Irgendwie kommt Brenken beim Spiel kurz einmal in die Nähe eines Walking Bass, doch dann ergreift Kappe die Stimme und führt uns melodisch weg von Plonk und Monk. Mit dem Bass kommt dann noch ein Teelöffelchen Punk zu Monk und zu Bruder Ming – gemeint ist wohl Charles Mingus. Ein Tango ist ein Tango, ist ein Tango, auch ohne Worte. Das gilt auch für den Tango ohne Worte, den Brenken und Co. in ihrem musikalischen Köcher haben. „Ohne Worte“ verabschiedet sich das Quartett. Nein, musikalische Worte hören wir zum Schluss schon, auch ein Zwiegespräch zwischen Klavier und Bass. Unnachahmlich ist das melodiöse Spiel von Christian Kappe auch im letzten Titel auf diesem Album. Toet ziens! Bis dann!
© ferdinand dupuis-panther
Zu den Musikern (aus: Homepage von Marc Brenken)
Christian Kappe (Trompete, Flügelhorn) war festes Mitglied der Barbara Dennerlein Band und in Jasper van't Hofs Projekt „Hot Lips“. Nach seinem Studium in den Niederlanden und am Berklee College in Boston gewann er u. a. den Preis des besten Solisten beim Int. Getxo Jazz Festival (Spanien). Er tourte mit dem Florian Zenker – Christian Kappe Quartett und dem BuJazzO durch Europa, Afrika, Nord- und Südamerika.
Marc Brenken (Piano, Komposition) ist seit seinem Studium an der Essener Folkwang-Hochschule ein gefragter Pianist im Ruhrgebiet und darüber hinaus. 1999 war er an der Filmmusik zum Kinoerfolg „Sonnenallee“ beteiligt. Seitdem komponiert er vor allem für eigene Projekte.
Alex Morsey (Kontrabass) studierte ebenfalls in Essen und ist einfach einer der versiertesten und originellsten Jazzmusiker weit und breit. Wer ihn auf der Bühne erlebt hat, vergisst vor allem seine atemberaubenden Soli nicht so schnell.
Marcus Rieck (Schlagzeug) studierte an der Kölner Musikhochschule und hat bereits in jungen Jahren mit der Crème der deutschen Jazzszene gespielt (Martin Sasse, Werner Neumann, Matthias Schubert u. v. a.). Er versteht es wie nur wenige, eine Band zum Klingen und Swingen zu bringen. Festes Mitglied ist er auch im Steve Klink Trio, in Lars Dupplers "Palindrome Sextett" und im Benjamin Schaefer Trio.
Informationen
Label
Marc Brenken Music
http://www.marcbrenken.com
Musiker
Christian Kappe
http://www.christiankappe.com/
http://www.christiankappe.com/index.php/de/cd-veroeffentlichungen/marc-brenken-christian-kappe-quartett-more-short-stories
Marc Brenken
http://www.marcbrenken.com