Manuel Valera Trio: The Seasons (f. dupuis-panther)
M
Mavo Records
Mit den „Jahreszeiten“ – dabei knüpft der aus Kuba gebürtige Pianist bewusst an Vivaldis Komposition „Die vier Jahreszeiten“ an – liegt nunmehr das zwölfte Album Manuel Valeras vor. Zur Seite stehen ihm am Schlagzeug E.J. Strickland und am Bass Hans Glawischnig. Zu hören sind Kompositionen wie „Opening“, „In the Eye of the Beholder“, „Tres Palabras“ (Osvaldo Farres) und „In My Life“(The Beatles/ McCartney/Lennon). Dann folgt der Jahreszeiten-Zyklus: „MOV I-Spring“, „MOV II- Summer“, „MOV III-Fall“ und „MOV IV-Winter“. Zum Ende erklingt dann die „Hymne“ von Leonard Cohen: „Hallelujah“.
Gleich die Eröffnung überrascht durch eine sehr rhythmische Linie, die zugleich auch von einer energischen Basshand Manuel Valeras untermalt wird. Hört man zu, so drängt sich das Bild von Stromschnellen auf und von brodelndem Wildwasser, durch das zu navigieren ist. Doch auch weniger dramatische Melodieflüsse dringen nachfolgend an das Ohr des Zuhörers, wenngleich das Bild von Wildwasser sehr nachhaltig präsent ist. Aber es gibt ja auch immer ruhiges Kehrwasser. Wildwasser und Kehrwasser fängt das Trio in „Opening“ in gleicher Weise ein. Doch am Ende müssen wir als Zuhörer wieder herausforderndes Wildwasser meistern.
Eher balladenhaft kommt „Tres Palabras“ daher, also nicht mit Anmutungen von Salsa, Samba oder Merengue. Mit Manuel Valera und seinem Trio wandeln wir, um ein Bild zu nutzen, durch einen melodischen Farnhain. Mannsgroße Farnwedel wippen sacht im Wind. Grashalme neigen sich. Gleißendes Sonnenlicht breitet sich nach und nach aus. Der Wind säuselt.
There are places I remember ...“ hören wir nur im Original des Beatles-Songs „In My Life“. Von den Klangfarben her gibt es fundamentale Unterschiede zwischen dem Original und Valeras Interpretation: Eine Melodiegitarre und eine Rhythmusgitarre klingen nun mal anders als ein klassisches Jazztrio, bei dem das Piano als Harmonie- und Melodieinstrument herhalten muss. Bei Valeras „In My Life“ hat man eher die Vorstellung, man sei sehr spät in eine Jazzbar eingekehrt und Smooth Jazz sei angesagt.
Wenden wir uns dem Jahreszeiten-Zyklus zu, dann wird musikalisch zunächst der Frühling in zarten Grüntönen erlebbar. Valera zieht alle Register im Spiel, das sprudelnd dahinfließt, sich verstetigt, kurz mal ein wenig aufbrausend ist. Man hat beim Zuhören durchaus die Vorstellung, dass ein Neubeginn ansteht. Alle Schranken scheinen gefallen. Das neue Leben beginnt, so lautet Valeras Botschaft. Mit einer Basseinführung beginnt der Sommer, der sich in seiner ganzen Fülle präsentiert, mit und ohne Trillern und mit dem sprunghaften Tastenspiel im Diskant. Lauscht man mit geschlossenen Augen, so kann man sich einen Volkspark vorstellen, in dem Kindern ausgelassen toben, Eltern Frisbee spielen und grillen. Summer in the City ist angesagt. Momente der bedingten Kontemplation bringt uns Hans Glawischnig am Bass näher. Dieser zeigt sich auch vielfach als sehr verspielt. Stellenweise mutete die Spielstruktur des Trios wie West Coast Jazz an. Sehr gelungen zum Schluss des Stücks der intensive Beckeneinsatz des Drummers E. J. Strickland und das rhythmische „Ostinato“ von Manuel Valera.
Bei dem Thema Herbst hätte man eher lyrisch-verhaltenes Spiel erwartet, aber das bietet uns das Trio nicht. Achtet man auf die Klangfarben, so vermeint man ein Aufbäumen gegen die Kälte des nahenden Winters zu vernehmen. Noch scheint das Leben ungezwungen und fröhlich. Ungebändigt geht es voran, so suggeriert es Manuel Valera mit seinen Tastenkaskaden, die in aller Breite auf uns niedergehen. Der „Winter“ hingegen ist doch eher eine Zeit der Einsilbigkeit, des Lebens am lodernden Feuer, der Besinnlichkeit. Der Fluss des Alltags ist nicht versiegt, hat sich aber deutlich verlangsamt. Doch hier und da gibt es Anlass für Unbeschwertheit, was Manuel Valera durch seinen quirligen Tastenfluss auch andeutet.
Einen ähnlichen Klangmodus wie bei „Winter“ finden wir auch bei der Interpretation von Leonard Cohens „Hallelujah“. Es ist der Abschlusssong auf dem Album und die musikalische Bürde liegt dabei über weite Strecken ganz allein auf Valeras Schultern. Auch bei Valeras Variation von „Hallelujah“ kann man sich vorstellen, mitzusummen, dabei ein Feuerzeug in der Hand hoch haltend. Bei „Hallelujah“gilt posthum der Dank einem wunderbaren Musiker, der bis zu seinem letzten Atemzug kompositorisch kreativ war.
Text © ferdinand dupuis-panther
Informationen
Manuel Valera
http://www.manuelvalera.com