Manu Hermia - Jazz for Kids
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Kids Avatars
Manu Hermia (Altsax) hat gemeinsam mit dem Bassisten Sam Gertsmans und dem Pianisten Pascal Mohy das Projekt „Jazz for Kids“ aus der Taufe gehoben, um den Nachwuchs an den Jazz heranzuführen. Das ist auch dringend notwendig, fristet Jazz, welcher Spielart auch immer, eh schon ein Schattendasein und wird in der Regel nicht als die Musik der Gegenwart respektiert und angenommen. Immer noch sind Pop und Rock die Musikrichtungen, die massenkompatibel sind. Umso mehr muss es darum gehen, die Köpfe des Nachwuchses für Jazz zu begeistern.
Was braucht man dazu? Gewiss, eingängige Melodien und Texte wie man sie in Liedern wie „Bruder Jakob“ oder „Sur Le Pont d'Avignon“ findet. Da sich das Projekt an Kinder französischer Muttersprache richtet, hat das Trio um Manu Hermia entsprechende Lieder ausgesucht. Das beginnt mit „Frère Jacques“ (Bruder Jakob) und „Meunier, tu dors“ gefolgt von „Jingle Bells“ und „Petit papa Noël“ sowie „Sur le pont d'Avignon“ und „Alouette“. Zu hören sind aber auch „Une souris verte et libre“ und „À la claire fontaine“. Viele dieser Songs sind auch außerhalb Belgiens und Frankreichs bekannt und z. B. Stoff für den Musikunterricht deutscher Grundschüler.
In der Einleitung von „Frère Jacques“ stimmt der Pianist des Trios die Grundmelodie an, ehe er sich dann in einer Paraphrasierung verliert und anschließend an Manu Hermia die Melodielinie übergibt. Manu Hermia löst sich mit seinem Altsaxofon von der Grundmelodie und entschwebt in Phrasierungen und Improvisationen im Stil des Jazz der 50er und 60er Jahre. Dieses Loslösen greift Pascal Mohy auf und swingt ein wenig dahin. Anschließend ist es an Sam Gertmans an seinem Tieftöner eine entsprechende Antwort zu finden. Der beliebte Kanon gerät dabei mehr und mehr in den Hintergrund, ehe Manu Hermia beinahe am Ende des Songs wieder zur Ausgangsmelodielinie zurückfindet.
Ähnlich angelegt ist auch „Jingle Bells“. Dabei führt uns Manu Hermia an die Melodielinie heran, derweil Pascal Mohy für die rhythmische Unterfütterung sorgt, ehe er dann in einem Solo die Melodie perlend-fließend umspielt. Hier und da sind auch kurze Melodiefragmente eingebunden, bevor Manu Hermia das musikalische Zepter erneut in die Hand nimmt. Auch wenn Sam Gertmans zu Wort kommt, so scheint mir der Bass im Kanon des Trios doch eher zu kurz zu kommen. Zum Ende hin werden wir wieder zur klassischen Linienführung des Songs zurückgeleitet.
Zu den bekannten Kanons gehört auch „Sur le pont d'Avignon“: Aufgemacht wird der Song zunächst mit einer Klavier- und Basseinführung, ehe dann Manu Hermia sein Saxofon hochtönig erschallen lässt und die Melodie im wahrsten Sinne trällernd vorträgt. Ähnlich wie bei den anderen Liedern entschwindet der Gedanke an sie, wenn es ans Improvisieren und Paraphrasieren geht. Dann könnte man auch an Kompositionen von Parker, Coltrane oder Ellington denken. Teilweise tritt das Saxofon ganz ohrschmeichlerisch in Erscheinung. Nicht zu überhören ist allerdings in allen aufgenommenen Songs die Dominanz dieses Holzbläsers, ohne dass dieser marktschreierisch auftrumpft.
Ein wenig getragen beginnt „Alouette“, gleichgültig, ob nur das Piano oder dieses gemeinsam mit dem Saxofon in Erscheinung tritt. Der getragene Duktus setzt sich auch im weiteren fort. Irgendwie gewinnt man beim Zuhören den Eindruck einer herbstlichen Stimmung. Es scheint, als ziehen Nebelbänke vorüber. Melancholie breitet sich streckenweise aus. Das Piano vernimmt man plätschernd. Der Bass erweist sich als träge, so als würde er einen Winterschlaf akustisch einfangen. Dagegen ist „Au clair de la lune“ viel fetziger ausgerichtet. Die Interpretation durch das Trio Hermia und Co. erweist sich als sehr lebendig und frisch-aufgeweckt. Hier und da swingt es mächtig. Das Schnipsen mit den Fingern und das Wippen der Füße kommen zwangsläufig. Eigentlich ist es an der Zeit, den ganzen Körper in Bewegung zu bringen, so verspielt und auffordernd kommt das Arrangement daher.
Mit sehr energetischem Duktus wird durch den Pianisten des Trios und den Saxofonisten Manu Hermia „A la claire fontaine“ angestimmt, sodass man vor sich wahrhaftig einen sprudelnden Springbrunnen sieht. Mit „Bonsoir, tout va bien“ beschließt das Trio seinen Jazzreigen für Kids, ein sehr gelungenes Unterfangen, das dem Melodischen stets Priorität einräumt, und den Kids nicht durch freie Improvisationen und verkopfte Strukturen den Zugang zu Jazz versperrt.
Text: © fdp
Informationen
http://manuel-hermia.com