Malte Vief - Kammer – III
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Malte Vief | Supermusic
„Mit dem Album „Kammer III“ treibt Malte Vief seinen Kammer-Zyklus weiter zur Trilogie. Vorlage sind diesmal die ganz großen Themen, die zwar erfahrbar aber nicht vollends zu begreifen sind. Es geht um die Geburt, das Leben und den Tod, um Vergänglichkeit und die Wegmarken, die uns diese vor Augen führen. Damit direkt verknüpft ist die stetige Frage wo wir herkommen, wo wir hingehen und wo wir hingehören. Vief gibt musikalische Antworten, die uns als Formeln nichts sagen würden.“ Das ist unter anderem im Pressetext zur aktuellen Veröffentlichung zu lesen. Zu hören sind der Gitarrist Malte Vief und seine Begleitmusiker Matthias Hübner (Cello), Thomas Fleck (Geige), Florian Mayer (Geige), Clemens Christian Poetzsch (Klavier), Jochen Roß (Mandoline) und Martin Siebach (Kontrabass).
Ausgangspunkt des Albums ist der Track „Geburt“: Wir hören zwar keine Orgel und auch kein Cembalo, aber der Gitarrist vermittelt eine derartige Klangfärbung zu Beginn des Stücks, das mehr und mehr im Fortgang ins Fahrwasser klassischer Musik gleitet. Das gilt vor allem dann, wenn die Streicher des Ensembles ihre Stimmen erheben. Kammermusikalisch geht es mit „Kreis“, dem zweiten Track des Albums, weiter. Dabei scheinen sich musikalisch Sehnsüchte und Wehmut miteinander zu paaren. Gewiss ist dies dabei den Streichern geschuldet, die sehr getragen zu erleben sind. Gelegentlich beschleicht den Zuhörer aber auch die Vorstellung, er lausche einem spätmittelalterlichem Tanz. Insbesondere der Cellist sorgt für Melodramatik, entführt uns in die Musik, die man Grieg und Sibelius zuschreiben könnte. Beim Hören meint man, die schweren Regenwolken würden die flache Landschaft küssen, ähnlich wie Jacques Brel es einst in seiner „Hymne für sein Heimatland Flandern“ sang. Schließlich überkommt den Hörer auch der Eindruck von Folklore, wie sie in Norwegen auf der Hardangerfiedel vorgetragen wird, oder?
Pastellfarbene Klänge sind bei „Alea“ auszumachen. Dabei erscheint der Gitarrist Malte Vief durchaus verspielt in lichte Frühlingsfarben einzutauchen. Die Sequenzen der Streicher, die folgen, lassen an höfische Musik denken, nicht nur an solche aus dem elisabethanischen Zeitalter. „Reset“ hat gar etwas von Rockmusik reloaded. Aber auch die Musik von „Lord of the Dance“ flackert hier und da auf. Man kann förmlich das Tapping der Tänzer vor seinem geistigen Auge sehen.
Ein vierteiliger Zyklus von Kinderliedern findet sich auch auf der aktuellen Einspielung. Das sind weniger Lullabies im klassischen Sinne, sondern folgen im Duktus und in den Einfärbungen dem, was das Ensemble um den Gitarristen Malte Vief uns zuvor musikalisch präsentiert hat. Gehen dabei nicht nordische und slawische Tänze mit mittelalterlichen Liedern eine überzeugende Melange ein? Das meint man zumindest beim „Kinderlied I“. Bei „Kinderlied II“ folgt man über weite Strecke dem fein ziselierten Gitarrenklang, der hier und da beinahe einem Harfenklang gleichkommt. Doch auch bei diesem Stück hört man Passagen, die an den Gesang von mittelalterlichen wie modernen Barden – man denke u. a. an Angelo Branduardi – anzuknüpfen scheinen. Im Gegensatz zu anderen Stücken auf dem Album strahlt „Kinderlied III“ eine gewisse Fröhlichkeit und Unbeschwertheit aus, ohne dass dieses Lied zu einem „Gassenhauer“ mutiert. Doch Mitsummen ist angesichts der eingängigen Melodielinien kein Problem. Eher Grau in Grau kommt dagegen „Kinderlied IV“ daher, auch wenn man den zarten Klang eines Xylofons bzw. Glockenspiels wahrnimmt.
Zum Lebenszyklus gehört nicht allein die Geburt, sondern auch der Tod. Vief nennt eines seiner entsprechenden Stücke, das einem Lamento gleicht, „Abschied“. Danach folgt auf dem vorliegenden Album das Stück „Tod“. Das Ende des Lebens liegt musikalisch in der Hand der Streicher, die den „Totentanz“ mit Bogenstrichen begleiten. Eigentlich ist somit der Kreislauf des Lebens geschlossen. Doch auf dem Album gibt es eine musikalische Fortsetzung mit „Trost“ und „Eterna“.
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