Mac Dunlop - Somewhere Nearby
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Off Rec
Mac Dunlop lebt in Cornwall, wo er komponiert und seine Arbeit im Blauhaus Falmouth Studio aufnimmt. Seine Musik verbindet moderne Klassik und Jazz mit experimentellen elektronischen Klangflächen. “I love it – so fragmented and just kind of dream like – snapshots of sounds and motifs going round like some kind of slightly unhinged music box.” So äußert sich Elizabeth Alker in The Unclassified Show, BBC Radio 3 über Dunlops Musik, die aktuell lediglich in digitalisierter Form über Bandcamp zu erwerben ist.
Zu hören sind auf der aktuellen Veröffentlichung zu Beginn „Bianka's Song“, gefolgt von „E-Flat Sine Wave“ und „Wharf Interlude“. Weitere Segmente der Veröffentlichung sind u. a. „Migration in Three Parts“ und wie passend in Zeiten der Pandemie „Lockdown World“. Außerdem erleben wir den Klangteppich von „Somewhere Nearby“ und schließlich „Steambeck“.
Vogelzwitschern und leicht sprudelnder Klavierklang. Kein Tosen eines Stroms, sondern das langsame stete Rauschen eines Gebirgsbachs scheint ein angemessenes Bild zu dem Gehörten zu sein. Zugleich kann man sich beim Zuhören Wolkengeschiebe am Himmel und auffrischenden Herbstwind vorstellen. Und dabei ist dann nicht so wesentlich zu wissen, wer Bianka ist, für die der Song komponiert wurde. Im Verlauf des Songs beschleicht den Zuhörer auch der Eindruck von Wehmut und Sehnsucht, von Abschied und Abschiedsschmerz, da ein Wiedersehen mit einem Fragezeichnen versehen ist. Dunlop verbindet im Weiteren sein Tastenspiel mit flirrenden elektronischen Klangflächen, die bedrohliche Dramatik heraufbeschwören. Symbolistische Gemälde mögen dem einen oder anderen Zuhörer dazu in den Sinn kommen. Nahtlos hat er dabei in seinem Vortrag „Bianka’s Song“ mit „E-Flat Sine Wave“ verbunden. Den kristallklaren Fluss des Klangs erleben wir im nachfolgenden Zwischenspiel. Ist da nicht auch eine Melodica mit in die musikalische Inszenierung eingebunden? An raschelndes Laub kann man beim Zuhören denken und an Stimmen des Waldes, oder? Im Übrigen, wäre es abwegig, die Musik als neoromantisch zu klassifizieren, führt man sich „Wharf Interlude“ vor Augen?
„Migration“ steht als nächstes auf dem Programm. Dabei werden experimentelle Effekte mit den getragenen Sequenzen des Klaviers verwoben. Spontan fiel dem Rezensenten beim Hören der Flug von Albatrossen oder eines Schwarms von Sturmvögeln ein, die die Thermik nutzen, um tagelang über den Ozean zu gleiten. Das Stück strahlt in gleicher Weise etwas Schwebendes und Schwereloses aus. Tropfende Klangpassagen sind obendrein Teil des Vortrags. Synthesizer oder E-Piano – das ist die Frage beim Fortgang des Stücks, das sich tendenziell auch in Richtung Nu Jazz entwickelt. Elektronische Klangwolken verbreiten sich im Hintergrund mehr und mehr. Teilweise scheinen sie aus dem Off zu kommen und dorthin zu verschwinden. Im Vordergrund erlebt man „Punktsetzungen“ durch ein E-Piano, Rhodes oder Synthesizer – das ist jedenfalls der Höreindruck. Und auch der reinen Akustik der schwarzen und weißen Tasten bedient sich Mac Dunlop. Schließlich mischt der Pianist und Komponist dem Werk atmosphärische Turbulenzen bei.
Lyrisch angelegt und in hellen Pastelltönen erklingt „Lockdown World“ – wider Erwarten. Leicht rollendes Tastenspiel, im Bild einer Windhose gleichend, die sich langsam, sehr langsam entfaltet, ist auszumachen. Eine gewisse Redundanz ist nicht zu überhören. Ist dies als Wiederkehr im Alltag in Isolation zu begreifen? Und irgendwie scheint das Leben auch nach und nach zu verrinnen, so der Höreindruck. „Somewhere Nearby“ scheint in ähnlichem Duktus wie „Lockdown World“ angelegt zu sein. Den Abschluss der Veröffentlichung bildet schließlich „Steambeck“.
© ferdinand dupuis-panther
Information
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