Lukas Schwegmann Quintett - Flicker
L
Fattoria Musica Records
Der Schlagzeuger und Perkussionist Lukas Schwegmann studierte Jazzschlagzeug und Instrumentalpädagogik am Institut für Musik der Hochschule Osnabrück. Dort bekam er bei renommierten Musikern, wie Christoph Hillmann, Christian Thomé, Angelika Niescier, Pablo Held, Florian Weber und John Hondorp Unterricht. Die Liebe zur Weltmusik entdeckte der nun in Köln beheimatete Musiker durch die Mitwirkung beim Morgenland-Campus des Morgenland-Festivals Osnabrück. Er erlernte verschiedene Perkussionsinstrumente wie Framedrum, Darbuka, Udu und Riq und ist seitdem, neben seiner Tätigkeit als Schlagzeuger, in verschiedenen Ensembles auch als Perkussionist aktiv.
Auf dem aktuellen Album sind neben dem Bandleader, dem Drummer Lukas Schwegmann, die Klarinettistin Shabnam Parvaresh, der Bassist Max Preiß, die Gitarristin Ula Martyn-Ellis und der Saxofonist Lorenz Schönle zu hören. Mit „Sticking to the principle“ wird das Album eröffnet, gefolgt von „Quasimodo“, „Flicker“ und „Midnight Mood“. Den Schlussakkord setzt das Quintett mit „Two Cherry Trees“.
Kurzer Uduklang ohne Nachhall, dumpf und auch mit spitzem Tacktack, ist zu Beginn von „Sticking to the Principle“ auszumachen. Sonorer Klarinettenklang paart sich mit dem Perkussiven, das ein wenig aufmüpfig erscheint. Vergleichsweise behäbig und bodenständig sind dagegen die Klanglinien, die der Klarinettistin zu verdanken sind. Auf diese Linien steigt dann der Saxofonist ein und webt ein weiches melodisches Klangtuch. Aufschreie des Saxofonisten treffen im Folgenden auf den lang gezogenen Atemhauch der Klarinette, die teilweise röhrend und rauchig klingt. Hohe, zerbrechlich anmutende Tonlagen fügt die Gitarristin der Klangmelange in Interventionen hinzu. Es schwirrt und flirrt im Weiteren, so als wäre ein Heuschreckenschwarm unterwegs. Im Solo präsentiert sich die Gitarristin in der gesamten Bandbreite, die ihr Saiteninstrument zu bieten hat. Ihr Solo gleicht dem Flügelschlag von Kolibris, die vor Blütenkelchen im Flug haltmachen. Wimmernd und jaulend ist das, was zu Beginn von „Quasimodo“ die Gitarristin zum „Hörspiel“ beiträgt. Fulminates Schlagwerk vernimmt man obendrein und einen sich entäußernden Saxofonisten auf seinem Holzbläser. Es klingt nach Inferno und Eruption, ehe ruhige Fahrwasser angesteuert werden. Klassische Anmutungen dringen ans Ohr des Zuhörers. Dabei sind die beiden Bläser durchaus die dominanten Klangträger, teilweise mit klagendem Impetus. Die Gitarristin findet dabei ihre eigene Linie fern des Wehklagens. Mit tapsigen Klangschritten meldet sich der Bassist zu Wort; hier und da vom Schlagwerker „zensiert“.
„Flicker“ ist nicht nur eine Komposition, sondern auch der Titel des Albums. Lang anhaltende Bläserstimmen, die aus der Ferne näherzukommen scheinen, hören wir anfänglich. Teilweise hat dies auch etwas Psychodelisches. Vor dem geistigen Auge sieht man tanzende Nebelschwaden über einer glatten Wasseroberfläche. Zugleich denkt man bei der Musik an symbolistische Malerei wie die von Arnold Böcklin. Auch an Irrlichter fühlt man sich beim Hören erinnert, derweil Klangschwaden ans Ohr dringen. Klarinette und Saxofon sind wie in einer Doppelhelix in der musikalischen Gestaltung der Komposition miteinander verschlungen. Zu intensivem Besengewische vernimmt man den feinen Saitenklang der Gitarristin, einem Lichtschimmer am Horizont gleichend.
Sehr rockig beginnt „Midnight Mood“, dank an die Gitarristin und den Schlagzeuger des Quintetts. Weich und wellig sind danach die Linien des Saxofonisten der Klarinettistin ausgelegt. Man stelle sich hoch am Wind liegende Segler vor, die das Wasser durchschneiden. Nach und nach ebbt der rockige Charakter des Stücks ab, insbesondere wenn der Saxofonist die „klangliche Himmelsleiter“ erklimmt. Ihm gehört über weite Strecken die Federführung, und zwar in Kooperation mit dem entfesselt agierenden Schlagzeuger Lukas Schwegmann, der im Nachgang zu einem Solo ansetzt. Das ist ein Kulminationspunkt im Verlauf des Stücks, in dem die Bläser aber auch nicht zu kurz kommen. Bei den ersten Takten von „Two Cherry Trees“ muss man an eine Schalmei denken oder an Nebelhörner. Ist da nicht auch eine Darbuka mit im Spiel? Derweil entwickelt sich die Melodie des Stücks dank des Klarinettenspiels mehr und mehr zu einer orientalisch beeinflussten Weise. Man ist sogar geneigt von einem Tanz zu reden, vielleicht auch von Bauchtanz, oder? Während sonst alle Stück auf dem Album aus der Feder von Lukas Schwegmann stammen, hat die aus dem Iran stammende Klarinettistin Shabnam Parvaresh „Two Cherry Trees“ komponiert und diesem sehr rhythmisch konzipierten Stück ein wenig von 1001-Nacht eingehaucht.
© ferdinand dupuis-panther
Informationen
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