Lukas Gabric with Strings - Labor of Love
L
alessa records
Mit „Nancy With A Laughing Face“, einem von Jimmy van Heusen geschriebenen Standard, eröffnet der in New York lebende und unterrichtende Saxofonist sein aktuelles Album. Zu hören ist mit Tommy Dorseys „I‘m Glad There Is You“ eine weiterer Jazzklassiker. Doch auch eigene Kompositionen Gabrics finden sich auf dem Album, so „Momentum“ zum Abschluss des Albums, aber auch „Monochrome“, „Labor of Love“ und „Springs City“.
Einiges zur Biografie
Lukas Gabric besuchte zunächst die Musikschule Villach und wechselte wenig später in das Kärntner Landeskonservatorium. Dank eines Stipendiums des Berklee College of Music in Boston konnte der damals 14-Jährige Lukas Gabric Österreich verlassen und den Sprung nach Übersee wagen. Zurückgekehrt nach Österreich legte er sein Abitur ab, ehe ein weiteres Stipendium das Studium an der renommierten New Yorker Universität "The New School" möglich machte. Seit dreizehn Jahren lebt Gabric nun in New York City. Dort absolvierte er seinen BA- und seinen MA-Studiengang mit Erfolg. Als Postgraduierter studierte er nachfolgend an der Juilliard School. Zur Zeit widmet er sich seiner Doktorarbeit in Musikwissenschaften am CUNY Graduate Center.
Gabric ist Saxofon-Dozent an der Juilliard School und der George Jackson Academy. Dort unterrichtet er Musikgeschichte, Theorie und Ensembles am City College of New York. Doch nun zu seiner Musik!
Saxofon trifft Streicher
Vorab sei gesagt, dass man Streicher im Jazz schon mögen muss, um einige Segmente des aktuellen Albums zu genießen. Streicher vermitteln Stimmungen, die unter Umständen im Original von Standards wie „Nancy With A Laughing Face“ nicht gegeben sind. Sie stehen doch sehr häufig für Melodramatik und überbordenden Lyrizismus.
Zum Pizzicato und den dann mit Bogen gestrichenen Streichinstrumenten im Hintergrund lässt Gabric im genannten Song von Van Heusen sein weich gezeichnetes Saxofon erklingen. Immer wieder hören wir auch reine Streicher-Passagen, die eine gewisse Tragik zu vermitteln scheinen, und wenn nicht Tragik, dann eine gewisse Melancholie zum Ausdruck bringen. Dabei drängt sich der Eindruck auf, es handele sich um Hintergrundmusik in einer Hotellobby zu früher Abendstunde. Man stelle sich gedanklich den ansonsten wahrnehmbaren Small Talk der Anwesenden zusätzlich vor. So dringt höchstens das Saxofon, wie auch auf der aktuellen Einspielung, durch. In ähnlichem Duktus wie der Standard von Van Heusen ist auch „I‘m Glad There Is You“ gehalten, passend für ein amerikanisches Musical am Broadway der 1940er Jahre.
Nun ja es mag Liebhaber für derartige Interpretationen im Geist von „Old School Jazz“ geben. Was sehr auffällig ist, ist der Umstand, adss dem Saxofon die musikalische Hauptrolle auf den Leib geschneidert wurde. Streicher und Pianist haben nur Nebenrollen. Wenigstens ist das Muster nicht nur auf die Streicher-Begleitung zum Saxofon-Lead ausgelegt, sondern kurze Paraphrasierungen durch den Pianisten sind ins Gesamtwerk eingebettet. Allerdings ist auch bei der vorliegenden Interpretation von Dorseys Komposition eine gewisse Süßlichkeit, wenn nicht gar Kitschigkeit, auszumachen, oder?
Kommen wir nun aber mal zu Gabrics eigenen Werken. „Monochrome“ ist eher im Fahrwasser von Bop geschrieben worden und überzeugt mit einem flotten Tempo und sehr verspielten Saxofon-Wellen, die über einen energetisch differenzierten Piano-Fluss gelegt wurden. Hier scheint ein klassisches Saxofonquartett am Werk, bei dem auch der Drummer mit distinkten Beats zum Abrunden des Titels beiträgt. Einfarbig scheint mir das Stück ganz und gar nicht, folgt man den Entäußerungen Gabrics, der als treibende Kraft den Charakter von „Monochrome“ bestimmt, auch wenn sich der Pianist Mátyás Gayer und der Drummer Manuel Weyand mit kurzen Interventionen zu Wort melden.
Im Fahrwasser von van Heusen scheint Gabric bei „Labor of Love“ zu schwimmen, denkt man zu Beginn, doch dann ändert sich der Charakter des Stücks. Man vernimmt kein süßliches Liebeslied, sondern in gewisser Weise geht es „up tempo“ zu. Kaskadierende Passagen vernehmen wir, die Mátyás Gayer zu verdanken sind. Irgendwie erwartet man dann auch, dass der Bass sich mal zu Wort meldet. Das tut er, aber stets im Hintergrund bleibend. Wortgewalt geht allein vom Saxofonisten Gabric aus. Dessen gespielte Sequenzen erinnern an sich hebende Nebelbänke am Morgen oder an sich auflösende Wolkenbänke. Beinahe zerbrechlich wirkt das sehr kurze Basssolo, das dann auch noch eingestreut wird. Insgesamt hat man den Eindruck, dass der Fokus auf dem Saxofon und nachgeordnet dem Piano liegt. Warum bloß?
Zum Schluss hören wir „Momentum“. Für Bop-Liebhaber gewiss ein schöner Abschluss mit viel Dynamik im Spiel und Rollenvariationen, wenn diese auch vorherbestimmbar scheinen.
Text © ferdinand Dupuis-Panther – Der Text ist nicht Public Commons
Informationen
https://www.juilliard.edu/faculty/gabric-lukas
https://www.lukasgabric.net/
https://www.lukasgabric.net/recordings