Longboard - Being Wild (fdp)

Longboard - Being Wild (fdp)

L

Yolk Music

Die musikalischen Wellenreiter, denen wir dank des jüngsten Albums begegnen, sind Alban Darche (saxophones, clarinet, keyboard, compositions), Matthieu Donarier (saxophones, clarinet, compositions) und Meivelyan Jacquot (drums, percussions, guitar, electronic, compositions). Im Pressetext zum Album lesen wir: „Longboard plays with notions of minimalism, coolness too. Curves and lines proceed a hedonistic approach, a desire for aestheticism that combines great landscapes, intense action and freedom.“ Unkonventionell ist das musikalische Setting, in dessen Kontext der Drummer auch mal kurzerhand zur Gitarre greift oder Samples zusammenstellt. Die beiden Saxofonisten des Trios verstehen sich auch auf Klarinettenklänge und Keyboards.

Mit „Roadmap“ (comp Matthieu Donarier) gleiten wir erstmals auf einem musikalischen Longboard dahin, ehe wir die Gelegenheit zu einem „Freeride“ (comp Darche/Donarier/Jacquot) haben und uns dann mit „Boîte à musique“ (comp Alban Darche) und „Embrace the grace“ (comp Meivelyan Jacquot) konfrontiert sehen. Dünnes Eis meistern wir als Hörer: „The thin ice“ (comp Matthieu Donarier). Zu hören sind außerdem „Misfit“ (comp Matthieu Donarier), „Elevation“ (Alban Darche) und zum Schluss: „Hit the brakes“ (comp Alban Darche).

Wechselgesang zwischen linkem und rechtem Stereo-Kanal steht am Beginn und verbleibt als Konstante, derweil die beiden Saxofonisten sich in schnurrenden Klangwellen verlieren. Mal löst sich der eine Saxofonist aus dem Thema, mal der andere. Klassischer Surf Sound, den man vielleicht erwartet, ist das gewiss nicht. Eine Art Sirenengesang trifft auf brodelnde und raunende Klangstrudel. Frei auch in den Setzungen ist „Freeride“. Da nimmt man zerfallene Linien wahr, bäumt sich eines der Saxofone gegen die Struktur auf, mischt ein Keyboard ein gefüllten Klangflirren unter. Das zweite Saxofon erscheint bei allem als Gegenstimme gegenüber dem ersten. So entsteht ein Pro und Kontra. Sehr fein gesponnen in der lyrischen Präsenz ist „Boîte à musique“. Beinahe weich gezeichnet ist der Saxofonklang, der in nahezu transparente Färbungen eingebunden ist. Zugleich meint man beim Hören, das Bild von Wanderdünen vor sich zu sehen, mit denen der Wind sein loses Spiel treibt.

„Embrace the grace“ zeigt klassische Anlehnungen, stellenweise sogar Momente sakraler Musik. Zugleich werden die Saxofonisten mit dem Gitarristen konfrontiert. Dabei gehen die Klangschummerungen der Holzbläser eine gekonnte Melange mit dem Saitenspiel ein, das sich hier und da an barocke Etüden anzulehnen scheint.

Wer bei „The thin ice“ kristalline Klangformen erwartet, der muss sich eines Besseren belehren lassen. Turbulenzen sind angesagt. Unwetter werden simuliert. An ein aufgewühltes Meer und an Malstrom muss der Zuhörer denken, an Untiefen und entsprechende Warnungen, auch und gerade aufgrund des dunkel gefärbten Klangbetts, das mittels Keyboard erzeugt wird. Über dieses wandert einer der Saxofonisten mit schrillen Schraffuren hinweg, die dann auch vom zweiten Saxofonisten geteilt werden. Hören wir Saxofone oder doch Klarinetten, wenn „Misfit“ angespielt wird? Klangverwebungen werden auf dem Keyboard erzeugt. Sie erscheinen wie aufsteigende sich allmählich auflösende Nebelbänke. Kurz erhebt sich das Saitenspiel des Gitarristen.

Schließlich findet das Album ein Ende: „Hit the brakes“. Ein Grollen vermischt sich mit dem schrillen Schrei eines Holzbläsers, wohl der einer Klarinette, ganz und gar nicht samten ausgeschlagen. Oder hören wir doch ein Sopransaxofon? Rollendes Drumming ist zu vernehmen. Auch ein zartes Saitenspiel ist Teil der Collage, die uns Longboard präsentieren. Klock-klock hören wir als perkussives Element im Hintergrund, mal von der durchdringenden Basstrommel abgesehen. Und zum Ende scheint es noch ein wenig Wehklagen zu geben. Doch warum?

Text © ferdinand dupuis-panther


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