Lab Trio - Nature City (f. dupuis-panther)
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Outhere Music OTN 624
Die drei flämischen „Jazz-Alchemisten“ von Lab Trio, Anneleen Boehme (Bass), Bram De Looze (Piano, Fender Rhodes) und Lander Gyselinck (Drums), haben wieder einmal in ihrer musikalischen Experimentalküche allerlei Klänge zum Köcheln gebracht. Das fertige Menü, gleichsam auch eine Zwischenbilanz der zehnjährigen Zusammenarbeit, liegt nun vor. Dabei fällt schon auf, dass mit der „Variation 15“ aus den „Goldberg-Variationen“ von Bach und mit einer Fuge aus dem Bach'schen Opus namens „Das wohltemperierte Klavier“ gleich zwei Klassiker vom Trio aufgenommen wurden und nun neben Eigenkompositionen präsentiert werden. „Lumen“, „Happy Famous Artists“ und „Amnesiac“ sind in Gemeinschaftsarbeit entstanden, derweil Lander Gyselinck „Elevator“ und Bram De Looze „Ihor“ für das aktuelle Album beigesteuert haben.
Auch wenn wir musikalisch einen Fahrstuhl besteigen, so muss man ja nicht gleich an den Filmklassiker „Fahrstuhl zum Schafott“ denken. Wiederkehrend dumpf schlägt der Bass. Sphärisches dringt an unser Ohr, abgelöst von glockenhellen Klangwellen. Nervöse Wirbel vervollkommnen das Klangbild, das ein wenig extraterrestrisch anmutet. Beinahe urplötzlich ändert sich der Höreindruck, wenn sich Schlagwerk und - statt Fender Rhodes - Bass sowie Piano begegnen. Letzteres sehr rhythmisch gespielt und mit einer Vorliebe für die Basshand. Dies wird noch durch Anneleen Boehmes Tieftoneskapaden unterstützt. Bei den sprunghaften Sequenzen, die nun im Vordergrund stehen, hat man den Eindruck, dass die Fahrt im Aufzug mit Hindernissen verbunden ist. Erst im letzten Drittel des Stücks verstetigt sich die Fahrt rasant. Ob es hinauf oder hinunter geht, kann man jedoch nicht genau bestimmen.
Bei den beiden Bach-Adaptationen ist auffallend, dass das Trio sich der klassischen Kompositionslinien bewusst ist, jedoch daraus die eigenen Variationen kreiert. Wer sich dabei an Jacques Loussier erinnert, liegt wohl nicht gar so falsch. Das Spiel der drei Musiker ist kraftvoll, wuchtig, akzentuiert und energiegeladen. Dabei zeigt der Vortrag immer den Sinn für das Thema und die daraus abgeleiteten Fragmente. Das gilt für die „Variation 15“ ebenso wie für die Bachsche Fuge. Die Einheit des Lichtstroms, „Lumen“, stand für einen weiteren Titel auf dem Album Pate. Wer da allerdings klangvolle Klarheit und Crescendo sowie die Abwesenheit von Andante erwartet hat, der muss sich beim Zuhören eines Besseren belehren lassen. Das gemeinschaftlich komponierte Stück kommt beinahe balladenhaft daher und ist sehr getragen. Man muss sich eher Restlicht vorstellen, das vorhanden ist, wenn Nebelbänke das platte Land küssen. Zarte tanzende Lichtlein erscheinen bildlich dann, wenn Anneleen Boehme solistisch die Saiten zum Schwingen bringt. Diese Lichtlein durchdringen dann die Dunkelheit und die massive Nebelbank, um mal im gewählten Bild zu bleiben.
„Inside Now“ entstammt der Feder des Schlagzeugers Lander Gyselinck. Das bedeutet jedoch nicht, dass das Schlagwerk im Fokus steht. Eher verfolgt man ein Wechselspiel zwischen dem Diskant des Pianos und dem vollen Tiefklang des Kontrabasses. Den Eindruck von Herbst lösen die zu hörenden Harmonien aus. Alles scheint langsam zum Stillstand zu kommen. Die Vorboten von Winterschläfrigkeit scheinen sich anzukündigen. Regenfäden ziehen übers Land, so ein weiteres Bild, das sich beim Zuhören aufdrängt. Im Gegensatz zur gedämpften Stimmung, die das Stück „Inside Now“ ausstrahlt, ist die Gemeinschaftskomposition „Happy Famous Artists“ zwar nicht überbordend gelöst, aber immerhin mit einem gewissen Drive versehen. Glück hat eben viele Facetten. Man kann auch verhalten-glücklich sein und kleine Freudensprünge ausführen. Das scheint jedenfalls die Botschaft der drei „Jazz-Alchemisten“ von LabTrio.
Text © ferdinand dupuis-panther
Informationen
Outhere Music
http://www.outhere-music.com
LabTrio
http://www.labtrio.be
Interview Anneleen Boehme
http://www.jazzhalo.be/interviews/anneleen-boehme-an-interview-with-the-belgian-double-bass-player/
Audio
https://soundcloud.com/labtrio