Kouma – Aibohphobia
K
Dur et Doux
"Aibohphobia" ist Koumas drittes Album. Die drei Bandmitglieder - Romain Dugelay (baritone sax, keyboards), Damien Cluzel (baritone guitar) und Léo Dumont (drums) - sind auch mit den Band Pixvae und Polymorphy unterwegs und nahmen das aktuelle Album im Sommer 2018 auf. Es ist die erste Veröffentlichung des Trios beim französischen Label Dur et Doux.
Hinter dem Albumtitel verbirgt sich ein Palindrom. Das sind Wörter oder Wortreihen, die vorwärts wie rückwärts gelesen, den gleichen Sinn ergeben. In diesem Sinne sind auch die Kompositionen „Aller“ und „Retour“ inhaltlich zu begreifen, als Teil der Umkehrbarkeit. Geschrieben wurden die Songs von Romain Dugelay. So hören wir zum einen ein Negativ und zum anderen ein Positiv und scheinen bei „Retour“ im übertragenen Sinne in den Spiegel von „Aller“ zu schauen.
Harte Beats, Geschnarre, Dröhen, kurze Pausen, erneutes Thema, Klickklickklick, infernalischer Klang, Pogo, Punkverwandetes, Thema in einer Endlosschleife, Becken rotieren, kurze Schlagwerkeinsätze – das sind die ersten Eindrücke von „Aller“. Die Frage stellt sich dabei, wohin sich das „Vorwärts“ hin entwickelt. Jaulen und Kreischen der Gitarre, dumpfer Holzbläserklang, überlagert vom wilden Schlagwerk und von Stakkatoklang der Gitarre, Einrede von Auf und Ab sind zusammenfassende Eindrücke des Songs im weiteren Fortgang. Sphärisches im Off wird präsentiert. Metallische Klänge verhallen im Nirgendwo. Surren trifft auf rotziges Schlagwerk und kecke Gitarre. Klangmassaker ist angesagt. Rabatz und Krawall wird von verzerrtem Sirenenklang begleitet. Das Baritonsaxofon ersetzt einen schnarrenden und röhrenden Bass, sorgt für unterlegten Gleichklang. Nur die Gitarre verheißt Fortgang, in immer ähnlichen Schritten. Gemurmel und Getöse tritt in Erscheinung und vergeht vibrierend. Wiederkehr des Gleichen verspürt man. Die Erwartung, dass sich die Musik auf einen Höhepunkt zubewegt und entlädt ist gegeben. Man vernimmt stolpernden Gitarrenklang und Baritongebrumme. Eine Klangwalze hat sich aufgebaut und nimmt ihren Weg. Man könnte auch von einer klanglichen Windhose sprechen, die sich rotierend erhebt und alles niedermacht, was im Weg steht. Und dann, ja dann eine kurze Eruption mit klanglichem Lavafluss sowie Hitzestau.
Die Frage ist nun, wie wird „Retour“ als Gegengewicht angelegt? Eigentlich müsste „Retour“ am Ende von „Aller“ ansetzen, wenn man stringent dem „Konzept eines Palindroms“ folgt. Rhythmisch ist das keine Frage, auch in den schnarrenden Zäsuren, denen noch ein Synthesizer-Fanal beigefügt wurde. Doch sonst? Es gibt schon durch eine andere Setzung der Instrumentierung einen Unterschied von „Retour“ und „Aller“. „Retour“ ist weniger auf Bariton und Bass orientiert. Ein gewisser „Dreisprung“ ist auch in „Retour“ auszumachen. Redundanzen sind nicht zu überhören. So entsteht auch hier der Eindruck von Endloschleifen, die allerdings in unterschiedlichen Tempi abgewickelt werden. Musikalische Jaktationen sind beiden Kompositionen gemeinsam. Diese Umwerfungen nehmen stufig zu. Metal und Hard Rock sind wie beim ersten Teil des Albums gegenwärtig. Hektisch ist das Schlagwerk zugange. Schriller Diskant trifft auf Toktoktok. Einspielungen aus einem Kaufhaus zur Erhöhung der Kundenaufmerksamkeit scheinen auch eingestrickt worden zu sein. Es fehlt nur die Durchsage „Frau Weber, bitte mal in die Kosmetika-Abteilung kommen.“ Punk lässt dann auch grüßen. Kurzer Metallschlag wird zerfetzt. Klangfetzen vergehen im Nichts. Rabatz, Krawall, Aufruhr – das gilt für „Aller“ wie auch „Retour“.
Kouma gibt uns als Hörern jedenfalls mächtig etwas auf die Gehörgänge, nähert sich fortlaufender Geräuschmusik. Das ist nichts für zartbesaitete Seelen oder Jazzpuristen. Dafür muss man offen sein, den Grenzgang erlauben.
Text: © ferdinand dupuis-panther – Der Text ist nicht Public Commons!
Informationen
Musiker
https://kouma.bandcamp.com/album/aibohphobia
https://de-de.facebook.com/wearekouma
http://www.romaindugelay.com
Label
https://duretdoux.bandcamp.com/