Kosmotron: "HEXAGON"
K
alessa records, ALR 1039
„Die fünf Nummern des Albums entpuppen sich als stilistische Wundertüte, die einen großen Bogen von Heavy Funk über Afrobeat, bis hin zu ornamentalem Jazz-Punk spannen.“ So liest man es auf dem kurzen „Waschzettel“ des Labels.
Der „Teilchenbeschleuniger für Protonen“ – das verbirgt sich hinter dem Begriff „Kosmotron“ – besteht aus folgenden Musikern: Joschi Öttl (tp), Manuel Schönegger und Phillip Harant (beide sax), Anselm Oberhummer (flute), Johannes Huber und Hans Huber (beide git), Florian Oberhummer (fender rhodes, moog), Nikolaj Fuchs (bass), Lukas Kreuzberger (percussion) und Klaus Sauli (drums). Diese Musiker eröffnen ihr zweites Album mit dem Titel „Hexagon“, machen sich über einen Touristen so ihre eigenen Gedanken – Titel „Der Tourist“ –, sorgen für „Ramba Zamba“ und lassen uns dann eine Reise mit der einstigen DDR-Fluglinie „Interflug“ unternehmen.
Schaut man sich genau die Nachnamen der Bandmitglieder an, dann hat man den Eindruck, es handele sich bei dem Teilchenbeschleuniger um eine Familienkapelle.
Fender-Sound, kurze Drumsattacken und dann der satte Bläsersound, der wie nach der Filmmusik aus dem Actionfilm „Shaft“ klingt – so beginnt das Album der Großband „Kosmotron“. Das verspricht feurige Beats, Grooves, das spricht für funky, funky, funky. Das geht in die Beine; das macht müde Geister munter. Shake your body – das scheint das Motto. „Schwarze Musik“ aus Salzburg ist das, was wir hören.
Spitz und aufgeregt klingt die Trompete, und dazu wimmern Gitarren so, als wäre Santana höchstpersönlich Teil der Band und „Samba Pa Ti“ und „Black Magic Woman“ hätten für „Hexagon“ gleichsam Pate gestanden. Ein musikalischer Wirbelwind fegt über die Köpfe der Zuhörer, die wohl kaum in Kontemplation verfallen, sondern wohl eher die müden Knochen rhythmisch schütteln dürften. Dass auch ein sehr schönes Trompetensolo in die Komposition eingebunden ist – Oberhummer und Fuchs zeichnen verantwortlich –, soll und muss an dieser Stelle ausdrücklich erwähnt werden.
Mit orientalischer Anmutung wird die Komposition „Der Tourist“ eröffnet, auch wenn weder Saz noch Oud erklingen. Die von Anselm Oberhummer gespielte Flöte klingt jedoch ein wenig nach Bansuri, auch wenn es wohl eine Querflöte ist. Selbst die vereinigten Bläser finden sich zwischen Balkanova und dem „Tanz der Derwische“ wieder. Auch diese Komposition aus der Feder des Bassisten ist überaus tanzbar, auch für die, die keine traditionellen orientalischen Tänze beherrschen.
Nach dem furiosen Beginn lauschen wir dann einer lyrischen Passage, deren Klangfarbe von einer schwirrenden und säuselnden Flöte geprägt wird. Dazu erklingt im Hintergrund eine Darbuka als perkussive Beigabe, oder? Nein, es scheinen doch „nur“ Congas zu sein.
Mit dieser Komposition werden wir als Zuhörer in den Vorderen Orient entführt, in die Welt von Serail und Tokapi-Palast, auch wenn sich bei einsetzenden Gitarrensequenzen wieder der Funk durchzusetzen versucht. Unterstützt vom Fender gelingt das dann auch. Doch anschließend findet die Band wieder in einen orientalischen Duktus zurück. Abgerundet wird das Stück durch ein sehr sensibles Solo von Lukas Kreuzberger, dem die Percussion obliegt.
„Ramba Zamba“ macht mit einem kurzen Congas-Solo auf, zu dem sich eine funky gelaunte Gitarre gesellt. Mit den Bläsern gemeinsam wird dann der Sound Westafrikas nach Zentraleuropa transferiert. Afrobeats treffen im Weiteren auf ein ausgereiftes Saxofonsolo. Dann geht es überaus rockig weiter. Der Flötenpart von Anselm Oberhummer lässt Jethro Tull vergessen. Eher denkt man an Herbie Mann in seinen besten Zeiten. Wer dabei still sitzt, dem fehlt die rhythmische Affinität zu „Ramba Zamba“ - das ist allerdings wirklich schade.
Zum Schluss brechen wir mit „Interflug“ zum Höhenflug auf, oder? Doch weder Kerosingeruch, noch röhrende Flugzeugmotoren sind zu hören, sondern eine sehr lyrische Gitarrenpassage begleitet vom Bass. Die lyrische Grundstimmung setzt sich auch fort, nachdem die Bläser ihre Positionen eingenommen haben. Man hat am ehesten die Vorstellung eines Flugs im Segelflugzeug, dabei in der Thermik sacht aufsteigend. Auch angesichts des Trompetensolos hat man nicht den Eindruck eines Höhenflugs. Wir gewinnen nicht an Höhe. Wir bleiben aber auch nicht am Boden. Irgendwie segeln wir geschmeidig durch die Lüfte.
Auch Sphärenklänge hat Kosmotron in die Komposition eingestrickt. Sind wir dann auf 10000 Fuß oder mehr? Man fragt sich ernsthaft, wohin die Klangreise noch gehen wird. Techno und Acid scheinen auch nicht sehr fern. Das, so scheint es, macht Kosmotron gerade aus, das klangliche Kaleidoskop mit allen Klangnuancen, die man sich vorstellen kann. Bitte mehr vom Teilchenbeschleuniger!
Text: © ferdinand dupuis-panther
Informationen
Label
alessa records
http://www.alessarecords.at/jazz-art
Musiker
Kosmotron
https://www.facebook.com/kosmotron