Koschitzki / Pereira: Brasil Antigo
K
Personality Records, PR 16
Wer an brasilianische Musik denkt, denkt an Baden Powell, Astrud Gilberto, Gilberto Gil oder Egberto Gismonti. Bossa und Samba scheinen aufs Engste mit dem Land am Zuckerhut verbunden zu sein, jedenfalls in der allgemeinen Vorstellung. Doch dass es auch Musik jenseits davon gibt, das stellen Stefan Koschitzki und Fabiano Pereira unter Beweis. Sie entdeckten während ihres Studiums den brasilianischen Musikstil Choro, der nach seiner Geburt in den 1870er Jahren von Rio de Janeiro aus die Salons und Bars Brasiliens erobert hatte.
Tondokumente dieser Musik existieren nicht, lediglich Notierungen und mündliche Überlieferungen. Zu den bekannten Vertretern dieser Musik gehören Pixinguinha (1897-1973), Luiz Americano (1900 - 1960), Jacob do Bandolim (1918-1969) oder Waldir Azevedo (1923-1980). Mit dem Album „Brasil Antigo“ können wir deren zwischenzeitlich verlorene Musik entdecken.
Stefan Koschitzki (clarinet, flute, bass clarinet) und Fabiano Pereira (seven string guitar) lassen die „Weinende Musik“ - so die Übersetzung des Begriffs „Choro“ - mit Pepp und Frische neu entstehen. Neben den oben genannten Komponisten des Choros haben auch die Musiker jeweils eine Komposition zu den insgesamt 14 Titeln des Albums beigesteuert. Dabei bleiben sie streng im Schema dieser aus Rio de Janeiro stammenden Musik.
Mit einem weichen „Klarinettenswing“ beginnt das vorliegende Album, wenn „Noites Cariocas“ angespielt werden. Neben der Klarinette versteht es Stefan Koschitzki, in „A Ginga Do Mané“ wohlgestimmte Weisen auf der Flöte zu spielen. Dabei ist die Melodie überaus eingängig, und ohne Mühe lässt sie sich mitsummen. Aufgemacht wird „Carinhoso“ mit einem Gitarrenintro, doch das ist nur von begrenzter Dauer. Dass auch eine Klarinette zu den Tieftönern zählen kann, unterstreicht Stefan Koschitzki auf seiner Bassklarinette, die alle Tiefen und Höhen zu meistern versteht, derweil die Gitarre die rhythmische Begleitung dazu liefert. Im fröhlich-beschwingten Modus geht es weiter, wenn Stefan Koschitzki seine Eigenkomposition vorstellt und dazu wieder die Querflöte an seine Lippen legt. Überaus konzertant erscheint „Choro da Rua“, eine Komposition, die aus der Feder von Fabiano Pereira floss. Das Konzertante findet sich auch in „Bons Tempo“ oder in „Proezas De Solon“. Dabei werden das Klangbild und die Hörfarbe weitgehend von der Klarinette oder Flöte bestimmt. Sie sorgen für den allgemeinen Hörgenuss sowie einen Hauch von Swing und Bossa. Tanzbar scheint der Choro ähnlich wie der Swing oder Klezmer. Also, viel Spaß beim Entdecken dieser Spielart der brasilianischen Musik, die älter als Bossa und Samba ist.
© ferdinand dupuis-panther
Informationen
Label
Personality Records
http://www.siffling-productions.com/per/
Musiker
Stefan Koschitzki
www.stefankoschitzki.de
Fabiano Pereira