Knut Riisnæs Quartet: 2nd Thoughts

Knut Riisnæs Quartet: 2nd Thoughts

K

Losen Records LOS 146-2

Der Bandleader des Quartetts, Knut Riisnæs, ist ein Mann des Bebop, geboren 1945. Selten sind die Alben, die unter seinem eigenen Namen erschienen sind, so wie das vorliegende, das er gemeinsam mit Anders Aarum (piano), Jens Fossum (bass) und Tom Olstad (drums) eingespielt hat. Jazz aus Norwegen wird sehr häufig mit poetischem, minimalistischem Jazz gleichgesetzt. Der Begriff „Fjord Sound“ wird in diesem Kontext beinahe inflationär gebraucht. Dass Jazz aus Norwegen auch andere Verwurzelungen aufweist, unterstreicht „2nd Thoughts“.

So heißt auch die Komposition von Mulgrew Miller, mit der das Album aufmacht. Zu hören sind obendrein Songs wie „Petite Prix“ (Anders Aarum), ein Standard wie „She Was Too Good To Me“ (Richard Rodgers), zudem noch weitere Kompositionen aus der Feder des Pianisten der Band, darunter „Meet The Wickeds“ und „Sniper“. Für „Touching“ zeichnet Knut Riisnæs verantwortlich. Live aufgenommen wurden im „Jazzschrein von Oslo“, dem Club Herr Nilsen, die Dag Arnesen Komposition „Liten Vals“ und das Schlussstück „Crazy She Calls Me“ (Carl Sigman).

Also, hören wir mal, was ein skandinavischer Saxofonist, der von Charlie Parker, John Coltrane und Sonny Rollins beeinflusst wurde, im Geiste von Bebop präsentiert: Gleich zu Beginn hat Knut Riisnæs eine Nummer gesetzt, die swingt. Nein, nicht Swing im Sinne von Goodman und Co, aber im Sinne  von „it swings“! Ein Hörgenuss ist das Wechselspiel zwischen Saxofon und Piano. Bildlich sieht man da in rhythmischen Intervallen Wasserfontänen aufsteigen und niederfallen. Mit jeder Note springt den Zuhörer der Jazz der 50er Jahre an, ohne dass der Stil der oben genannten Ikonen des Jazz in jeder Sekunde aufscheint. Doch in welcher Tradition sich Knut Riisnæs begreift, wird schon deutlich. Sein Saxofon ist im Übrigen weit davon entfernt, aufdringlich und marktschreierisch in Erscheinung zu treten. Im Gegenteil, das Saxofon scheint eingebunden in eine überaus weiche Klanglinie.

Energetisch aufgeladen ist „Petit Prix“, auch und gerade durch den entsprechenden Duktus, den Anders Aarum an den Tag legt. Zugleich beschleicht den Zuhörer hier und da der Eindruck, auch die Musik von Blaskapellen und Fanfaren habe durchaus Pate gestanden. In seinem Klaviersolo hebt Aarum diesen Eindruck jedoch auf, wenn er das Thema paraphrasiert, dabei den Diskant überwiegend meidend. So muss man beim Zuhören eher an dunkle Farben wie Umbra und Ocker denken. Aarum geht dabei unterstützt von dem fein gesetzten Spiel des Drummers Tom Olstad auch temporeich zur Sache. Mit einer gewissen Erregung trumpft danach Knut Riisnæs auf, dabei das Thema umgarnend.

Sehr lyrisch ausgelegt ist die Einspielung des Richard Rogers Standard, der auf dem Album Aufnahme fand. Beim Zuhören kommen Bilder von eng tanzenden Paaren zur blauen Stunde auf, derweil die Hausband schon leicht übermüdet, den aus ihrer Sicht letzten Set spielt, eher schon als „Gute-Nacht“ und „Auf Wiedersehn“ zu begreifen. Nicht zu überhören ist bei „She was too good for me“ auch eine gewisse Süßlichkeit, die Knut Riisnæs und Anders Aarum mit sehr samtenem Spiel gekonnt transportieren. Dabei changieren sie zwischen Seufzen und Schmachten, so scheint es.

Überaus flott geht es bei „Sniper“ zur Sache. Getrieben vom Schlagwerk stimmt Knut Riisnæs sein Saxofon auf eine ausgedehnte musikalische Tour bei aufkommendem Fahrtwind ein, unterstützt dabei auch vom Bassisten Jens Fossum. Auch wenn der der Titel übersetzt „Scharfschütze“ oder „Heckenschütze“ bedeutet, mutet die Komposition von Aarum überhaupt nicht martialisch an, eher denkt man an den Vortrag einer Tanzkapelle, die ein wenig auf Jive eingestimmt ist.

Ein „Kleiner Walzer“ („Liten Vals“) darf auch noch „getanzt“ werden. Überraschend das ausgedehnte Bass-Solo, denn in den anderen Stücken agiert Jens Fossum eher aus dem Hintergrund, wenn auch dabei stets prägnant zu hören. Abgelöst wird Fossum von dem beinahe unbändig am Klavier aktiven Anders Aarum. Schließt man bei dessen Spiel die Augen, kann man das Laub im leichten Wind rascheln und ein Bächlein rauschend zu Tal fließen sehen. Einen breiten Tonfluss des Holzbläsers erleben wir nachfolgend.

Mit einer weiteren Live-Aufnahme namens „Crazy she calls me“ wird ein Album beschlossen, das eine Reise in die Welt des Bebop ermöglicht.

Text © ferdinand dupuis-panther


Informationen


Label
Losen Records
http://www.losenrecords.no

Musiker
Knut Riisnæs 4tet


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