Klemens Marktl Free Spirit Quartet: "LIVE"
K
alessa records, ALR 1015
Der in Klagenfurt geborene Drummer und Komponist Klemens Marktl, der in den vergangenen Jahren hauptsächlich in Den Haag, Amsterdam und New York lebte und musizierte, präsentiert auf dem Livealbum sein mit Weltklasse-Musikern besetztes Quartett. Neben Klemens Marktl am Schlagzeug hören wir den Saxofonisten Johannes Enders, den aus New York stammenden Pianisten Peter Madsen und schließlich den aus Serbien gebürtigen Bassisten Milan Nikolic.
Zu hören sind auf dem Album sieben Titel, die live im Porgy & Bess in Wien mitgeschnitten wurden. Dabei handelt es sich ausschließlich um Kompositionen von Klemens Marktl, der ein Ästhet am Schlagzeug ist und es mit tänzelnden Bewegungen zum Schwingen bringt. Innerhalb weniger Minuten, so Marktl, stand das Konzept für den Eröffnungssong, den „Opener.“ Hören wir aufmerksam zu, dann scheint es, als wolle uns Marktl eine Großstadt bei Nacht zeigen; funkelndes Neongewirr, Lichter der Schaufenster, Autos, die vorbeifahren, Ampeln, die umschalten, Menschen, die durch die Nacht schlendern. Auffallend ist dabei das stark akzentuierte Spiel von Peter Madsen. Dessen Spiel scheint getrieben vom schnellen Gezupfe des Bassisten Milan Nikolic. Das zweite Stück des Albums namens „Wiedergeburtsorganisationsblues“ klingt irgendwie nach Lebenskrise. Schicksalschlag ist vielleicht eine bessere Charakterisierung für den Blues im 5/4-Takt und Abschnitten mit deutlichen Pausen im Sinne von Stop & Go, so liest man es jedenfalls im Booklet (!). Beim Titel denkt man vielleicht auch an Notfallmedizin und die Notaufnahme in einer Klinik. Mit Tick, Tack, Tick, Tack und Dumdumdum sowie spitzen Tönen aus dem Saxofon beginnt die „Wiedergeburt“, die aber organisiert sein will, folgt man dem Titel. Wenn man im Bild der Notaufnahme verharrt, so meint man Herzfrequenzen wahrzunehmen, gleichfalls Überwachungsapparate, die unablässig fiepen und piepen. Ab und an hört man auch ein Monksches Plonk. Sprunghaft sind die Saxofonpassagen, die ertönen. Das vermittelt eher Anspannung als Entspannung, Störungen und Aussetzer im Leben. Ein unstetes Hin und Her drängt sich als Bild auf. Auch das pulsierende Basssolo bringt keine Beruhigung.
Die Nacht ist die Zeit des Komponisten Klemens Marktl, also dann, wenn die Stadt eigentlich schläft und alle Katzen schwarz sind. In einer solchen Nacht entstand, wie sollte es auch anders sein, „Darkness“, Dunkelheit. Der Saxofonist Johannes Enders, der mit einem Solo das Stück eröffnet, klingt wie der Rufer vom Turm der Kathedrale, wie der mittelalterliche Türmer, der über Wohl und Wehe der Stadt wacht. Bedächtig geht es dann im Lauf des Stücks weiter. Sind da nicht auch Harmonien von „My Sweet Valentine“ in die „Dunkelheit“ entschwunden? Nur kurz ist der Moment, dass man an diesen Standard denkt, derweil Johannes Enders das Zepter in der Hand hält und die Klangfarben dominiert. Als Hommage an den Vibrafonisten Bobby Hutcherson ist das Stück „Bobby“ zu verstehen. Dabei war es nicht Intention, das besondere Blechschlagwerk durch die vorhandenen Instrumente der Band zu kopieren oder zu imitieren. Danach entführt uns der Mann aus Kärnten mit seinen Mitspielern in den urbanen Dschungel, wenn er „Sounds Of A City“ anstimmt. Zum Schluss wird gleich zwei bekannten Jazzern die Ehre erwiesen, wenn „When Eric Met Ornette“ gespielt wird. Es ist zum einen der Alt- und Tenorsaxofonist Ornette Coleman und zum anderen der Avantgardist des Jazz der 1960er Jahre, der Saxofonist und Klarinettist Eric Dolphy.
Eine Frage zum Schluss. Was hat eigentlich Aladdins Wunderlampe auf dem Cover mit Free Spirit zu tun? Reibt man an der Lampe, so wird ein guter Geist befreit, ganz im Sinne von „Free Spirit“.
Text: © ferdinand dupuis-panther
Informationen
Label
Alessa Records
www.alessarecords.at
Musiker
www.klemensmarktl.com