Karl Latham – Living Standards II

Karl Latham – Living Standards II

K

Dropzone Jazz Records

2016 nahm der Schlagzeuger Karl Latham „Living Standards“ auf, ein Trioset mit dem Bassisten Mark Egan und dem verstorbenen Gitarristen Vic Juris, das elf Rockstücke in Jazz verwandelte.

Auf „Living Standards II“ erweitert Latham diese Idee, indem er sieben weitere Rock-Klassiker erkundet. Bei dem Fusion orientierten Set leitet der Schlagzeuger ein Quintett an, zu dem auch der Bassist Mark Egan, der Gitarrist Mitch Stein, der Keyboarder Henry Hey und der Perkussionist Roger Squitero gehören. Darüber hinaus ist der Gastvibraphonist Wolfgang Lackerschmid bei dem Stück „Break On Through (To The Other Side)“ zu hören.

Mark Egan kann auf eine lange und produktive Karriere zurückblicken, die durch seine Beiträge u. a. zu den Bands von Pat Metheny und Gil Evans bekannt wurde.  Mitch Stein hat mit Adam Holzman, den Brecker Brothers und David Sanborn zusammengearbeitet und ist auf „Living Standards II“ eine starke Kraft, die oft als Lead-Stimme fungiert. Der Keyboarder Henry Hey, der in seiner früheren Karriere die Musik des Saxophonisten Bill Evans, von Victor Bailey, Joe Locke, Chris Creek, Jeff „Tain“ Watts, David Bowie und Tedeschi/Trucks mit beeinflusste, zeigt auf den vorliegenden Aufnahmen viel Virtuosität an den elektrischen Keyboards und der Hammondorgel.

Roger Squitero, der zur Musik von Dave Valentin, Dave Grusin, Spyro Gyra, Ron Carter und vielen anderen beigetragen hat, prägt die Klangfärbung der vorliegenden Aufnahmen ohne Wenn und Aber.

The Doors, Eric Clapton, Led Zeppelin sowie Crosby, Stills & Nash lieferten die Vorlagen, und nun ist es an Karl Latham und seinen Mitmusikern, daraus einen neuen „musikalischen Farbfilm“ zu entwickeln. „Break On Through“ steht am Beginn des jüngsten Albums. Damit sind wir dann mit The Doors ohne Worte konfrontiert. Im Kern bestimmt der Gitarrist Mitch Stein das musikalische Geschehen. Sehr poetisch ausgeformt sind einige Passagen. Die „Rezitationen“ von Jim Morrison müssen wir uns mitdenken. Dafür setzt Wolfgang Lackerschmid ganz besondere Klangfärbungen, erleben wir weich rinnende Kaskaden, wenn die Schlägel die Klangstäbe zum Schwirren bringen. Dann, ja dann sind The Doors nur noch ganz entfernt zugegen, eigentlich nur wenn erneut das Thema des Stücks erklingt.

Stephen Stills besang einst „Rock and Roll Woman“ und nun fokussieren sich Karl Latham und seine musikalischen Kumpanen auf diesen Song. Stark rhythmisch strukturiert ist das Stück. Ja dann lässt auch Mitch Stein seine Gitarre wimmern, jaulen und aufschreien. Rhythm `n Blues umfängt uns. Wer dabei still sitzt, dem fehlen die Antennen für diese Art der Musik. Sie beeinflusste Generationen weit vor Techno, House oder Rap. Das war die Musik, die Woodstock zu Woodstock machte. Und auch mit der Auffrischung durch Karl Latham hat die Musik nichts von ihrer Kernaussage verloren, auch wenn die aus heutiger Sicht umstritten ist: Sex, Drugs and Rock ´n Roll!

Es gab Zeiten, da war die Rockmusik sehr differenziert in Bezug auf die Instrumentierung, fand die Hammond-Orgel ihren Platz bei The Nice und The Band. Und auch Latham greift in „What Is And What Should Never Be“ von Led Zeppelin zeitweilig auf dieses Instrument zurück und verzichtet obendrein nicht auf ein buntes Gitarrenbouquet. Da ist alles enthalten, was die Musik der 1970er Jahre ausmacht.

Zu den „Hymnen“, die mit Eric Clapton in Verbindung zu bringen sind, gehört ohne Zweifel „Layla“. Erzählt wird in dem Song von 1971 die unerfüllte Liebe, geschrieben für und über die Frau von George Harrison. Aufgemacht wird die vorliegende Version von „Layla“ mit einem fulminanten Schlagzeugsolo, ehe dann die Stunde des Gitarristen und Keyboarders gekommen ist. Deren Zusammenspiel ist besonders hörenswert, weil der Fokus nicht wie bei Clapton auf Gesang und Gitarre liegt.  Ohne Frage Mitch Stein ist ein „Zauberer“ auf den Saiten, der allerdings auch die Tradition der Jazzgitarre in sein Spiel einfließen lässt. Derweil setzt Henry Hey starke Tastenakzente zu dem „Klangnebel“ der E-Gitarre. Man hat beim Hören den Eindruck, dass Hey immer wieder „klangliche Orientierungspfosten einschlägt“, derweil Stein sich in kleinen „Saitenfluchten“ ergeht. Insbesondere in der Solopassage von Hey wird deutlich, dass es nicht um ein Covern oder um Tribute geht, sondern um eine eigenständige Gestaltung des Rocksongs, dessen Thema paraphrasiert wird. Während Hey spielt, ist Clapton ganz weit weg. Man denkt eher an das virtuose Klavierspiel von Elton John oder Alicia Keys, oder? Bisweilen hat man auch den Eindruck, Oscar Peterson wäre der Schöpfer der Klavierpassagen.

King Crimson darf auf einem „Remake“ von Rockmusik aus den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts nicht fehlen. So findet sich dann auch „Matte Kudasai“ auf dem vorgelegten Album von Karl Latham. Ein wahrer Ohrenschmaus sind dabei die Gitarrensequenzen, die stellenweise im Off vergehen. Die musikalischen Gemälde, die der Gitarrist schafft, gleichen farbigen Aquarellen.  Für Furore in der Geschichte des Rocks sorgten auch The Steppenwolf mit „Magic Carpet Ride“. Temporeich ist das Stück. Die Gitarre und der Bass wummern; die Hammondorgel wabert und flirrt. Rhythmuslinien, hart und akzentuiert, sind nicht zu überhören. Gitarrenläufe gleichen sich aufbäumenden Wellen. Sehr fein ausgeformt ist das Zwiegespräch zwischen E-Bass und Hammondorgel, das wir im Verlauf des Stücks hören. Den krönenden Abschluss des sehr hörenswerten Albums bilden zwei Songs von Crosby, Stills & Nash. Fazit: Rock der 1970er Jahre ist nicht tot, Jazz der vergangenen Jahrzehnte aber auch nicht, in all seinen Subgenres.

© fdp 2025




Musicians

Karl Latham
Mark Egan - Bass
Mitch Stein - Guitar
Henry Hey - Keyboards, Hammond B3
Roger Squitero - Percussion

Special Guest: Wolfgang Lackerschmid - Vibraphone

TRACK LISTING
1. Break On Through (To the Other Side) 9:19
By John Paul Densmore, Robert A. Krieger, Raymond D. Manzarek, and Jim Morrison/ The Doors
2. Rock and Roll Woman 4:31
By Stephen Stills
3. What Is And What Should Never Be 7:57
By Jimmy Page and Robert Plant/Led Zeppelin
4. Layla 8:56
By Erick Patrick Clapton and James Beck Gordon
5. Matte Kudasai 7:53
By Adrian Belew, William Bruford, Robert Fripp, and Anthony Levin/King Crimson
6. Magic Carpet Ride 6:21
By Rushton Moreve and John Kay/Steppenwolf
7. Carry On, Part I 6:47
By Stephen Stills / Crosby, Stills & Nash
8. Carry On, Part II 4:58
By Stephen Stills / Crosby, Stills & Nash
Total CD Time 57:04


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