Karl Jannuska - On The Brighter Side
K
shedmusic
Im Kontext der Herausgabe des Albums „On the Brighter Side“ lesen wir von einem magischen fliegenden Teppich, der über die kanadische Prärie hinweggleitet, eine sehr lyrisch-poetische und auch ein bisschen pathetisch klingende Beschreibung des Albums. Mit diesem präsentiert der Drummer, Lyriker und Komponist Karl Jannuska, ursprünglich aus Manitoba stammend und nun in Paris beheimatet, sein sechstes Album.
Jazzpuristen mögen sich abwenden, wenn sie hören, dass Karl Jannuska nicht nur im Jazz verwurzelt ist, sondern auch offen ist für die Musik von Radiohead, Deerhoof, Caetano Veloso und Björk. Wollte man diese Musik einordnen, so käme man vielleicht auf den Begriff “Indie Jazz”, wohl eher „Indie Pop mit klanglichen Jazzgewürzen“.
Auf der aktuellen CD ist auch die Sängerin Cynthia Abraham mit ihrer hohen, oftmals gehauchten Sopranstimme ein wesentlicher Bestandteil des musikalischen Mix. Zudem hört man auf dem Album eine gekonnte Verknüpfung von akustischen und digitalen Klängen.
Ein Teil der Presse urteilt wie folgt über das aktuelle Album: „Ni pop ni jazz. Poésie lumineuse. On aime beaucoup!", zitiert aus Froggy's Delight. Und an anderem Ort: "On tombe très vite sous le charme de ces «bulles poétiques» aux rythmes changeants et entêtants.. Une affirmation d’un quadragénaire en pleine santé créative.", zitiert aus Musique Buissonnières. Doch machen wir uns selbst ein Bild – et voilá!
Aufgemacht wird das Album mit „I'll Find You“ und „On The Brighter Side“, gefolgt von „Blue, White and Red Flags“ sowie „Orchid Child“. Zu hören sind des weiteren „Stil de Grain“, „Truth Be Told“, „Everyone's Superman“ und zum Schluss „What Lies Within“. An den Einspielungen waren u. a. nachstehend genannte Musiker beteiligt, so der Tenorsaxofonist Seamus Blake, der Gitarrist Federico Casagrande, der Hornist, Keyboarder und E-Bassist Baptiste Germser, der Cellist Guillaume Latil oder auch der Organist Tony Paeleman.
Schon der Beginn des Albums entführt uns eher in die Welten aktueller Popmusik bzw, in die Welt von Singer/Songwriter, wenn Cynthia Abraham „I‘ll find you“ anstimmt. Zur Lyrik, die von einem nervös wirkenden Drumming begleitet wird, gesellt sich beinahe wie aus dem Off der satte Klang eines Holzbläsers dazu. Er gleicht in seinem Singsang bildlich sich auflösenden Nebelschwaden.
„On the Brighter Side“ wird zunächst von den schwebenden diskanten Klängen eines Keyboards bestimmt, ehe Cynthia Abraham weichgezeichnete Lyrik beifügt. In diese Weichzeichnung stimmt auch das hintergründig gesetzte Saxofon ein. In Redundanzen verliert sich das Keyboard, ohne allerdings in Technoklangbilder abzugleiten. Eine gewisse Melancholie bzw. Melodramatik scheint dem Song beigefügt, auch wenn der Song von der „Sonnenseite des Lebens“ kündet.
Auch bei „Blue, White And Red Flags“ liegt der Fokus auf dem stimmlichen Vortrag von Cynthia Abraham, und man wartet nicht nur auf die weitere Entfaltung des gestrichenen und gezupften Basses, sondern auch auf ein instrumentales Zipp und Zapp, auf eine gewisse Zügellosigkeit. Statt dessen vernimmt man eine schwermütige Streicherpassage, in deren Begleitung sich ein tiefgründiges Waldhorn befindet – sehr stark in klassischer Musik verwurzelt. Beim stimmlichen Vortrag von Abraham muss man an romantisches Liedgut ebenso denken wie an englische Volkslieder. Durch die aufbrausenden Gitarrensequenzen wandelt sich der Charakter des Songs hin zu Jazz Rock. Unter der jaulenden Gitarre liegt dabei, kaum wahrnehmbar, ein Orgelklangbett. Doch dominierend ist schon die Klangwelle der Gitarre.
Mit rockigen Grooves lässt „Hide Your Magic“ aufhören. Dabei ist ein auch sonores Gitarrengeflecht Teil des Vortrags. Dieses melodiöse Gewerk erhebt sich über eine redundante basslastige Linie, dank an Julien Herné am E-Bass. Ist da nicht auch ein Fender Rhodes mit ihm Spiel?
Ob man wirklich von „Indie Jazz“ reden kann, um die Musik Jannuskas zu charakterisieren, scheint mir ein wenig gewagt. Eher ist wohl von Indie Pop mit Jazzelementen zu reden. Zu stark sind die einzelnen Kompositionen strukturiert, um von Jazz reden zu können. Offenheit scheint mir nicht wirklich in den Songs gegeben, wahrscheinlich auch nicht intendiert. Räume sind weitgehend vorgegeben und sehr stark vom Vokalen her definiert worden, auch wenn die Instrumentierung sehr weit gefächert ist und mit dem Waldhorn auch ein eher aus der Klassik bekanntes Instrument integraler Bestandteil einiger Stücke wie „Fade Away“ ist.
Die für Jazz so typischen Scat Vocals findet man in keinem der Songs. Auch die stimmlichen Klangfarben sind in jedem Song weitgehend identisch. Balladenhaftes scheint auf Lyrisches zu treffen. Leider wurde kein Booklet mit den Texten der einzelnen Songs veröffentlicht, obgleich ja die Texte eine wesentliche Bedeutung haben. Vermutlich ist der Verzicht darauf den begrenzten Finanzressourcen geschuldet.
Text © ferdinand dupuis-panther – Der Text ist nicht public commons.
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