Julian & Roman Wasserfuhr – Mosaic
J
ACT
„Der Albumtitel entspricht unserer musikalischen Verarbeitung der letzten zwei Jahre. So unterschiedlich die einzelnen Stücke und die damit verbundenen Emotionen sind, so verschieden ist auch die Auswahl der Musiker und Freunde, die diese Musik eingespielt haben. Und trotzdem ergibt es für uns ein zusammenhängendes Bild. Eines, welches aus den Erlebnissen, Gesprächen und Begegnungen mit Menschen in dieser Zeit entstanden ist“. So liest man es in den Liner Notes. Und an anderer Stelle findet man beinahe bilanzierend, den nachfolgenden Satz: „Nach siebzehn Jahren der Zusammenarbeit mit ACT und sechs veröffentlichten Alben sind wir besonders stolz, dieses Mosaik zusammengesetzt zu haben und freuen uns nun, es der Welt präsentieren zu können.“
Insgesamt wurden elf Stücke für das Album aufgenommen, in unterschiedlichen Besetzungen, denn das Brüderpaar Julian und Roman Wasserfuhr, der eine an der Trompete, der andere am Piano, haben sich musikalische Verstärkung organisiert, so die beiden Tenorsaxofonisten Tony Lakatos und Paul Heller oder auch den Cellisten Jörg Brinkmann. Mal formten die Wasserfuhrs mit den Gästen ein Quintett, mal ein Quartett und mal auch nur ein Trio.
Gleich zu Beginn dringt ans Ohr des Zuhörer eine weichgezeichnete Trompete, die Julian Wasserfuhr anstimmt. Nachfolgend ist dann Tony Lakatos am Tenorsaxofon zu vernehmen. Sein Spiel ist unaufgeregt und eher in Pastellfärbungen getaucht. Es ist halt das Wechselspiel zwischen einem Holz- und einem Blechbläser, das im Fokus steht. Gekräuselte Linien – so ein Bild – sind es, die das erste Stück der aktuellen Einspielung ausmachen. Im nachfolgenden Stück „Dakira“ fehlt der Holzbläser. Zu hören ist ein Quartett. Federführend agieren der Trompeter Julian Wasserfuhr und Roman Wasserfuhr an den schwarzen und weißen Tasten. Letzterer lässt bei seinem Spiel an ein mäanderndes Flüsschen denken, das sich durch Wiesen seinen Weg bahnt. Und auch beim Spiel des Trompeters haben wir eine liebliche, wellige Landschaft im Frühling vor Augen, sehen wir Schäfchenwolken vorbeiziehen.
Nachfolgend hören wir bei „Forward“ eine Quintettbesetzung mit einem Gitarristen. Es ist Vitaliy Zolotov, der neben Tim Lefebvre (Bass), an einem Saiteninstrument das Stück abrundet. Doch wie in den Stücken zuvor steht Julian Wasserfuhr im Fokus, der uns mit seinem lebendigen, gleichsam rollenden Spiel einfängt. Der Gitarrist erweitert unseren Höreindruck, wenn er mit schnellen Fingern die Saiten überfliegt und dehnt, sodass man in die Welt von Rhythm’n Blues eintauchen kann. Wie alle Stücke zuvor lebt auch dieses von der Schönheit der Melodie. Das Melodiöse steht im Vordergrund, ohne dass der Eindruck von Popmusik entsteht. Und auch der Blues blitzt auf, auch beim Spiel von Roman Wasserfuhr. Dieser ist auf dem Album nicht nur am Piano, sondern an den Drums und dem Bass zu hören, wie sich bei „Hank“ zeigt. Dieses Stück, im Trio mit Martin Scales (guitar) und Julian Wasserfuhr eingespielt, atmet Soul im wahrsten Sinne gewürzt mit „Funk-Zimt“.
Erstmals auf dem Album hören wir bei „Hymnus Varus“ einen Cellisten. Es ist Jörg Brinkmann, der Teil des Sextetts ist. Bei diesem Stück bringt sich Roman Wasserfuhr auch als Vokalist ein. Und was hören wir eigentlich? Ein Hohelied auf Varus, den römischen Feldherren? Eher getragen beginnt das Stück. Dabei lauschen wir auch den gestrichenen Cellopassagen. Doch im Weiteren entwickelt sich das Stück durchaus in Richtung „Liedermacher/Folklore“, oder? Jedenfalls musste der Rezensent hier und da an irische Folklore denken und an Reels, auch wenn dieser Eindruck durch die folgenden Piano-Sequenzen nicht bestätigt wird. Sobald Julian Wasserfuhr seine Trompete an die Lippen setzt, meint man gar es erklinge ein Kinderlied und kein Loblied auf einen antiken Heerführer. Anmutungen eines romantischen Liedes hat im Übrigen „Ladybirds“.
So wie ein Mosaik aus vielen Bruchsteinchen zusammengesetzt ist, so auch das vorliegende Album, das mit „Never Hold Back“ auch eine Exkursion in Sachen Rap bietet. Und dann erleben wir im nächsten Moment eine vom Trompeter Julian Wasserfuhr konzipierte Klanggouache, wenn „Smells Like Teen Spirit“ zu hören ist. Alles auf Anfang heißt es auf dem Album auch: „Reset“ wurde im Trio eingespielt. Zu hören sind Julian und Roman Wasserfuhr sowie der Cellist Jörg Brinkmann. Ein einsamer Basston gesetzt und von dem gestrichenen Cello überlagert. Danach bestimmen der Trompeter und der Cellist mit gestrichenem Cello den Klangraum. Gelegentlich atmet das Kammermusikalisches. Vervollständigt wird das „Mosaik“ mit „Target II“. Dabei ist in dieser Quintettformation auch der Kölner, von der WDR Big Band bekannte Tenorsaxofonist Paul Heller mit von der Partie. Nicht nur der wechselhafte Charakter der eingespielten Stücke, sondern auch die wechselnden Besetzungen stehen im Einklang mit dem Albumtitel „Mosaik“.
© ferdinand dupuis-panther
Infos
http://www.actmusic.com
https://www.wasserfuhr-jazz.com
Line-up
Julian Wasserfuhr trumpet
Roman Wasserfuhr piano & keys
with
Tim Lefebvre bass
Keith Carlock drums
Harry Mack vocals
Markus Schieferdecker bass
Oliver Rehmann drums
Tony Lakatos tenor sax
Paul Heller tenor sax
Martin Scales guitar
Vitaliy Zolotov guitar
Jörg Brinkmann cello
Axel Lindner violin & viola
Sebastiaan Cornelissen drums
Tracklist
01 Aki Puh 03:58
02 Dakira 03:30
03 Forward 04:51
04 Hank 05:02
05 Hymnus Varus 06:48
06 Ladybirds 02:40
07 Never Hold Back 03:26
08 Sm ells Like Teen Spirit 06:03
09 Rêveries 04:21
10 Reset 03:23
11 Target II 06:05