Johannes Bigge Trio – Pegasus

Johannes Bigge Trio – Pegasus

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nwog records NWOG 015

Schon wieder ein Jazz-Trio wird der eine oder andere denken, der auf Johannes Bigges Trio stößt. Ja, das ist nun einmal die klassische und sehr beliebte Jazzformation. Wer als junger Pianist aus der unübersichtlichen Konkurrenz der Jazz-Klaviertrios herausragen möchte, muss sich eine Nische wählen, braucht interessante Stücke mit distinkten Klangfarben, markante musikalische Partner und ein Gefühl für spannende Improvisationen, sprich er muss den Zuhörer überzeugen können.

Johannes Bigge ist ein Meisterschüler von Michael Wollny an der Leipziger Hochschule, der sich, so entnimmt man es dem sogenannten Waschzettel, in seinen individuellen Kompositionen mal lyrischem, mal energiegeladenem Spiel hingibt. Seit zwei Jahren gehört der viel gefragte Schlagzeuger Moritz Baumgärtner zum Trio; seine sensible bis aufstachelnde Rhythmusarbeit beflügelt die Dynamik der Band. Schon bei der Gründung des Trios vor fünf Jahren war die aus Griechenland stammende Bassistin Athina Kontou dabei. Ihr warmer, schwingender Ton trägt die Kompositionen und gibt im Hintergrund Impulse, so konnte man lesen.


„Ich möchte in meinen Kompositionen musikalische Landschaften modellieren und Atmosphären kreieren, die bei den Zuhörern, aber natürlich auch bei uns, Bilder und Stimmungen entstehen lassen“, sagt Johannes Bigge. „Mir ist wichtig, dass die Musik emotional anspricht und auch Menschen erreicht, die keine Jazz-geschulten Ohren haben. Deswegen spiele ich nicht nur mit Jazz-, sondern auch mit verschiedenen anderen Strukturen.“ Seine Kompositionen betrachtet Bigge als Klang gewordene Geschichten. „Natürlich sind es keine konkreten Stories mit Protagonisten“, führt Bigge aus, „es geht vielmehr um eine Stimmung und um einen musikalischen Erzähl-Fluss, bei dem ein Teil der Komposition in den nächsten übergeht, die Dynamik des Stückes über verschiedene Abwandlungen letztlich wieder zum Anfang führt oder ganz woanders landet.“

Blättert man in der Biografie von Johannes Bigge, so bekommt man Kenntnis davon, dass er 1989 in West-Berlin geboren wurde und in jungen Jahren in einer Schüler-Rockband aktiv war. Er begeisterte sich für Songs der Beatles, später kamen Genesis (mit und ohne Peter Gabriel) und Radiohead dazu. Dem Ausflug in die Rockmusik folgte die Entdeckung von Jazz-Persönlichkeiten wie Keith Jarrett, Brad Mehldau und Richie Beirach. Ob man das auch in seinen Kompositionen heraushören kann?

Betrachtet man das Cover des Albums, kommt die Frage auf, warum ein Fächer auf dem Cover abgebildet ist, wenn sich der Albumtitel auf Pegasus bezieht, das aus der griechischen Mythologie bekannte geflügelte weiße Ross..

Seine „klassische Schule“ verrät der Pianist wohl gleich mit dem ersten Stück, das „Choral“ heißt. Weiter geht es mit „Das Neue“ und schließlich mit „Pegasus“ sowie „Nachts Pilger“ und „Morse“. Das Album schließt mit „Herbstberg“.


Getragen und schwer kommt der Choral daher, eingeleitet durch ein Pianosolo. Mit präzis gesetzten Tieftönen erweitert sich die Klangfarbe und auch das zurückgenommene Schlagzeugspiel, wahrscheinlich mit Besen, fügt sich harmonisch ein. Ohne Frage gehört aber dem Piano die Dominanz der Klangformen, durchaus mit energetischem Duktus durchsetzt, vor allem zum Ende des Chorals hin. Dabei scheint der Begriff Choral für Bigge wenig mit liturgischem oder mehrstimmigem Gesang verbunden zu sein. In den Linienführungen von Bass und Piano ist eine solche Mehrstimmigkeit, wenn überhaupt, nur schwerlich zu erahnen.

Auf und Ab, Hoch und Nieder – das scheinen uns die melodischen Linien zu suggerieren, die Johannes Bigge für „Pegasus“ ausgewählt hat. Man könnte auch von Flügelschlägen reden, die da akustisch umgesetzt werden. Zwischenschläge werden, um beim Bild zu bleiben, von der Bassistin dazugesetzt. Irgendwann scheint das weiße Ross seine Flughöhe erreicht zu haben, und man sieht es dann am Himmel schweben. Eigentlich ist das ja eher ein Bild von Nils Holgersson, oder?

Klick, klick und zarte Schläge auf den Rand des Blechs und in dessen Mitte sind ein kurzes Intermezzo. Dazu erlebt man ein eher rhythmisch eingestelltes Klavier und Bassakzente, die in Intervallen zu hören sind. Zugleich taucht dann wieder das Thema auf, gleichsam den Flug des Pegasus nachvollziehend. Geprägt scheint das Stück von einer lyrischen Durchdringung, von einem Erzählmodus, der auch auf Singer/Songwriter-Melodien zutrifft.

„Nachts Pilgern“ gleicht im Duktus durchaus anderen Stücken, auch wenn das Schlagwerk hier mal etwas vordergründig zu hören ist. „Tastentrab“ und galoppierende Akkordfolgen begleiten den Zuhörer, der sich unter den nächtlichen Pilgern wähnen soll. Steht der Bass für die schweren Schritte der Pilger, die ermüdet durch die Nacht ziehen?

Zum Schluss noch ein Wort zu „Herbstberg“: Eine gewisse Düsternis strahlen die Harmonien aus, für die Johannes Bigge verantwortlich zeichnet. Es scheint, als läge Mehltau über dem Land, als laste Nebel auf Wiesen und Äckern, als zögen Nebelschwaden über das Kopfsteinpflaster der Straßen. So klingt dann das Album auch mit wenig farbenfrohen Klangbildern aus, und so bleibt eine gedrückte Stimmung im Kopf des Zuhörers zurück.

Text © ferdinand dupuis-panther

Informationen

Label
nwog records
http://www.nwog-records.com/

Musiker
Johannes Bigge
https://www.facebook.com/johannesbiggetrio/
http://johannesbiggetrio.com/







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