Jörg Seidel - Happy Birthday, Mr. Cole
J
Swingland Records
„Eine markante Gesangsstimme, eine extrem groovende Rhythmusgitarre, ein swingendes Piano und einen federnden Bass - mehr braucht es nicht, um ein energisch swingendes Ensemble zu bilden. Das JÖRG SEIDEL SWING TRIO gehört zu den besten und erfolgreichsten Ensembles des Swings und besticht nicht nur durch sein schönes und mit selten gespielten Titeln versehenes Programm. So liest man es auf der Homepage des Gitarristen Jörg Seidel. Gemeinsam mit Rudi Engel (Bass) und Bernhard Pichl (Piano) stimmt er ein Geburtstagsständchen für Nat King Cole an. Über diesen afro-amerikanischen Sänger schrieb Die Zeit unter der Überschrift „Amerikas schwarzer Sinatra“: „... Nach und nach profilierte sich Cole auch als Sänger, landete 1943 mit Straighten Up And Fly Right seinen ersten Hit, inspiriert von einer Predigt seines Vaters. 1946 kamen für The Christmas Song Streicher hinzu, und Cole wurde zum Crooner meist sentimentaler Songs. In Clubs spielte er als Pianist weiter Bebop in seinem kompakten, synkopenreichen Stil.“
Dabei fallen als Stichworte sentimentale Songs und Bebop. So kann man gespannt sein, in welcher Art und Weise sich Jörg Seidel Cole nähert. Zu hören sind unter anderem „I feel so smoochie“, „On the sunny side of the street“, „You should have told me“, „Nature Boy“ und A Girl's Life“ (comp Jörg Seidel !). Letzterer Song ist die einzige Eigenkomposition neben Standards, die eingespielt wurden. Mit „I'm in the mood for love“ und „Mona Lisa“ endet das aktuelle Album.
Und warum sind Hits wie „Sweet Lorraine", "That Ain’t Right" und "All For You" nicht zu hören? Auch „Unforgettable“ sucht man vergeblich. Nun gut, eine Auswahl muss getroffen werden, und Jörg Seidel hat sich gegen diese Songs entschieden.
Jörg Seidel ist stimmlich nicht Nat King Cole und an diesen Unterschied muss man sich vom ersten Ton an gewöhnen. Eigentlich hätte der Gitarrist seine Hommage an Mr. Cole auch in reinen Instrumentalnummern präsentieren können, zumal er ein sehr versierter Jazzgitarrist ist. Er steht durchaus in der Tradition von Joe Pass, Barney Kessel oder Jim Hall, oder? Sein Spiel dominiert nicht, sondern ordnet sich bereits bei „I feel so smoochie“ dem Wechselspiel mit seinen Mitmusikern ein. Dabei swingt der Song von Anbeginn.
Auch bei „On the sunny side of the street“ muss man auf das weiche, tiefe Timbre von Nat King Cole verzichten. Im Vergleich dazu ist die Gesangsstimme von Seidel eher als aufgeraut zu charakterisieren. Das dem Gesang folgende Pianosolo von Reinhard Pichl gleitet wie ein gemächlich fließender Bach dahin. Nachfolgend greift Jörg Seidel in die Saiten und scheint dabei, das Rauschen von Frühlingslaub einzufangen, ehe der weitere Gesangspart folgt. „You should have told me“ kommt dem weich gezeichneten Gesang Nat King Coles sehr nahe, löst man sich bezogen auf Cole vom o.g. Vergleich mit Frank Sinatra. Im Hintergrund agieren mit lyrischer Sensibilität der Bassist und Pianist. Das folgende Gitarrensolo ist nicht wild oder ausgelassen, sondern passt sich dem eher balladenhaften Song an. Auch bei „Nature Boy“ steht die Lyrik im Zentrum und bisweilen wünschte man sich eher ausgeweitete Soli der Instrumentalisten oder gar reine Instrumentalversionen, in denen das Swing-Trio um Seidel sich mit allen Stärken präsentiert; zumal das Können für Momente aufblitzt, aber sich dann dem Arrangement rund um den Gesang unterordnet.
„A Girl's Life“, die einzige Komposition Seidels auf dem Album, erfüllt die Erwartung an ausschweifende Soli auch nicht. Die Dominanz des Gesangs ist auch in diesem Song festzustellen. „Mona Lisa“ weckt Erinnerung an die 1950er Jahre und die Tatsache, dass derartige Songs Pophits der damaligen Zeit waren: Der Song, geschrieben von Ray Evans und Jay Livingston für den Paramount Pictures Film „Captain Carey, U.S.A.“ (1950), wurde mit dem Academy Award for Best Original Song für 1950 ausgezeichnet und war acht Wochen lang die Nummer 1 in den Billboard Single Charts! Seidel und Co verpassten dem Song ein flottes Gewand und entkleiden ihn von allzu viel Süßlichkeit. Zudem zeigt sich Seidel auch als Meister des Scat Vocals. Und insoweit weicht er von dem Original dankenswerterweise ab. Perlend, kaskadierend erweist sich das Klavierspiel im Nachgang des Gesangs. Schade, dass Seidel auf ein Gitarrensolo verzichtet.
Text: © ferdinand dupuis-panther
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